Hundesalon, Innenstadt
Durch ein Fenster im Inneren des Salons kann man der Groomerin, zu Deutsch Hundefriseurin, bei der Arbeit zusehen.
PINTU

Seit einigen Tagen werden in der Wiener Innenstadt auffällig viele Nasen an einem ganz besonderen Schaufenster plattgedrückt. Manche wohl auch gerümpft. Einen Steinwurf vom Stephansdom entfernt hat "Pintu – For Dogs & Their People" aufgesperrt, eine fesch und äußerst reduziert designte Boutique für Wauwaus sowie deren Fraulis und Herrlis. Das Geschäft, das vis-à-vis der Wein-&-Co-Filiale in der Jasomirgottstraße liegt, kann sich sehen lassen. Die Besitzerin Sophia Schiebel hat in London Design studiert, was sich ganz offensichtlich rentiert hat. Nicht nur, was die Inneneinrichtung aus Materialien wie Eichenholz oder Balith-Stein betrifft, sondern auch, was die von ihr entworfenen Objekte angeht. Feilgeboten werden unter anderem Halsbänder, Leinen, Betten, Taschen, Spielzeug und allerlei Accessoires.

Das günstigste Objekt ist ein Schlüsselanhänger um 18 Euro, für das große Hundebett legt man 560 Euro auf die steinerne Ladenbudel. Zum Einsatz kommen zum Beispiel vegetabel gegerbtes Leder oder handgewebte Stoffe. Aus den bei der Produktion anfallenden Resten entsteht allerlei Kleinzeug, zum Beispiel Bälle aus Schafswolle. Allessamt stammt aus der Feder Sophia Schiebels. Gefallen müsse es hier, so die junge Unternehmerin, in erster Linie den Hunden, denn "sie sind unsere Kundschaft", sagt Schiebel, die vier Mitarbeiterinnen beschäftigt.

Hundesalon, Innenstadt
Einblick in das Geschäft, das ruhig und reduziert herüberkommt. Einst war hier unter anderem ein Nobelimbiss untergebracht.
PINTU

Schiebel selbst kam – obwohl schon von Kindesbeinen an tierliebend – auf den Hund, nachdem sie für sechs Wochen den Wauwau ihrer Schwester in Obhut genommen hatte. So wurde Pintu, ein argentinischer Straßenhund, auch Namensgeber des Ladens. Nachdem Pintu wieder bei der Schwester war, kam Zwergdackel Luigi zu Sophia Schiebel. Ob der Dackel in Sachen Firmennamen eifersüchtig ist, ließ sich beim Besuch nicht herausfinden. Auf jeden Fall war Luigi die Initialzündung für die Designerin, selbst allerlei Objekte rund um den Hund zu entwerfen. "Luigi litt immer wieder an Ausschlägen, und so machte ich mich auf die Suche nach alternativen Materialien und habe ferner viel in Sachen Bedürfnissen von Vierbeinern recherchiert."

Beverly Hills trifft Wien

In dem 120 Quadratmeter großen Geschäft, in dem einst der Nobelimbiss des Spitzenkochs Alexander Mayer untergebracht war, geht's neben dem Shoppen an sich auch anderweitig zur Sache. Durch ein großes Fenster gleich einem Aquarium kann man im hinteren Teil des Geschäftes, das auch in Beverly Hills bella figura machen würde, einer zertifizierten Hundemasseurin bei der Arbeit über die Schulter schauen. Sie trimmt Vierbeinern aller Größen und Rassen das Fell, schneidet ihnen die Nägel, schäumt sie ein, föhnt sie trocken oder entfernt Zahnstein. Im Umgang mit den Hunden zeige sich die Groomerin "feenhaft", erzählt Schiebel. Die meisten ihrer Kunden auf vier Pfoten würden sich superchillig zeigen und mitunter während der Behandlung sogar einschlummern. All das hat freilich seinen Preis. Fürs Pfotenservice werden 24 Euro veranschlagt, ein Full Service für ein Kaliber wie etwa einen ausgewachsenen Königspudel kostet 262 Euro. Ein solches nimmt allerdings auch vier Stunden in Anspruch.

Hundesalon, Innenstadt, Dogs
Hundeleinen, Betten, Taschen, Ketten, Spielzeug und einiges mehr gibt's bei Pintu, wo Design und Materialien mit Bedacht gewählt werden.
PINTU

Freilich hat die Welt größere Probleme als den Zahnstein eines Chihuahuas oder eine filzige Dreadlocke eines persischen Windhundes, allein deshalb werden sich Schiebel und ihre Crew wohl das eine oder andere unsanfte Wort in Sachen Dekadenz anhören müssen und gut beraten sein, sich ein dickes Fell zuzulegen. "Ich wurde unter anderem schon gefragt, ob hier nur Porsche-Fahrer einkaufen dürfen. In solchen Fällen denke ich gerne an die Worte einer Kundin, die meinte, man könne nicht alle Hunde retten. Aber was spreche dagegen, wenn sie ihrem Vierbeiner ein schönes Leben gönne?"

Klar sei das Ganze etwas over the top, sagt Schiebel und erläutert weiter, dass es in Wien bereits genügend Hundefriseure gebe. Warum also nicht einen Laden aufsperren, wie man ihn sonst wohl eher nur in New York, London oder Asien finde?

Man mag zu dem schnieken Dog-Spa stehen wie man will, auf jeden Fall strahlt dieses Geschäft mehr persönliches Engagement und Individualität aus, als so manch anderes Geschäft rund um den Bling-Bling-Bonzen-Bazar namens Graben, Kohlmarkt und Goldenes Quartier. (Michael Hausenblas, 1.12.2023)