Es ist etwa ein Jahr her, dass ein Social-Media-Beben die Modewelt erschütterte. Für die vorweihnachtliche Kampagne des Modehauses Balenciaga hatten Kinder mit Kuscheltiertaschen im Bondage-Geschirr posiert, deren Inszenierung als pädophile Grenzüberschreitung gewertet wurde. Ein anderes Motiv aus der Frühjahrskampagne 2023 beinhaltete die Fotokopie eines Auszugs aus einem Gerichtsurteil über Kinderpornografie. Nach heftiger Kritik in den sozialen Netzwerken zog das in Paris ansässige Unternehmen beide Kampagnen zurück und entschuldigte sich.
Doch nicht nur das, das Krisenmanagement der zum Kering-Konzern gehörenden Marke sah vor, statt provokanter, lauter Inszenierungen nun wieder die Kleider in den Vordergrund zu stellen. Man besinne sich sich auf die Visionen Cristobal Balenciagas, erklärte der zerknirschte Kreativchef Demna Gvasalia. Immerhin stand seine Karriere auf der Kippe.
Großes Spektakel
Im Dezember 2023 scheint all das vergessen. Balenciaga setzt wieder auf Spektakel – und alle sind wieder mit dabei. Eine solche Show will sich kaum jemand entgehen lassen – das europäische Modehaus schlägt schließlich zum ersten Mal in Los Angeles auf. Und zeigt am Sonntag in den Straßen Hollywoods eine Kollektion, die wie gemacht ist für Gäste wie Kim Kardashian oder Nicole Kidman.
Denn die Pre-Fall-Kollektion nimmt die Hollywoodkultur auf den Arm: Die Models wippen in übergroßen Sneakern und in Yogahosen über den Asphalt, halten Coffee-to-go-Becher oder Taschen der angesagten kalifornischen Supermarktkette Erewhon in den Händen. Andere sehen in ihren Trainingsanzügen aus, als kämen sie gerade aus dem Fitnessstudio. Zum Ende hin läuft Popstar Cardi B in einem blauen Pelzmantel, das glamouröse Hollywood darf bei Balenciaga nicht fehlen.
Ein Jahr nach dem Skandal um umstrittene Kampagnenmotive setzt das in Paris ansässige Modehaus auf altbekannte Strategien – anders lässt sich am Erfolg des Unternehmens wohl nicht festhalten. Der französische Konzern Kering hat im Jahr 2022 mit Marken wie Gucci oder Balenciaga etwa 21,39 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Der Luxusgütermarkt ist im Vorjahr um ein Fünftel gewachsen. (feld, 4.12.2023)