Freiheit. Gleichheit. Brüderlichkeit. Das Recht auf Leben, Arbeit, Bildung, Heirat, Freizeit. Gleichheit vor dem Gesetz. Meinungs-, Informations-, Versammlungsfreiheit. Das Verbot von Folter. Vieles, was vor 75 Jahren am 10. Dezember 1948 verkündet wurde, gilt mittlerweile in weiten Teilen des Erdballs als Selbstverständlichkeit. Das ist die große Leistung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Doch der Erfolg dieser Resolution ist einer, den es permanent zu verteidigen gilt.

Aktuell werden die Menschenrechte mehr denn je mit Füßen getreten, hier und da regelrecht in Grund und Boden gebombt. Im Nahen Osten hat die Hamas grauenhafte Massaker verübt, die Israel mit einer Bodenoffensive in Gaza beantwortet, der auch viele Zivilisten zum Opfer fallen. In der Ukraine werden von Russland nicht einmal die simpelsten Regeln des Kriegs eingehalten. Mit dem Geist der Brüderlichkeit und der Würde jedes Menschen, die in den Menschenrechten hochgehalten werden, ist das nicht einmal ansatzweise vereinbar.

Polen Migranten
Asylsuchende Migranten an einem Grenzzaun zwischen Polen und Weißrussland im Frühjahr diesen Jahres.
AP / Agnieszka Sadowska

Beunruhigende Entwicklungen

Doch auch abseits dieser Kriege gibt es beunruhigende Entwicklungen. Eine Auswahl: die Behandlung der Uiguren in China, die der Rohingya in Myanmar, das wiederetablierte Taliban-Regime in Afghanistan, diverse Putsche in Afrika, antidemokratische Tendenzen in EU-Ländern wie Ungarn oder Polen oder in den USA, wo Frauenrechte beim Zugang zum Schwangerschaftsabbruch verletzt werden.

Außerdem wirkt noch die Corona-Pandemie nach, während der es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und menschenrechtlich zumindest fragwürdigen Entscheidungen gekommen ist, und das nicht nur in diesbezüglich "bösen" Staaten wie China.

Verschärfungen und Verletzungen

Hinzu kommt das Thema Flucht und Migration, bei dem mehr denn je Verschärfungen und damit Verletzungen der Menschenrechte gefordert und umgesetzt werden. Der Klimawandel wird die Flucht- und Migrationsbewegungen von Süd nach Nord verstärken und auch sonst die Einhaltung der Menschenrechte noch schwieriger gestalten.

In diesem Kontext ist die Uno zu nennen, zu deren Kernaufgaben der Schutz der Menschenrechte gehört. Dieser kommt sie auch nach, an fast allen Ecken der Welt mit ihren zahlreichen Haupt- und Nebenorganen. Doch bei den großen Konflikten – Nahost, Ukraine – können die Vereinten Nationen kaum eine vermittelnde Rolle einnehmen. Der UN-Sicherheitsrat ist durch das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder praktisch handlungsunfähig. Eine Reform wird zwar schon länger erwogen, lässt sich aber nicht durchsetzen.

Trump und ein Rechtsruck

So trist das alles klingt – es könnte noch schlimmer kommen. 2024 droht ein zweiter Wahlsieg Donald Trumps, ein Rechtsruck bei den Europawahlen, und auf Menschenrechte pfeifende Länder wie China, Saudi-Arabien oder Katar könnten ihren internationalen Einfluss vergrößern, unter anderem durch Soft Power in Form von weiteren Sportgroßveranstaltungen in ihrem Land.

Werden die Menschenrechte bald nur noch ein bedeutungsloses Stück Papier sein? Davon ist trotz allem nicht auszugehen. Solange Menschenrechtsverletzungen angeprangert werden, gegen sie protestiert wird, solange es genügend Menschen gibt, die ihre Rechte mit Inbrunst einfordern, werden die Menschenrechte einen Wert haben. Aber der Kampf um sie, der wird wohl noch härter werden. (Kim Son Hoang, 10.12.2023)