Die EU setze sich mit einer Mehrheit dafür ein, dass "ein bedeutsames und produktives Ergebnis" hinsichtlich einer Abkehr von klimaschädlichen fossilen Energien zustande komme, hieß es vom EU-Ratsvorsitz.
AP/Martin Meissner

Dubai – Bei der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) sorgt der Aufruf der Organisation Erdöl-exportierender Länder (OPEC), jegliche Beschlüsse gegen fossile Energien zu blockieren, für Wirbel. Es sei "widerwärtig", dass sich die Opec-Länder ehrgeizigen Beschlüssen bei den Klimaverhandlungen entgegenstellten, sagte die Umweltministerin des derzeitigen EU-Ratsvorsitz-Landes Spanien, Teresa Ribera, am Samstag in Dubai.

Die EU setze sich mit einer "großen Mehrheit" der fast 200 in Dubai vertretenen Länder dafür ein, dass "ein bedeutsames und produktives Ergebnis" hinsichtlich einer Abkehr von klimaschädlichen fossilen Energien zustande komme, betonte Ribera. Auch Umweltorganisationen äußerten sich empört über die Intervention der Opec.

In einem Brief, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, hatte Opec-Generalsekretär Haitham al-Ghais am Mittwoch an die 13 Mitgliedstaaten seiner Organisation sowie weitere zehn mit ihr verbündete Länder geschrieben, es bestehe "äußerste Dringlichkeit", sich in Dubai Beschlüssen zur Abkehr von fossilen Energien zu widersetzen. Bereits 1990 entschieden die Mitglieder der Opec, sich verstärkt an der Klimakonferenz der Uno zu beteiligen.

Pannier-Runacher: "erstaunt" und "wütend"

"Es scheint, dass der ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Druck gegen fossile Energien einen Kipppunkt mit unumkehrbaren Konsequenzen erreichen könnte", warnte al-Ghais die Opec-Länder in seinem vergangenen Mittwoch versandten Schreiben. Sie sollten daher "proaktiv jeden Text oder jede Formulierung zurückweisen", die sich grundsätzlich gegen fossile Energien richte.

Der Sprecher des irakischen Ölministeriums, Assem Dschihad, signalisierte gegenüber der AFP die Unterstützung seines Landes für das Opec-Schreiben. Bagdad weise "Versuche zurück, fossile Brennstoffe ins Visier zu nehmen und die Rechte der Erzeugerländer und ihrer Bevölkerung zu verletzen".

Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher äußerte sich am Samstag "erstaunt" und "wütend" über das Opec-Schreiben. Fossile Energien seien für mehr als 75 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich seien, sagte die Ministerin in Dubai. "Wir müssen aussteigen, wenn wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen wollen." Das Beharren der Opec gefährde "die schwächsten Länder und die ärmsten Bevölkerungsgruppen, die die ersten Opfer dieser Situation sind".

Protest um 10.30 Uhr am Ballhausplatz

Cansin Leylim von der US-Umweltorganisation 350.org betonte, der "verzweifelte Widerstand" der Opec offenbare "ihre Angst vor einem Gezeiten-Wechsel", der in den COP28-Diskussionen deutlich geworden sei. Eine Handvoll von 350.org-Aktivisten veranstaltete am Samstag einen kurzen Sitzstreik am Opec-Pavillon bei der COP28.

Demonstriert wird am Samstag auch in Wien. Der gemeinsame Demozug von Fridays For Future (FFF) Wien und Humus beginnt um 10.30 Uhr am Ballhausplatz und soll mit eindeutiger Botschaft vor dem Haus der EU enden: Die Europäische Union hat eine gewaltige Verhandlungsmacht und muss ihrer Verantwortung sowohl bei der Weltklimakonferenz als auch daheim gerecht werden, so die Forderung der NGO. "Full Fossil Phase Out Now!" lautet die Botschaft der Aktivistinnen und Aktivisten. "Nach 28 Jahren globaler Klimaverhandlungen ist die Zeit gekommen, wo wir das Problem beim Namen nennen müssen. Raus aus Kohle, Öl und Gas. So muss es auch im Abschlusstext stehen", verdeutlichte Klimaaktivistin Paula Dorten in einer Aussendung vor dem Start der Demonstration.

Das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen sei "nicht verhandelbar" und dies bedeute "ein Ende der fossilen Brennstoffe", sagte die Klimabeauftragte der Marshallinseln, Tina Stege, deren Land derzeit den Vorsitz der sogenannten High Ambition Coalition inne hat. Zu der Allianz gehören neben im Klimaschutz ehrgeizigen Industrieländern auch zahlreiche vom Klimawandel stark betroffene Entwicklungs- und Inselstaaten zählen. "Nichts gefährdet den Wohlstand und die Zukunft aller Menschen auf der Erde, einschließlich aller Bürger der Opec-Länder, mehr als fossile Brennstoffe", warnte Stege.

Lange Verhandlungen

Der kanadische Klima-Minister Steven Guilbeault, der eine Schlüsselrolle in den Diskussionen auf der COP28 spielt, äußerte sich "ziemlich zuversichtlich", dass fossile Brennstoffe im endgültigen Text erwähnt werden. Aber: "Egal, was in dem Text steht: Wir bewegen uns auf eine Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu", sagte der Minister. Angesichts der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien werde die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ohnehin abnehmen.

Die 28. UN-Klimakonferenz soll offiziell am Dienstag enden. In der Vergangenheit gingen Klimakonferenzen jedoch meist in die Verlängerung. Am Freitag hatte die zweite Verhandlungswoche begonnen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist am Freitag im Zuge der ersten Runde der EU-Koordinierung in die politischen Verhandlungen beim UNO-Klimagipfel in Dubai eingestiegen.

In der heißen Phase der Weltklimakonferenz in Dubai werden die Nächte der Verhandlungen länger: "Unsere Tür ist offen, wir haben unsere bequemen Schuhe an und eine großartige Kaffeemaschine", sagte der EU-Klimakommissar und Chefverhandler, Wopke Hoekstra, am Samstag vor dem Plenum zu den Vertretern der anderen Staaten. "Ich bin allzeit bereit, mich mit euch zusammenzusetzen, zu jeder Zeit Tag und Nacht und überall auf dem Gelände." Alle Länder haben auf dem riesigen Expo-Gelände eigene Pavillons, die Wege zu den Verhandlungsräumen und Plenarsälen sind teilweise lang und kompliziert. (APA, 9.12.2023)