Die Zahl 50 ist, wenn es um Ehejahre geht, golden, Stichwort goldene Hochzeit. Getoppt wird sie von der diamantenen Hochzeit (60 Jahre). Wissenschaftliche Institutionen wissen runde Jahrestage mit Festschriften, Feiern und Reden zu feiern. 25 Jahre sind ein erster Grund, 50 Jahre dann ein würdiger Anlass für große Feiern mit in- und ausländische Festgästen inklusive Politprominenz. Vielfach werden auch Ehrenzeichen und Ehrenmitgliedschaften bei diesen Jubelanlässen verliehen. Doch die eigentlichen Jahrestage fielen nicht immer mit dem Datum der Feiern zusammen. Drei prominente Beispiele zeigen, dass man es mit dem exakten Zeitpunkt von Jubiläen nicht so streng nahm – die Gründe waren unterschiedlicher Natur.

Keine Heizung: Jubiläum mit sechsmonatiger Verspätung

Mit handschriftlichem Erlass, datiert mit 15. November 1849 genehmigte Kaiser Franz Joseph die Errichtung der k.k. Geologischen Reichsanstalt, der späteren Geologischen Bundesanstalt (heute: GeoSphere Austria). Damit war der Gründungs- und Geburtstag festgelegt worden. Der 50. Gründungstag wäre demnach am Mittwoch den 15. November 1899 zu feiern gewesen. In der hausinternen Sitzung der Geologen am 28. November 1899 griff Direktor Guido Stache (1833 bis 1921) das versäumte Jubiläum auf, hielt eine Ansprache und führte aus, warum die Festfeier nicht im November 1899, sondern zu Pfingsten 1900 stattfinden werde.

Palais Rasumofsky
Über den Säulenportikus gelangt man gartenseitig ins Palais Rasumofsky mit dem monumentalen Festsaal, der 1899 nicht mehr beheizt werden konnte.
GeoSphere Austria

Der Grund war einfach: es war zu kalt, man konnte 1899 den Saal des Palais Rasumofsky (Wien Landstraße), wo die Geologen ihren Sitz hatten, nicht mehr beheizen. Die Meissner'sche Heizung, die mit "bedeutenden Kostenaufwande einer andauernden mehrtägigen Heizung" noch die 25-Jahr-Feier am 5. Jänner 1875 ermöglicht hatte, war ohne Ersatz abgebaut worden. Besagte Heizung, eine auf Warmluft basierende Zentralheizung, geht auf den Erfinder Paul Traugott Meißner (1778 bis 1864) zurück, der damals auch Teile der Hofburg, des Polytechnischen Instituts (heute TU-Wien) und zahlreicher anderer Gebäude damit ausgestattet hatte.

Stache sah in der Verschiebung keinen Nachteil. Er hoffte auf das "freundliche persönliche Erscheinen einer größeren Zahl von Freunden, Gönnern und Fachgenossen des Inlandes und Auslandes".

Gedenkbuch mit Eintragungen
Anlässlich der verspäteten 50-Jahr-Feier der Geologen trug sich das Who's who der Gelehrten, darunter auch Eduard Suess, ins Gedenkbuch ein.
© GeoSphere Austria

Und so kam es auch. Am 9. Juni des Jahres 1900 erschien um elf Uhr das Who's who der in- und ausländischen Fachwelt in Wien, um die Geologen bei anwesender heimischer Politprominenz "im Kaisersaale des Anstaltsgebäudes" in der Rasumofskygasse gebührend zu feiern. Das Galadinner fand im Grand Hotel statt. Die gedruckte Version von Staches Festrede samt Bildnis des jungen Monarchen im Gründungsjahr 1849 erschien nach der Feier und wurde den "hochgeehrten Gönner, Freunden u. Correspondenten" als Andenken überreicht.

Die Feier der Meteorologen an zwei Standorten

Keine zwei Jahre nach der Gründung der k.k. Geologischen Reichsanstalt, erfolgte am 23. Juli 1851 die Institutionalisierung der Meteorologen. Das Procedere, ein Schreiben des Kaisers, war nahezu wortgleich, wie bei den Geologen. "Ich bewillige die Errichtung einer Centralanstalt für meteorologische und magnetische Beobachtungen." (heute: GeoSphere Austria).

Wer meint, dass der Juli ein idealerer Monat als der November wäre, um Festveranstaltungen zu machen, irrt. Im Sommer waren und sind die meisten Naturwissenschafter im Außendienst, "im Gelände", wie man heute noch sagt. Daher gibt es in den Sommermonaten keine Veranstaltungen und Vorträge. Also verlegte man die 50-Jahr-Feier in den Herbst.

Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Die Titelseite des "Illustrirten Wiener Extrablatts" vom 18. Juli 1874 zeigt den von Heinrich Ferstl errichteten Bau der Meteorologen in Wien Döbling.
ANNO

Die Festivitäten begannen am Samstag den 26. Oktober 1901 (damals war das kein Nationalfeiertag) auf der Hohen Warte 38 (Wien Döbling), im Gebäude der Meteorologen, einem Bau von Heinrich Ferstl, das im April 1872 bezogen worden war. Erzherzog Rainer, Kurator der Akademie der Wissenschaften, und Eduard Suess, Präsident der Akademie, führten die Gelehrtendelegation an. Das Haus war fein herausgeputzt, "das Vestibule war mit Guirlanden und Blattpflanzen reich decorirt, während den Eingang die mit einem Lorbeerkranze umgebene Kaiserbüste zierte." Der Hausherr, Direktor Josef Pernter (1848 bis 1908), begrüßte die Festgäste und führte sie nach einer kurzen Ansprache zunächst durch das Haus und dann in den weitläufigen Garten, wo mehrere Regenmesser standen. Nachdem Seine Hoheit "dem Direktor Pernter seine volle Befriedigung zum Ausdruck gebracht hatte", verließen die Festgäste das noble Döbling.

Um fünf Uhr nachmittags fand in der Akademie der Wissenschaften eine feierliche Sitzung zum Jubiläum der k.k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus statt, wie die Wiener Zeitung am 27. Oktober 1902 berichtet. Den Vorsitz führte Erzherzog Rainer, unter den Anwesenden waren neben Erzherzog Leopold Salvator auch Unterrichtsminister Wilhelm von Hartel, Finanzminister Eugen Böhm von Bawerk und zahlreiche andere Honoratorien und Gelehrte. Nachdem Rainer und Hartel gesprochen hatten, hielt Pernter die Festrede, wo er laufende (Hagelwehr durch Wetterschießen und Erforschung höherer Luftschichten durch Wetterballone) sowie zukünftige Projekte (Klimatografie Österreichs) ansprach.

Anlässlich dieses Jubiläums zeichnete der Kaiser langjährige Mitarbeiter auswärtiger Wetterwarten mit Titel (kaiserlicher Rath) und Orden (Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone) aus. Verdiente Mitarbeiter der Kronländer wurden von Minister Hartel zu Korrespondenten der Anstalt ernannt.

Festsitzung von Wissenschaftern
Die zeichnerische Darstellung der Festsitzung der Meteorologen am 30. Oktober 1901 erntete Kritik: "Diese angeblichen Porträts sind eigentlich Caricaturen."
ANNO

Tage später, am 29. Oktober, fanden sich im Illustrirten Wiener Extrablatt zeichnerische Darstellungen der Festredner in der Akademie. Doch dem Vaterland (30. Oktober 1901) gefielen sie gar nicht, die Dargestellten schien dem kritischen Redakteur nicht gut getroffen, wofür er scharfe Worte fand. "Diese angeblichen Porträts sind eigentlich Caricaturen und es ist recht Schade, daß man die berühmten Zeichner des "Extrablatt in solchen Fällen nicht wegen Ehrenbeleidigung belangen kann".

Bleibend ist eine als "Jubelband" bezeichnete Festschrift. Sie enthält neben einer historischen Einleitung über die Zentralanstalt von Pernter elf wissenschaftliche Beiträge. Vorgelegt, sprich eingereicht wurden sie zwischen 15. Februar und 11. Juli – somit vor dem eigentlichen Gründungstag – bei der Akademie der Wissenschaften, die auch die Veröffentlichung als Band 73 der "Denkschriften" übernahm.

Ein falscher 50er als versteckte Gratulation zum 80er

Es bedarf akribischer Recherche, um einen 50er als "falsch" zu identifizieren, um zu erkennen, dass damit eigentlich ein 80er gemeint ist. Doch der Reihe nach. Der deutsche Geologe Gustav Steinmann (1856 bis 1929), Direktor des Geologischen Instituts nach Bonn, schrieb 1911 über "Die Geologie an der Wiener Universität in den letzten 50 Jahren".

Zwei Wissenschafter
Der Bonner Geologe Gustav Steinmann (links) gratulierte Eduards Suess (rechts) zu seinem 80er unter dem Titel: 50 Jahre Geologie an der Universität Wien.
Archiv Theo Schafgans 1926 / Geologische Rundschau 1911

Der Untertitel, "Ein Blatt des Glückwunsches und des Gedächtnisses", legt nahe, dass es sich um ein Jubiläum handelt. Man würde meinen, es geht in der fünfseitigen Arbeit von 1911 um 50 Jahre Geologie an der Uni Wien oder um das Geologische Institut. Doch beides ist falsch: Geologie wurde in Wien erstmals im Wintersemester 1849/50 von Philipp Ritter von Holger in seiner eigenen Wohnung, unter dem Titel "Geognosie", gelesen. Im Sommersemester 1856 trug Lukas Zekeli eine "Vorschule der Geologie mit besonderer Rücksicht auf Vulcanismus, Neptunismus und Metamorphismus" vor. Auch die Gründung des Geologischen Instituts passt nicht mit Steinmanns 50er zusammen. Das Institut wurde 1862, in jenem Jahr gegründet, als Eduard Suess (1831 bis 1914) zum außerordentlichen Professor der Geologie ernannt worden war.

Steinmann erwähnt für die fünf Dekaden drei große Namen: besagten Suess, dann Melchior Neumayr (1845 bis 1890) und Viktor Uhlig (1857 bis 1911). Neumayr, im übrigen Schwiegersohn von Suess, war Paläontologe, verfasste aber eine zweibändige "Erdgeschichte". Uhlig wiederum war Geologe und Nachfolger von Suess, der 1901 als 70-Jähriger seine Lehrtätigkeit beendet hatte. Damit nähern wir uns dem wahren Grund dieser kurzen Arbeit.

Alte Universität
In den ebenerdigen Räumlichkeiten der Bäckerstraße 20 in Wien Innere Stadt hielt ab 1862 Eduard Suess seine Geologievorlesungen.
GeoSphere Austria

Das Jahr 1911 ist keineswegs das Jubiläum 50-jähriger Geologie. Wenn Steinmann in dieser Arbeit, die in der Geologischen Rundschau (Band 2) erschien, schreibt "Heute vollendet Suess sein 80. Lebensjahr", enthüllt er den wahren Grund seiner Würdigung. Führt der Titel zunächst in die Irre und suggeriert anderes, fährt Steinmann fort: "Unsere junge Vereinigung beglückwünscht ihren Ehrenpräsidenten zu dem reichen Lebenswerke, auf das er zurückblicken darf!" Gemeint ist hier die 1910 in Frankfurt am Main gegründete Geologische Vereinigung, die seit 2015 mit der Deutschen Geologischen Gesellschaft, zur DGGV fusioniert ist.

Damit ist alles klar, die "Steinmannsche Gleichung" lautet: "Die Geologie an der Wiener Universität in den letzten 50 Jahren" = "80 Jahre Eduard Suess". Sinngemäß hat Steinmann damit irgendwie auch recht. (Thomas Hofmann, 1.1.2024)