Mit der Pensionierungswelle und der digitalen Transformation steht die Arbeitswelt vor großen Umbrüchen. Das bestätigt auch der aktuelle Leadership-Survey des Beraterhauses Deloitte. Demnach steht beim Großteil der 240 Befragten aus Österreich die Ansprache neuer Generationen am Arbeitsmarkt und der Umgang mit der Pensionierungswelle sowie die (Nach-)Besetzung von Führungspositionen weit oben auf der Agenda. Gleichzeitig liegt ein starker Fokus auf dem Aufbau digitaler Kompetenzen und dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI).

"Demografie und Digitalisierung sind eng miteinander verknüpft und verändern grundlegend die Art und Weise, wie, wo und mit wem wir arbeiten", kommentier Gudrun Heidenreich-Pérez, Partnerin bei Deloitte Österreich, die Ergebnisse. "Gerade die Bedeutung von künstlicher Intelligenz wächst in diesem Zusammenhang rasant. Sie rückt immer mehr in den Mittelpunkt unternehmerischer Überlegungen."

Roboter steht am Schreibtisch mit Laptop neben einer menschlichen Kollegin
Neben den Chancen, die KI mit sich bringt, ergeben sich auch Herausforderungen im Umgang mit der neuen Technologie.
DER STANDARD/Midjourney

Wenig genutzt

Obwohl das Thema künstliche Intelligenz die Führungsebenen beschäftigt, kommt die Technologie bei der Personalsuche und -auswahl derzeit noch kaum zum Einsatz: 64 Prozent der Befragten nutzen KI hier noch gar nicht, bei knapp einem Viertel ist sie immerhin teilweise in Gebrauch – etwa für die Erstellung von Stellen- und Anforderungsprofilen (56 Prozent), der Talentsuche (44 Prozent) oder für administrative Aufgaben (40 Prozent). In der Auswahl passender Kandidatinnen und Kandidaten findet die neue Technologie bisher noch kaum Anwendung (17 Prozent).

"Trotz der noch geringen Anwendung schreiben die Befragten der KI ein großes Zukunftspotenzial zu. 96 Prozent gehen davon aus, dass sie im Such- und Besetzungskontext an Bedeutung gewinnen wird", sagt Heidenreich-Pérez. Die Argumente dafür sind vielschichtig und reichen von Effizienzsteigerungen bei Prozessen über Vorteile im Bereich Arbeitgeberattraktivität bis hin zu Reduktion von Fehlbesetzungen und Personalkosten.

Doch nicht nur beim Recruiting wird die Technologie künftig ein wichtiges Hilfsmittel sein. Über 70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie in den kommenden fünf Jahren auch bei unternehmerischen Entscheidungen maßgebliche Unterstützung bieten wird.

Hürden überwinden

Um die zahlreichen Chancen von KI zu nutzen, gilt es, einige Hürden zu bewältigen. Vor allem die unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen (58 Prozent) und datenschutzrelevanten Fragestellungen (55 Prozent), aber auch das fehlende Know-how (60 Prozent) bereiten den Führungskräften noch Kopfzerbrechen. Knapp die Hälfte befürchtet außerdem eine mögliche Diskriminierungsgefahr für Kandidatinnen und Kandidaten.

"Künstliche Intelligenz ist nur so vielfältig wie die Datenbasis, aus der sie schöpft. Um Diskriminierung entgegenzuwirken, müssen die Daten diverser werden. Hier sind alle Unternehmensbereiche gefordert, an einem Strang ziehen", erklärt Heidenreich-Pérez. "Gleichzeitig können laut der Umfrage auch transparente Algorithmen und eine gewisse Rechtssicherheit etwaigen Diskriminierungsrisiken entgegenwirken. Und das menschliche Urteilsvermögen wird ohnehin eine nicht verzichtbare Komponente bleiben."

Führungsanforderungen verändern sich

Um KI erfolgreich im Unternehmen zu etablieren, braucht es die entsprechenden Skills – auch auf der Führungsebene. Für 85 Prozent der Befragten sind Veränderungsbereitschaft und Offenheit für Neues die wichtigsten Kompetenzen. Aber auch das Vermitteln von Sinn und Perspektive (63 Prozent) sowie das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse und Ängste der Mitarbeitenden (63 Prozent) werden essenzieller.

"Zeiten des Umbruchs erfordern Personen, die Orientierung geben können. Denn solche Phasen werfen viele Fragen auf und können auch mit Sorgen verbunden sein. Gute Führungskräfte müssen empathisch darauf eingehen können", betont die Deloitte-Partnerin. (red, 14.12.2023)