Gesund, aber teuer: Der Preis von Olivenöl hat sich in den vergangenen Monaten fast verdoppelt. Nur ein Teil davon ist allerdings auf die Inflation zurückzuführen. Extremwetter wie Dürren und intensive Regenperioden sowie Krankheitserreger haben die Ernte einbrechen lassen. Um dennoch niedrige Preise bieten zu können, greifen manche Hersteller daher zu drastischen Mitteln.

Olivenöl Flaschen Qualität
Die Olivenölproduzenten hatten in diesem Jahr mit diversen Problemen zu kämpfen. Nicht alle lösten diese auf vorbildliche Weise, was sich in der Qualität niederschlug.
Getty Images

Produkte werden mit minderwertigen Olivenölen, aber auch mit Raps- oder Sonnenblumenöl gestreckt. Auch Ölmischungen aus Ländern außerhalb der EU, etwa aus der Türkei oder Marokko, werden verwendet. Zuletzt wurde mancherorts gar vollkommen künstliches "Olivenöl" ohne tatsächliche Anteile der Hauptingredienz entdeckt.

Am Austrian Drug Screening Institute (ADSI) in Innsbruck weiß man von der aktuellen Krise am Markt für Olivenöl einiges zu berichten. Die 100-prozentige Tochterfirma der Universität Innsbruck treibt im Rahmen der Initiative Phytovalley Tirol gemeinsam mit lokalen Partnern Forschungen im Bereich der pflanzlichen Biotechnologie voran.

Dabei hat sich in den vergangenen Jahren auch ein eigener Schwerpunkt für die Entwicklung neuer Methoden zur Olivenöl-Analytik etabliert. Man arbeitet mit Produzenten und dem Handel bei Produktentwicklung, Recycling von Reststoffen und der Qualitätssicherung zusammen.

Vorsicht bei Schnäppchen

"Wenn heute ein halber Liter Olivenöl drei Euro oder weniger kostet, dann kann das kein hochwertiges Produkt sein", erklärt Günther Bonn, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des ADSI. Sein Kollege Gökhan Senli erklärt, warum das so ist: "Viele große Player am Markt kaufen etwa Bestände sogenannten Lampantöls auf, das nicht lebensmitteltauglich ist und eigentlich für die Seifenproduktion verwendet wird. Das wertige Olivenöl wird damit so weit gestreckt, dass es gerade noch die Mindestanforderungen des Gesetzgebers erfüllt."

Olivenernte Südafrika
Nicht überall fiel die Ernte von Oliven so gut wie in Südafrika aus. Vielerorts sorgten Extremwetter wie Dürre oder zu viel Regen sowie der Befall mit Schädlingen für große Ausfälle.
APA/AFP/RODGER BOSCH

Eine andere Strategie ist die Verwendung von Mischölen, die dann aber nach dem Ort der Abfüllung etwa mit "made in Italy" etikettiert sein können. "Die EU reguliert die Herkunftsbestimmung des Olivenöls nicht ausreichend", sagt Bonn. "Italien ist beispielsweise nicht nur Hauptexporteur, sondern auch einer der Hauptimporteure von Olivenöl. Die mit Abstand größten Mengen werden in Spanien hergestellt."

Gerade bei Olivenöl kann man sich heute also kaum sicher sein, dass tatsächlich drinnen ist, was das Etikett suggeriert. Um die Qualität im Auge zu behalten, nutzen die Analytiker etwa die Infrarotspektroskopie. Mit ihr lassen sich in kurzer Zeit vielfältige Informationen sowohl über den Olivenanbau als auch über das Olivenöl selbst sammeln.

Gemeinsam mit der Uni Innsbruck wurden bereits handliche Testgeräte entwickelt, die beim Anbau von Heilpflanzen den optimalen Erntezeitpunkt erkennen lassen. In der Adaptierung des Ansatzes für den Olivenanbau, die in einem aktuellen Projekt erfolgt, sollen künftig auch Drohnen mit der Technologie ausgestattet werden. "Die aufgenommenen Daten lassen nicht nur den besten Erntezeitpunkt bestimmen. Man kann auch die Pestizidnutzung kontrollieren und die Daten als Nachweis für einen Anbau in Bioqualität nutzen", erläutert Bonn.

Das Öl selbst kann durch die Analyse nicht nur auf Verunreinigungen und Nichtolivenöle untersucht werden. Aus dem individuellen Profil aromatischer Verbindungen, sogenannter Phenole, lässt sich auch die Herkunft bestimmen. "Wir brauchen 20 bis 30 Proben von einem Anbaugebiet, um das System entsprechend zu eichen. Dann können wir automatisiert erkennen, ob ein unbekanntes Olivenöl tatsächlich von diesem Ort ist", sagt der ADSI-Geschäftsführer.

Unerwünschte Einträge

Qualitätsmindernde Verunreinigungen entstehen natürlich auch unbeabsichtigt. Beispielsweise können Mineralöle, die mit den Oliven in Verbindung kommen, das Lebensmittel kontaminieren. "Gesättigte und ungesättigte aromatische Kohlenwasserstoffe, die als MOSH und MOAH bezeichnet werden, gelten als genotoxisch und haben in hochwertigem Olivenöl nichts verloren", erklärt Bonns Kollege Thomas Jakschitz. "Früher waren in Mineralöl getränkte Jutesäcke eine Quelle der Verunreinigung. Heute kann in der Produktion, etwa durch die Schmierung von Förderketten, ein Eintrag entstehen."

Oliven in Hand
Die Olivenernte fiel in diesem Jahr vielerorts Wetterextremen zum Opfer.
EPA/MOHAMED MESSARA

Gerade bei kleineren und älteren Mühlen ist noch nicht sichergestellt, dass es zu keiner Verunreinigung kommt. "Bisher hat nur Deutschland Auflagen in diesem Bereich. Dadurch verlangen große Händler nun Nachweise, dass keine MOSH und MOAH im Olivenöl sind", verweist Jakschitz auf die neueste Entwicklung in diesem Bereich. Da die nachzuweisenden Konzentrationen extrem gering sind, ist eine spezielle Form der Massenspektrometrie nötig, um die gesuchten Moleküle zu bestimmen.

Die Analytik dient aber nicht nur dazu, schlechte Qualität zu enttarnen, sondern hilft auch, vorteilhafte Inhaltsstoffe zu identifizieren. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) lässt etwa den Verpackungsvermerk zu, dass ein Olivenöl "die Blutfette vor oxidativem Stress schützt", wenn mehr als fünf Milligramm an Polyphenolen pro 20 Gramm Öl nachgewiesen werden können.

Am ADSI konnte mit Partnern in Italien und Griechenland eine effiziente Messmethode dafür entwickelt werden, die keine Verluste bei der Extraktion der Inhaltsstoffe verursacht. "Wir zeigen, wie man in schnellen Untersuchungen mittels saurer Hydrolyse, also mit dem Einsatz von Säuren, die gewünschten Inhaltsstoffe abspalten kann", sagt Bonn. "Das ähnelt jenen Vorgängen, die auch im Magen passieren, wenn Enzyme und Magensäure die Inhaltsstoffe des Olivenöls zerlegen." (Alois Pumhösel, 18.12.2023)