Ukrainische Studierende an Unis und pädagogischen Hochschulen müssen auch im Sommersemester 2024 keine Studienbeiträge zahlen. Auf das Ernst-Mach-Stipendium haben manche aber keine Chance, weil kein Geld für neue Anträge da ist.
STANDARD/Aydogdu

Der russische Angriffskrieg hat ab Februar des Vorjahres viele junge Ukrainerinnen und Ukrainer in die Flucht getrieben. Tausende kamen nach Österreich – einige davon, um hierzulande ihr Studium weiterzuführen oder eines zu beginnen. Das Bildungsministerium von Martin Polaschek (ÖVP) hat nach Kriegsausbruch rasch reagiert und das Ernst-Mach-Stipendium ins Leben gerufen. Damit bekommen ukrainische Studierende, die pro Semester eine Studienleistung von zumindest 16 ECTS-Punkten erbringen, eine monatliche Summe von 715 Euro ausbezahlt.

Mehr als tausend Personen nehmen das Stipendium in Anspruch, abgewickelt wird das Programm über die Agentur für Bildung und Internationalisierung (OEAD). Anfang Oktober schlug allerdings die Initiative "Ernst Mach für Ukraine", die von Forschern der Johannes-Kepler-Uni Linz getragen wird, Alarm: Ein Aus des Programms im Frühjahr 2024 stand im Raum. Nach der öffentlichen Kritik kündigte das Bildungsministerium im November doch eine Verlängerung der Stipendien um ein Jahr bis März 2025 an und sagte dafür eine Summe von zehn Millionen Euro zu. Die Ankündigung stieß auf viel Zuspruch – sowohl die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) als auch die Linzer Initiative lobten die Verlängerung der Unterstützung.

Verlängerungen genehmigt, aber keine Neuanträge

Nun aber warnt die Initiative erneut vor Problemen. Denn das Ernst-Mach-Stipendium steht in seiner nunmehrigen Form nicht allen ukrainischen Studierenden offen: Jene, die erst kürzlich an einer heimischen Hochschule zu studieren begonnen haben, können das Stipendium nicht beziehen. Betroffen sind Studierende, die sich im Wintersemester 2023 an einer Hochschule eingeschrieben haben oder in dieser Zeit erstmalig das Stipendium beantragen wollten. "Es kommen immer wieder ukrainische Studierende zu mir und sagen, dass sie keine Chance auf das Stipendium haben", sagt der Linzer Uni-Professor und Initiativen-Sprecher Thomas Gegenhuber zum STANDARD.

Tatsächlich bestätigt das Bildungsministerium auf STANDARD-Anfrage, dass aktuell "keine Neuanträge genehmigt werden". Eine inhaltliche Erklärung des Ministeriums für diese Lücke war nicht zu erhalten. Es liegt freilich nahe, dass die für die Stipendien budgetierte Summe nur Weiterführungen der bereits in der Vergangenheit genehmigten Stipendien abdeckt, während für neue Anträge das Geld nicht ausreicht. Wie vielen Ukrainerinnen und Ukrainern damit die Beihilfe entgeht, lässt sich nicht sagen, weil das auch von deren Erfüllung der geforderten Leistungsnachweise abhinge.

Humanitär und ökonomisch

Gegenhuber betont, dass das Programm und seine Abwicklung im Prinzip gut funktioniert. Die nun entstandene Förderlücke für neue Studierende sei aber ein "Wermutstropfen", zumal in der Ukraine immer noch Krieg herrsche und weiterhin junge Menschen vertrieben werden. Viele davon seien äußerst ambitioniert, bräuchten aber finanzielle Unterstützung, um ihre Bildungsweg in Österreich beschreiten zu können. Gegenhuber fordert eine Ausweitung des Stipendienanpruchs auf alle Betroffenen aus dem kriegsgeplagten Land: "Das ist nicht nur ein humanitäres Gebot, sondern auch ökonomisch sinnvoll. An der Uni Linz studiert etwa die Mehrheit der Ukrainnerinnen und Ukrainer technische und naturwissenschaftliche Fächer. Wir werden gut ausgebildete Fachkräfte in diesen Bereichen dringend benötigen." Auch die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger drängt auf eine nachhaltige Lösung und ergänzt: "Studien zeigen, dass Bildung und Bildungsorientierung unter ukrainischen Vertriebenen hoch sind."

Ukrainer sparen sich weiterhin Studienbeiträge

Für das Stipendienproblem gibt es zwar noch keine Lösung, am Mittwochnachmittag kündigte Bildungsminister Polaschek allerdings eine andere Maßnahme zugunsten ukrainischer Studierender an. Er will, dass sie auch im Sommersemester 2024 keine Studienbeiträge zahlen müssen, und schickte eine entsprechende Verordnungsnovelle in Begutachtung. „Angesichts des anhaltenden Ukrainekriegs halte ich es für enorm wichtig, ukrainische Studierende weiterhin rasch und unbürokratisch zu unterstützen. Deshalb verlängern wir die Studienbeitragsbefreiung auch um ein weiteres Semester", sagte Polaschek.

Normalerweise müssen Studierende aus Drittstaaten Beiträge von rund 727 Euro pro Semester zahlen – dies bleibt ukrainischen Staatsbürgern also auch künftig erspart. Die Verordnung von Polaschek gilt jedoch nur für öffentliche Unis und Pädagogische Hochschulen, wohingegen Fachhochschulen und Privatunis mögliche Entlastungen von sich aus festlegen können. (Theo Anders, 13.12.2023)