Eine vergleichbar große Entgeltdiskrepanz wie auf internationaler Ebene zeichnet sich auf nationaler Ebene in Deutschland ab: Die Frauen der ersten Bundesliga verdienen im Schnitt 3.500 Euro pro Monat. Die Gehälter der Männer in der ersten Bundesliga werden weitestgehend unter Verschluss gehalten, dürften aber zwischen 30.000 Euro pro Monat und bis zu 500.000 Euro pro Monat liegen, wenn man zusätzliche Zahlungen durch Auftritte und Gewinnprämien einrechnet.

Ähnlich ist der Gender-Pay-Gap in Österreich ausgeprägt: Hier können viele Frauen selbst in der höchsten Spielklasse nicht vom Fußball leben. Männliche Fußballspieler verdienen zwischen 50 und 200 Mal mehr als ihre Kolleginnen, die in der gleichen Liga spielen. Je höher die Liga, desto größer der Einkommensunterschied. Für viele Fußballerinnen in der ÖFB Frauen Bundesliga stehen am Ende des Tages im Schnitt nicht mehr als 500 bis 600 Euro brutto im Monat zu Buche, bei den Männern sind es inklusive Prämien im Schnitt deutlich über 10.000 Euro.

Fußballteam
In Österreich können viele Frauen selbst in der höchsten Spielklasse nicht vom Fußball leben.
APA/EXPA/REINHARD EISENBAUER

Abseits politischer Debatten nimmt dieser Artikel nachfolgend eine arbeitsrechtliche Einordnung vor – insbesondere – da viele österreichische Frauen in Deutschland fußballerisch aktiv sind, mit Blick auf die 1. deutsche Bundesliga, aber natürlich auch mit Blick auf den österreichischen Frauenfußball.

Equal-Pay-Grundsatz

Der Equal-Pay-Grundsatz ist, gestützt auf verschiedene gesetzliche Grundlagen, Bestandteil des deutschen und des österreichischen Arbeitsrechts. In Deutschland ergibt sich auf verfassungsrechtlicher Ebene aus Art. 3 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin sowie eine Gruppe von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nicht von allgemein begünstigenden Normen ausschließen oder schlechter stellen darf als andere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die in einer vergleichbaren Position sind. Auf einfachgesetzlicher Ebene sind darüber hinaus das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) einschlägig.

Ähnlich gestaltet sich die Rechtslage in Österreich. Gemäß Art. 2 Staatsgrundgesetz sind vor dem Gesetz alle Staatsbürger und Staatsbürgerinnen gleich. Art. 7 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz bestimmt darüber hinaus, dass Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen sind und niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Neben diesem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz gibt es in Österreich seit 1979 das Gleichbehandlungsgesetz. Dieses schützt Menschen in der Arbeitswelt seither vor Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters und der sexuellen Orientierung. Seitdem ist damit auch die Diskriminierung von Frauen und Männern bei der Entlohnung verboten. Danach darf eine Arbeitnehmerin (ohne sachliche Rechtfertigung) für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht schlechter bezahlt werden als ein Arbeitnehmer – und umgekehrt. Dazu treten die unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote.

Nicht jede Ungleichbehandlung stellt in Deutschland eine Gesetzesverletzung dar. Vielmehr ist in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob es sich um eine unmittelbare oder eine mittelbare Benachteiligung handelt und in einem zweiten Schritt, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Liegt im Ergebnis keine Rechtfertigung vor, kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin Auskunfts- und Ersatzansprüche geltend machen sowie sich auf ein Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht stützen. Zudem ist die benachteiligende Entgeltvereinbarung in der Regel unwirksam. Das österreichische Recht sieht im Wesentlichen dieselbe Prüfsystematik für Ungleichbehandlungen vor, weshalb die folgende Analyse sowohl für das deutsche als auch für das österreichische Recht gilt.

Unmittelbare oder mittelbare Entgeltbenachteiligung

Ob die Spielerinnen einen Entschädigungsanspruch und einen unmittelbaren Anspruch auf gleiche Vergütung haben, hängt davon ab, ob sich eine etwaig bestehende Ungleichbehandlung rechtfertigen lässt. Entscheidend dafür, welche Anforderungen an eine Rechtfertigung zu stellen sind, ist, ob es sich bei der Entgeltdiskriminierung um eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung handelt. Für die Bewertung, ob eine Diskriminierung vorliegt, wird jeweils eine Vergleichsperson herangezogen. Für die Spielerinnen der ersten Bundesliga sind das die Spieler der ersten Bundesliga des jeweiligen Landes.

Eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmerinnen, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, ist anzunehmen, wenn die Benachteiligung direkt an das Merkmal des Geschlechts anknüpft, also wenn der Arbeitgeber entscheidet, die weiblichen Spieler schlechter zu bezahlen als die männlichen, allein aus dem Grund, dass diese weiblich sind. Die Zugehörigkeit zum Geschlecht müsste ausdrückliches Differenzierungskriterium sein.

Ob die Spielerinnen gleiche oder gleichwertige Arbeit im Vergleich zu ihren männlichen Counterparts erbringen, hängt von den ausgeführten Tätigkeiten ab. Für gleichwertige Arbeit ist eine Gesamtheit von Faktoren entscheidend – Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen sowie Arbeitsbedingungen. Die Bewertung erfolgt unabhängig von der Qualität der konkreten Leistung.

Alleiniger Rechtfertigungsgrund für eine unmittelbare Benachteiligung ist das Vorliegen unterschiedlicher beruflicher Anforderungen. Die Art der Tätigkeit und die Ausübungsbedingungen dürften im Fußball für Männer und Frauen allerdings identisch sein. Eine unmittelbare Benachteiligung, die allein auf das Geschlecht der Profi-Fußballer abstellt, wäre daher ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sowohl deutscher als auch österreichischer Prägung. Eine mittelbare Entgeltbenachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Beschäftigte wegen des Geschlechts gegenüber Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in Bezug auf das Entgelt in besonderer Weise benachteiligen können.

Popularität als Anknüpfungspunkt?

Scheinbar neutrales Kriterium ist die Art des Wettbewerbes. Es handelt sich um unterschiedliche Wettkämpfe, die das Publikumsinteresse in einem sehr unterschiedlichen Maße wecken. Während in Deutschland durchschnittlich 40.000 Personen die Spiele der Herren in der ersten Fußball-Bundesliga in der Saison 2022/23 besuchten, waren es in der ersten Fußball-Bundesliga der Frauen rund 2.800 Besucher und Besucherinnen. In Österreich stellt sich die Lage so dar: Die durchschnittliche Zuschauerzahl pro Spiel in der höchsten Spielklasse des Männerfußballs lag in der vergangenen Saison 2022/23 bei 7.551. Dagegen wird kaum ein Spiel der Frauen-Bundesliga von mehr als 500 Zuschauern besucht. Die Spiele der österreichischen Frauen-Nationalmannschaft ziehen höchstens eine niedrige vierstellige Zuschauerzahl an. Frauen hinken ihren männlichen Kollegen im Fußball daher nicht nur bei der Bezahlung, sondern (noch) auch bei den Zuschauerzahlen hinterher.

Anknüpfungspunkt der unterschiedlichen Behandlung ist demnach die unterschiedliche Popularität der Wettkämpfe, womit nur eine mittelbare Benachteiligung vorliegt. Die Annahme einer unmittelbaren Benachteiligung kann mithin nicht überzeugen. Auch eine mittelbare Benachteiligung bedarf jedoch einer Rechtfertigung, die Anforderungen daran sind jedoch geringer. Die Ungleichbehandlung kann durch objektive Faktoren sachlich gerechtfertigt sein, die nicht auf einer Geschlechterdiskriminierung fußen; insbesondere arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien können ein unterschiedliches Entgelt begründen.

Profitabilität als Rechtfertigungsgrund?

Als sachlicher Rechtfertigungsgrund könnte die Profitabilität der Wettbewerbe herangezogen werden, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Popularität steht. Die Vereine und Verbände haben ein berechtigtes, unternehmerisches Interesse daran, den Wettbewerbsteilnehmern ein höheres Entgelt zu zahlen, die höhere Einnahmen generieren. Laut Saisonreport für 2021/22 der deutschen Bundesliga wurden durch die erste Männer-Bundesliga Gesamteinnahmen von 3,47 Milliarden Euro erzielt, während die ersten Frauen-Bundesliga nur 17 Millionen Euro generiert hat. Diese Einnahmendifferenz ist Resultat der unterschiedlichen Popularität und führt zu den zu Beginn dargelegten Gehaltsunterschieden zwischen den männlichen und weiblichen Spielern.

Setzt man die Gehälter und die generierten Einnahmen der Frauen in der ersten deutschen Bundesliga ins Verhältnis zueinander und vergleicht dieses mit den zu den Einnahmen proportionalen Gehältern der Männer, so ist eine Ungleichbehandlung der Frauen nicht zu erkennen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Die Anknüpfung an die Profitabilität ist dem Sport auch sonst nicht fremd, wie etwa auch der drastische Gehaltsunterschied zwischen den (männlichen) Erstligisten beim FC Bayern München und den (männlichen) Erstligisten beim 1. FC Köln oder zwischen den österreichischen (männlichen) Bundesligisten von Red Bull Salzburg und jenen vom TSV Hartberg zeigt.

Im Ergebnis kann die Annahme einer unmittelbaren Benachteiligung nicht überzeugen. Die Zahlung eines geringeren Gehaltes knüpft nicht unmittelbar an das Merkmal des Geschlechts an, sondern vielmehr an die Popularität der Wettbewerbe. Die daraus folgende unterschiedliche Bezahlung, die als eine mittelbare Entgeltbenachteiligung betrachtet werden kann, rechtfertigt sich wiederum durch die unterschiedliche Profitabilität der Wettbewerbe.

Auch eine strukturelle Frage

Auch der Profi-Fußball unterliegt den Grundsätzen des Arbeitsrechts. So politisch unpopulär es auch erscheinen mag, die durch die ungleiche Entlohnung verursachte Diskriminierung kann durch die unterschiedliche Popularität und Profitabilität der Wettbewerbe rechtlich gerechtfertigt werden. Das ist jedoch nicht die gesamte Wahrheit. Fest steht, dass diesem Ergebnis größere, systematische Probleme zugrunde liegen. Geschlechterspezifische soziale und kulturelle Normen führen zu geringeren Investitionen in den Frauensport, geringeren Sendezeiten von Frauenspielen und einem schwierigeren Zugang zu Sportstipendien. All das hat letztlich Auswirkungen auf die Profitabilität des Frauenfußballs. In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass die US-Frauennationalmannschaft gegen den US-Fußball-Bund eine Klage auf gleiche Entlohnung angestrengt hat und nach sechs Jahren durch einen Vergleich eine erhebliche Summe zugesprochen bekommen hat.

Unternehmen sollten, durch die öffentliche Diskussion im Profi-Fußball sensibilisiert, ein besonderes Augenmerk auf "Equal Pay" legen. Alle Arbeitgeber trifft eine Pflicht zur gleichen Vergütung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. In anderen Branchen, abseits vom Sport, ist es nicht möglich, sich auf ein unterschiedliches Maß an Profitabilität zu berufen. Angesichts des öffentlichen Interesses an der Thematik und der im Juni 2023 erlassenen Entgelttransparenz-Richtlinie der EU ((EU) 2023/970), die bis zum 6. Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen ist, entsteht zunehmend Bedarf, Begünstigungen auf ihre rechtliche Wirksamkeit zu überprüfen.

Da verschiedene Industriesektoren im Begriff sind, die Gender-Pay-Gap-Problematik anzugehen und ein diverses und inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, um die sich entwickelnden Investorenerwartungen zu erfüllen, könnte sich auch der Anpassungsdruck auf die Sportwelt erhöhen. Soziale Argumente, wie Moralität, Gleichheit und Fairness, spielen eine große Rolle. (Matthew Devey, Juliane Kwasniok, 21.12.2023)