Die Hoffnungen seitens der Wiener Stadtpolitik waren groß: Nach jahrelangen Turbulenzen sollte ab Herbst 2022 endlich Ruhe am Cobenzl einkehren – und gleichzeitig Leben. Da präsentierte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) höchstpersönlich gemeinsam mit Gastronom Bernd Schlacher das frisch renovierte Schloss Cobenzl samt Rondell-Café und dreistöckigem Neubau für Events. Unter dem Namen Weitsicht Cobenzl und mit Pächter Schlacher sollte ein Schlusspunkt unter jahrelangen Leerstand und Ringen um einen friktionsfreien Betrieb gesetzt werden. Doch es kam anders.

Zur Eröffnung im September fand sich hohe Rathausprominenz ein: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ, rechts) und der baldige Ex-Weitsicht-Betreiber Bernd Schlacher.

Wie die MA 49, der städtische Forst- und Landwirtschaftsbetrieb, am Freitag bekanntgab, hat die Weitsicht Cobenzl Immobilienentwicklung GmbH den Pachtvertrag gelöst. Die "ungünstige Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die damit verbundenen Kostensteigerungen haben sich negativ auf die ursprünglichen Geschäftsplanungen des bisherigen Pächters ausgewirkt", heißt es in einer Aussendung. "Dieser sah sich daher gezwungen, den mit der MA 49 abgeschlossenen Pachtvertrag zu kündigen."

Weiterführung ab März

An der Gesellschaft ist zu 70 Prozent die Motto GmbH unter Führung von Schlacher beteiligt, der unter anderem das Restaurant Motto am Fluss, das Hotel Motto und die Bäckerei Motto Brot in der Wiener Innenstadt betreibt. Die restlichen 30 Prozent gehören der Supernova GmbH, die von Immobilienunternehmer Frank Albert geleitet wird. All das heißt: Die Stadt Wien muss nun einen neuen Pächter für die Liegenschaft suchen. Spätestens am Samstag soll eine Ausschreibung veröffentlicht werden, sagt Forstdirektor Andreas Januskovecz zum STANDARD.

Das Idealszenario der Stadt sieht vor, dass das Rondell-Café, eingerichtet im Midcentury-Stil, ab März einen neuen Betreiber hat.

Der auf 30 Jahre abgeschlossene Vertrag mit der Weitsicht Cobenzl Immobilienentwicklung GmbH endet am 29. Februar. Bis dahin soll auf dem Wiener Hausberg weiter Betrieb sein. Das Wunschszenario der Stadt ist es, einen Pächter zu finden, der zumindest das Rondell-Café und womöglich das Eventgebäude bereits ab März für ein Jahr weiterführt. So soll ein erneuter Leerstand vermieden werden. Langfristig wird ein Betreiber für das gesamte Ensemble gesucht.

Stadt muss Investitionen ablösen

Für die Stadt bringt Schlachers Ausstieg wohl auch hohe Kosten. Die Vereinbarung mit der Weitsicht Cobenzl Immobilienentwicklung GmbH sieht vor, dass das Grundstück weiter in Besitz der Stadt bleibt. Aus der Rathauskasse wurden vier Millionen Euro in Renovierung und Neubau gesteckt. Die GmbH brachte 16 Millionen Euro ein. Dafür gab es – quasi als Sicherheit – einen langfristigen Pachtvertrag.

Diese Investition muss die Stadt nun ablösen. Wie hoch dieser sogenannte Investitionskostenersatz ist, steht noch nicht fest. Der Betrag wird nun von einem unabhängige Gutachter ermittelt. "Aber es wird schon eine große Summe sein", schätzt Januskovecz.

Fröhlich sei er angesichts der neuen Pächtersuche nicht, sagt der Forstdirektor: "Aber ich habe die wirtschaftlichen Entwicklungen zur Kenntnis zu nehmen." Die Stadt werde "professionell" mit der Situation umgehen. (Stefanie Rachbauer, 22.12.2023)