Den Aufnahmetest, hier für die Medizinische Fakultät Wien, müssen die Bewerber positiv absolvieren.
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In Österreich können künftig Medizinstudienplätze im öffentlichen Interesse gewidmet werden. Die Bundesländer, die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), das Innen- und das Verteidigungsministerium können ab dem kommenden Studienjahr 85 Studienplätze mit ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten belegen. Die Bedingung dafür ist, dass nach erfolgreichem Abschluss in dem jeweiligen Bundesland oder für die jeweilige Institution gearbeitet wird.

In den Bundesländern können sich insgesamt 59 Studierende in einem Vertrag dazu verpflichten, nach dem Studium und der Facharztausbildung acht Jahre lang im Partnerbundesland zu arbeiten. Im Gegenzug erhalten sie bereits mit Studienbeginn eine Anstellung und 1.000 Euro monatlich. Wenn jemand vorzeitig abbricht, sei das Geld zurückzuerstatten, sagt Karl Cernic, der Geschäftsführer des Kärntner Gesundheitsfonds. "Gemeinsames Einvernehmen war uns wichtig. Auch dass wir uns auf eine einheitliche Refundierung geeinigt haben", sagt Cernic. "Wir wollen uns nicht gegenseitig in den Bundesländern kannibalisieren und konkurrieren."

Als Quote, welches Bundesland, wie viele Studienplätze erhält, wurde die Einwohnerzahl herangezogen. Das Burgenland erhält zwei Plätze, Kärnten vier, Oberösterreich zehn, Niederösterreich elf, Salzburg vier, die Steiermark acht, Tirol fünf, Vorarlberg drei und Wien zwölf Plätze.

Länder definieren öffentliches Interesse

Das Universitätsgesetz lasse eine derartige Widmung von Studienplätzen zu, erläutert der Leiter der Hochschulsektion im Bildungsministerium Elmar Pichl. Fünf Prozent der Medizin-Studienplätze könnten so gestaltet werden. Die Studienwerber schließen eine begleitende Vereinbarung mit einem Bundesland oder einer Institution, bevor sie sich für das Studium anmelden. Sie müssen zwar ebenfalls die Aufnahmetests erfolgreich absolvieren. Aber sie müssen es nicht unter die besten Bewerber schaffen, sondern mindestens 75 Prozent der Punkte erreichen. "Die Länder und Institutionen müssen selbst definieren, worin das öffentliche Interesse besteht", betont Pichl. Das können Amtsärzte sein, Kassenstellen in ländlichen Gebieten, Ärzte für das Bundesheer oder ebenso eine Spezialisierung auf Anästhesie oder Kinderpsychiatrie.

Das Bundesheer habe diese Widmung von Studienplätzen im öffentlichen Interesse im Vorjahr bereits getestet. "Es ist eine Erfolgsgeschichte geworden", sagt Hannes Bauer, Referent für Personalbildung im Verteidigungsministerium. 16 Medizinstudierende hätten seither bereits einen Ausbildungsvertrag mit dem Bundesheer abgeschlossen. Für das kommende Studienjahr kann das Bundesheer zehn Plätze widmen, die ÖGK 13 und die Polizei drei. Bei der ÖGK gilt die Arbeitsverpflichtung nach dem Studium übrigens nur für fünf Jahre.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) spricht in einer Aussendung von einem "Meilenstein für die Absicherung der qualitätsvollen medizinischen Versorgung für weite Teile Österreichs und spezielle Institutionen", Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) von einer guten "Möglichkeit um die Personalplanung und somit die Versorgung im öffentlichen Bereich langfristig abzusichern".

Rektoren gegen mehr Studienplätze

Vor allem aus den Ländern kam heuer regelmäßig der Ruf nach zusätzlichen Anfängerplätzen. Anfang des Jahres hatte sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in seiner "Rede zur Zukunft der Nation" für eine Aufstockung der Studienplätze ausgesprochen, um die Versorgung mit Kassenärzten sicherzustellen. Zudem wollte er eine Berufspflicht für alle, die das Studium in Österreich abschließen, als Mittel gegen den Ärztemangel. Die Grünen sprachen sich jedoch gegen eine Arbeitsverpflichtung aus.

Die Rektoren wiederum wehrten sich gegen mehr Studienplätze an den Medizin-Unis. Es gebe keinen quantitativen Ärztemangel, sondern ein Verteilungsproblem, hieß es im April. Ein Ausbau der Studienplätze sei sinnlos, würde aber die Qualität von Ausbildung und Studium beim Aufnahmeverfahren gefährden. Die Versorgungsdichte sei mit 5,5 Ärzten pro 1.000 Einwohner in Österreich die zweithöchste in der OECD. Die Versorgungsmängel würden durch Probleme bei der Verteilung entstehen, etwa zwischen Stadt und Land oder Mangel in bestimmten Fachrichtungen, erklärte Markus Müller, Rektor der Medizin-Uni Wien. Nun sollen die reservierten Studienplätze gegen den Ärztemangel in bestimmten Regionen helfen. (Stefanie Ruep, 28.12.2023)