Im Reich des René Benko häufen sich die großen Pleiten. Auf die Insolvenz der Signa Holding im November (fünf Milliarden Euro Schulden) folgt nun jene ihrer wichtigsten Immobilientochter, der Signa Prime (laut Eigenangaben 4,5 Milliarden). Für Freitag wurde auch bereits die Insolvenz der zweitwichtigsten Immo-Tochter, Signa Development, angekündigt. Deren Verbindlichkeiten liegen wohl ähnlich hoch.

Am Donnerstag hat die Signa Prime, das Flaggschiff in Benkos Firmengeflecht, den Insolvenzantrag eingereicht.
EPA/CHRISTIAN BRUNA

Gewichtige Akteure wie die US-Investmentbank JPMorgan schätzen die Höhe der Schulden noch viel höher ein, auf rund das Doppelte. Aber im höchst intransparenten Signa-Geflecht von insgesamt rund tausend Gesellschaften, die komplex aneinander Anteile halten und miteinander Geschäfte machen, blickt in Wahrheit keiner mehr durch.

Fragwürdige Geschäfte

Allein bei der Holding, wo das Verfahren schon läuft, hat der Sanierungsverwalter angekündigt, mehrere Dutzend historische Geschäftsfälle überprüfen zu wollen. Deren Hintergründe und Profiteure: völlig unklar. Bei den Konzerntöchtern, wo im Gegensatz zur Holding die wahren Immobilienwerte liegen, wird sich das Ausmaß fragwürdiger Geschäfte als wohl noch größer erweisen.

Die Pleiten wirken sich vielfältig aus. Zwar droht nach derzeitiger Einschätzung keine größere gesamtwirtschaftliche Krise infolge der Signa-Pleite. Aber der schwächelnde Immobilienmarkt rutscht in noch größere Probleme als ohnehin schon. Kleine Unternehmen, denen die Signa Geld schuldet, fallen um die Summen um. Banken müssen wohl milliardenschwere Kredite abschreiben und Immobilien verwerten. In Deutschland bangen tausende Handelsangestellte, die zur Handelssparte der Signa zählen, mehr als je zuvor um ihre Jobs (in Österreich nicht, weil Kika/Leiner bereits im Sommer von Benko verkauft wurde und pleiteging).

Wie konnte das geschehen? Wie kann sich ein Konzern in wenigen Jahren zu einem großen Player in Europa entwickeln – und zum am schnellsten wachsenden seiner Branche –, ohne dass zahlreiche Missstände eher offenkundig werden?

Geschickte Öffentlichkeitsarbeit

Es zeigt sich, dass mächtige Unternehmen mit hochriskanten Geschäftsmodellen durchkommen, wenn sie es darauf anlegen. Die totale Intransparenz und die mysteriösen Deals im Benko-Imperium? Waren kein großes Thema, solange für Benko und seine Geldgeber hohe Renditen flossen. Die Bilanzpflicht? Wurde locker umgangen, wobei der Konzern geringere Strafen dafür in Kauf nahm. Die Tatsache, dass niedrige Zinsen nicht auf ewig Immobilienwerte befeuern – und sich ein darauf aufbauendes Geschäftsmodell bitter rächen kann? Dies wurde zwar von einzelnen Experten und etwa Aufdeckerjournalisten vorgebracht, in die breite Öffentlichkeit drangen sie damit aber nicht durch.

Dafür sorgte auch eine geschickte Öffentlichkeitsarbeit bei Benko. Während man bei der Signa über Geschäfte im Detail schwieg und gegen kritische Journalisten Anwälte vorschickte, gab man zugleich glitzernde Partys in der Wiener Innenstadt und bezahlte Ex-Politiker aller Couleur gut, damit sie als Berater dienen und die Erzählung von Benko als Geschäftsgenie weiter ventilieren.

Heute müssen sich die Sanierungsverwalter durch ein länderübergreifendes Dickicht rätselhafter Geschäfte wühlen, das viel zu lange kaum jemandem auffallen wollte. Den hohen Preis für die Ignoranz zahlen Arbeitnehmer, Investoren und Banken. (Joseph Gepp, 28.12.2023)