Rene Benko, Gründer des Signa-Konzerns. Im Hintergrund sind offene Bauwerke seines Unternehmens.
Das Imperium von René Benko zerfällt. Nun hat auch die Signa Holding Insolvenz angemeldet.
Collage: derStandard/Friesenbichler Fotos: APA

Vier Wochen nach der Signa Holding rutscht auch die größte operative Tochter des österreichischen Immobilienimperiums von René Benko in die Insolvenz. Die Signa Prime Selection AG hat am Donnerstag beim Handelsgericht Wien ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt. "Ziel sind die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens", hieß es in der Mitteilung. Ob das gelingt, wird die Zukunft zeigen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie es zu dem Dilemma kommen konnte.

Dezember 2022: Signa verkauft Projekt "Rossmarkthöfe" auf dem ehemaligen Leiner-Areal in St. Pölten.

Mai 2023: Signa veräußert "Apple-Haus" in der Wiener Innenstadt.

Juni 2023: Signa verkauft Kika/Leiner, Möbelhändler wird danach in die Insolvenz geschickt.

Juni 2023: Signa veräußert das im Bau befindliche Bürohochhaus "Mynd" und das "Galeria Weltstadthaus" am Berliner Alexanderplatz.

Juni 2023: Signa verkauft Holzhochhausprojekt "Donaumarina Tower" in Wien.

Juli 2023: Signa Holding bekommt laut "Handelsblatt" eine 400-Millionen-Euro-Geldspritze vom Unternehmensgründer René Benko und bestehenden Investoren wie Strabag-Großaktionär Hans Peter Haselsteiner, Fressnapf-Gründer Torsten Toeller und der brasilianischen Unternehmerfamilie Koranyi-Arduini.

August 2023: Europäische Zentralbank (EZB) drängt Banken, Kredite an Signa zum Teil abzuschreiben.

August 2023: Signa gibt bekannt, in den vergangenen Monaten Assets im Gesamtvolumen von rund zwei Milliarden Euro abgestoßen zu haben.

23. August 2023: Creditreform zieht Rating für Signa Prime Selection zurück.

Heißer Herbst, Investoren werden nervös

16. Oktober 2023: Signa zieht bei Signa Sports Zusage für Eigenkapitalspritze über 150 Millionen Euro zurück.

17. Oktober 2023: Signa tritt deutschen Sportartikelfilialisten Sportscheck an britischen Sport- und Modehändler Frasers ab.

3. Oktober 2023: Benko holt den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz an Bord, der bereits 2020 für ihn als Insolvenzverwalter der deutschen Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof tätig war.

27. Oktober 2023: Signa Sports United stellt Insolvenzantrag.

27. Oktober 2023: Baustopp beim Hamburger Elbtower.

2. November 2023: Signa-Holding-Gesellschafter fordern sofortigen Rückzug von Benko, nur so sei ein "Krisenmanagement zur Rettung der Gruppe" möglich.

7. November 2023: Fitch stuft Signa-Anleihen als "hochriskant" ein.

8. November 2023: Signa erklärt, dass Benko seinen Vorsitz im Signa-Beirat an Geiwitz abgibt.

10. November 2023: Geiwitz holt den Deutschen Ralf Schmitz als Restrukturierer für Signa Prime und Signa Development. Dieser kommt als Chief Restructuring Officer zusätzlich in den Vorstand.

15. November 2023: Signa verringert Beteiligung an britischer Kaufhauskette Selfridges von 50 auf 45 Prozent. Der thailändischer Hälftepartner Central Group, der sich mit der Signa Holding auch die Schweizer Globus-Warenhäuser teilt, ist nun mit 55 Prozent Mehrheitseigner.

23. November 2023: Signa stoppt Arbeiten an der Alten Akademie in München.

24. November 2023: Signa Real Estate Management Germany stellt in Berlin Konkursantrag.

26. November 2023: Hamburger Milliardär und Signa-Investor Klaus-Michael Kühne prüft Übernahme des Elbtowers in Hamburg.

27. November 2023: Signa verhandelt laut Medienberichten mit US-Hedgefonds Elliot über dringend benötigte Kapitalspritze.

29. November 2023: Insolvenzantrag der übergeordneten Beteiligungsgesellschaft Signa Holding beim Handelsgericht Wien.

29. November 2023: Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Schweizer Signa Retail Selection AG beantragen beim zuständigen Gericht eine "Nachlassstundung" (Insolvenzform). Damit soll das Geschäft von der zahlungsunfähigen österreichischen Muttergesellschaft abgekoppelt und geordnet liquidiert werden.

Letzte Rettungsversuche scheitern

1. Dezember 2023: Signa holt sich den österreichischen Sanierer Erhard Grossnigg als zusätzlichen Vorstand bei der Signa Prime Selection und bei der Signa Development Selection an Bord.

6. Dezember 2023: Drei weitere Signa-Töchter in Deutschland sind insolvent – die Signa Financial Services GmbH (Frankfurt am Main), die Signa REM Germany Rent GmbH und die SCAx GmbH (beide mit Sitz in München).

6. Dezember 2023: Die von der Schweizer Signa Retail Selection AG beim Bezirksgericht Zürich beantragte provisorische Nachlassstundung wird für die Dauer von vier Monaten bewilligt. Damit erhält das Unternehmen, das unter anderem 50 Prozent an den Schweizer Luxuswarenhäusern Globus hält, bis 5. April Zeit, die Liquidation der Signa Retail eigenständig zu regeln.

7. Dezember 2023: US-Magazin "Forbes" streicht Benko von der Milliardärsliste der reichsten Menschen der Welt.

8. Dezember 2023: Die Signa Development Finance erklärt, dass es wahrscheinlich sei, dass sie selbst, die Signa Development und weitere Gesellschaften der Signa-Development-Gruppe "in sehr naher Zukunft" einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.

11. Dezember 2023: Signa feuert den CEO der beiden wichtigsten Töchter Signa Prime und Signa Development, Timo Herzberg, wegen fragwürdiger Geschäfte in die eigene Tasche fristlos.

11. Dezember 2023: Grossnigg übernimmt die Funktion des Vorstandssprechers bei der Signa Prime und bei der Signa Development.

12. Dezember 2023: Die IT-Tochter der Immobiliengruppe, die Signa Informationstechnologie GmbH, meldet am Handelsgericht Wien Insolvenz an.

12. Dezember 2023: Der Bauträger Signa Development, in dem Benko die Entwicklungsprojekte seiner verschachtelten Signa-Gruppe gebündelt hat, steht in den Augen der Ratingagentur Fitch vor dem Zahlungsverzug. Angesichts des wohl bevorstehenden Insolvenzantrags stuft sie die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft nach unten.

13. Dezember 2023: Das Zürcher Bezirksgericht gewährt drei weiteren Schweizer Gesellschaften die Insolvenzform der provisorischen Nachlassstundung: Signa European Invest Holding AG, Signa European Invest AG sowie Signa Retail Luxury Holding GmbH. In der Signa European Invest Holding sollen die Beteiligungen der Signa an Globus, Selfridges und der KaDeWe-Gruppe gebündelt sein.

Video: Erste Gläubigerversammlung bei Signa Holding am 19. Dezember.
APA

19. Dezember 2023: Erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung zur insolventen Signa Holding GmbH am Handelsgericht Wien: Das Chrysler Building in New York, die Medienbeteiligungen am "Kurier" und an der "Krone" sowie der Privatjet der Firma stehen zum Verkauf, die Mietverträge für den Firmensitz in zwei Wiener Innenstadtpalais sind bereits gekündigt

21. Dezember 2023: Die beiden zentralen Führungsgremien der insolventen Signa Holding – der Beirat und das Group Executive Board, das für die operative und strategische Führung verantwortlich gewesen ist – sind komplett aufgelöst. Benko war bis zu seinem Abgang im November Vorsitzender des Gremiums. Daneben saßen unter anderem Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer sowie Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn im Beirat.

28. Dezember 2023: Insolvenzantrag der Signa Prime Selection beim Handelsgericht Wien. Ein Insolvenzantrag der Signa Development Selection soll laut Ankündigung am 29. Dezember folgen. (APA, red, 28.12.2023)