Beim Solarausbau ist Österreich fast auf Zielpfad. Fraglich ist allerdings, ob das auch so bleibt.
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Für den Solar-Ausbau war 2023 durchaus ein gutes Jahr. Rund zwei Gigawatt habe die Solarkraft in Österreich an Kapazität zugelegt, rechnet der Bundesverband Photovoltaic Austria. Das ist immerhin doppelt so viel wie noch im Vorjahr. "Ab jetzt brauchen wir dieses Niveau jedes Jahr, damit wir die Ziele erreichen", sagt die Geschäftsführerin des Verbands, Vera Immitzer.

Genau dort liege aber auch schon der Haken: Für das kommende Jahr erwarte der Verband, dass der Ausbau abflaut. Schon in den vergangenen Monaten sei die Nachfrage nach neuen PV-Anlagen zurückgegangen, erklärt Immitzer.

Um das Ziel, das die Bundesregierung für den Solar-Ausbau gesteckt hat, zu erreichen, müsste die aktuelle Produktion mehr als verdreifacht werden. Nur dann könne es gelingen, dass die Stromerzeugung Österreichs bis 2030 vollständig durch Erneuerbare gedeckt wird.

Den Rekordausbau beizubehalten werde herausfordernd, meint auch Christoph Dolna-Gruber von der Österreichischen Energieagentur. Wichtige Treiber für die Installation von PV-Anlagen seien bereits deutlich abgeschwächt. Etwa sind die Strompreise zurückgegangen, und auch das Thema Energieversorgung sei wieder etwas in den Hintergrund gerückt. Zudem hätten Netzbetreiber mancherorts Restriktionen gemeldet und die Menge des einspeisbaren PV-Stroms gedrosselt. Vielerorts sei für Privatpersonen nicht klar, ob eine neue Anlage überhaupt ans Stromnetz angeschlossen werden könne, kritisiert auch Immitzer. Auch das dämpfe den Ausbau.

Netzbetreiber rüsten nach

Dennoch bleibt auch so manch positive Entwicklung: Etwa sind neue PV-Anlagen bis zu 35 Kilowatt künftig von der Mehrwertsteuer befreit. Für den privaten Ausbau erhofft sich die Branche damit Aufwind. Dazu komme, so Dolna-Gruber, dass Lieferketten für PV-Komponenten wieder stabiler seien und die Preise für Module als auch für Batteriespeicher sinken würden.

Zudem könnten sich Netzbetreiber mittlerweile darauf verlassen, dass PV-Anlagen keine Eintagsfliegen seien, sagt Dolna-Gruber weiter. "Die weitreichende Integration von Photovoltaik-Anlagen wird weitergehen – weil die Menschen das wollen und weil es ein wichtiges Element ist, um unser Energiesystem zukunftsfit zu machen."

Seitens der Netzbetreiber gibt es zum Jahreswechsel auch gleich eine Ansage zum schnelleren Ausbau: So genehmigte die E-Control Ende Dezember den Netzentwicklungsplan des Betreibers des überregionalen österreichischen Stromnetzes, APG. Bis 2034 will die APG rund neun Milliarden Euro investieren. "Für die sichere Transformation des Stromsystems hin zu ausschließlich erneuerbarem Strom ist die umgehende Umsetzung der im Netzentwicklungsplan enthaltenen Projekte alternativlos", erklärt Gerhard Christiner, technischer Vorstand von APG. Bislang standen sowohl die E-Control als auch die Netzbetreiber häufig in der Kritik, den Ausbau zu verschleppen.

Hürden im Wahljahr

Im kommenden Jahr sei die Politik gefragt, die Rahmenbedingungen für den Ausbau zu verbessern, heißt es seitens der Branche. Etwa müsse das Elektrizitätswirtschaftsgesetz aktualisiert werden.

Von der Reform erhofft sich PV Austria mehr Flexibilität – etwa um direkte Stromleitungen von einer PV-Anlage zu einem Betrieb aufstellen zu können oder auch Windkraft-Standorte für die Einspeisung von Solarenergie mitnutzen zu können. "Das ist heute leider noch nicht möglich", sagt Immitzer. Die Hürde: Für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Ob das im Wahljahr gelingt, ist fraglich.

Für Privathaushalte sei häufig nicht transparent, wie viel Strom sie mit einer neuen PV-Anlage überhaupt ins Netz speisen können, kritisiert der Solar-Dachverband.
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PV Austria fordert außerdem: Eine höhere Absicherung gegen niedrige Strompreise in der PV-Förderung. Aktuell liegt die sogenannte Marktprämie, für die sich Anlagenbauer bewerben können, bei 9,33 Cent pro Kilowattstunde für Dach- und Agri-PV-Anlagen und rund sieben Cent für Standard-Freiflächen-Anlagen. Sollte der Strompreis unter diesen Wert fallen, würden die Betreiber die Differenz als Förderung erhalten. Das sei zu wenig, argumentiert Immitzer. Es müsse dringend nachadjustiert werden. "Wir haben keine Zeit, uns auf schönen Zahlen aus dem vergangenen Jahr auszuruhen."

Österreich auf "Mickey-Mouse-Niveau"

PV Invest, ein Unternehmen, das sich auf Investitionen in die Photovoltaik spezialisiert hat, erwartet wiederum, im neuen Jahr ein paar Fortschritte verzeichnen zu können. Einige Projekte würden nach jahrelangen Genehmigungsverfahren langsam die Baureife erreichen, sagt Günther Grabner, Gründer und Geschäftsführer der PV-Invest-Gruppe. Im internationalen Vergleich bewege sich der Ausbau in Österreich allerdings auf "Mickey-Mouse-Niveau". Die Versäumnisse der Vergangenheit hätten ein derart niedriges Ausgangsniveau beschert, dass jegliche Neuaktivität prozentuell gleich zu immensen Steigerungsraten führe.

Zwar bemühe sich das Klimaministerium um einen stärkeren Ausbau, so Grabner weiter, doch die Bürokratie in den Bundesländern stehe häufig im Weg. "Jede einzelne Genehmigung wird als Gnadenakt gesehen", kritisiert er. Dabei müsse die Frage in den Mittelpunkt rücken, wo überall PV zugebaut werden könne, um Klima-, Versorgungssicherheits- wie auch Kostenprobleme in den Griff zu bekommen.

Als einen Vorreiter in dieser Frage nennt Grabner Italien. Dort dürfen zum Beispiel laut einem Gesetz 300 Meter links und rechts von Autobahnen sowie 500 Meter rund um Industriegebiete PV-Anlagen errichtet werden, ohne langwierige Genehmigungsverfahren durchzumachen. Dadurch, so Grabner, sei der Ausbau deutlich beschleunigt worden. Österreich könne sich von dieser Regelung etwas abschauen. (Alicia Prager, 2.1.2024)