Mitmischen beim Verhärten gesellschaftlicher Fronten: Monika Gruber als Rednerin auf einer Demo gegen Heizungstausch und Wärmepumpen.
Mitmischen beim Verhärten gesellschaftlicher Fronten: Monika Gruber als Rednerin auf einer Demo gegen Heizungstausch und Wärmepumpen.
IMAGO/Smith

Sie richten sich gezielt an ein Publikum, das sich von all den neuen woken Anforderungen und aktuellen progressiven gesellschaftlichen und politischen Tendenzen abwendet, jene lächerlich und übertrieben findet, aufgebauscht und sowieso vor allem als eine Art gehirngewaschene Belästigung: Dieses Geschäftsmodell von Kabarettistinnen wie Monika Gruber, Dieter Nuhr, Lisa Eckhart oder Ricky Gervais ist einerseits höchst erfolgreich. Wenig überraschend: Es bringt ihnen – neben viel Beifall von konservativer und diskursübermüdeter Seite – von eben jenen Gruppen, die sie durch den Kakao ziehen, schon lange teilweise harte Kritik ein.

Ist Eckharts (31) Bühnenpersona klar als Kunstfigur zu erkennen, liegt die Sache bei Nuhr und Gruber anders. Nuhr (63) füllt das Klischee vom alten weißen Mann mehr als nur mit Leben, Gruber (52) ist das Pendant dazu: die alte weiße Frau, geerdet durch die rustikale Herkunft vom bayerischen Land, wo es noch "Hausverstand" gibt. Aus dem Privileg der Kunst, meinungstechnisch ausscheren zu dürfen und zu sollen, wird dabei zuweilen aber ein eher trotziges "Das muss mal einer sagen!" im Verhärten gesellschaftlicher Fronten. Im Juni des abgelaufenen Jahres trat Gruber bei einer Demo gegen das klimafreundliche Heizungsgesetz der deutschen Ampelkoalition auf, die Schutzzone künstlerischer Kommentar war damit verlassen. Die Veranstaltung bekrittelten manche als Plattform für rechte Ansichten.

Gegen Wärmepumpen

Woke, Grüne, "Wärmepumpenfetischisten" – gegen sie alle teilt Gruber auch in ihren Programmen sowie im 2020 mit dem Journalisten Andreas Hock geschriebenen und zum Bestseller gewordenen Buch "Und erlöse uns von den Blöden – Vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten" aus. Im Oktober ist (wieder mit Hock) der Nachfolgeband "Willkommen im falschen Film – Neues vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten" (beide im Piper-Verlag) erschienen. Erst jetzt sorgt er aber für Wirbel, nachdem die Hamburger Buchbloggerin Roma Maria Mukherjee in den sozialen Netzwerken auf Passagen daraus aufmerksam gemacht hat, in denen "rassistische und ehrverletzende (plus falsche) Behauptungen" über sie aufgestellt würden, wie sie beklagt.

Neben Breitseiten zu den Themen Gendern, Cancel-Culture und kulturelle Aneignung nennt Gruber Mukherjee eine "Tugendwächterin" und stößt sich besonders an einem ihrer Postings in den sozialen Netzwerken, in dem Mukherjee feststellte, "Rechtsextreme Frauen unterwandern aktuell aktiv auch die textile Hobbyszene (z. B. zum Thema Stricken)". 217 Gefällt-mir-Angaben habe Mukherjee dafür erhalten – was nun auch zu der Frage führt, warum Gruber eine Userin ohne große Breitenwirkung an den öffentlichen Pranger stellen muss. Mukherjee zählt auf X (vormals Twitter) mit rund 4.000 Followern tatsächlich nicht zu den Großmächten, sieht sich dort nun aber mit einer Hetzkampagne, Vergewaltigungs-, Morddrohungen konfrontiert.

"Shakren-Turnen"

Rassistisch beleidigt fühlt Mukherjee sich insbesondere durch die Formulierung der scheinbar verblüfften Gruber, "was jemand mit dem Namen 'Roma Maria Mukherjee' in der 'textilen Hobbyszene' treibt? Ich hätte sie eher beim tantrischen Shakren-Turnen oder einem veganen Urschrei-Seminar verortet." Geht es Gruber nun um eine Beleidigung oder um eine Pointe: Ihr Nachsatz – "aber das ist wahrscheinlich nur ein peinliches Klischee, dem ich als alte weiße Frau noch immer nachhänge" – legt nahe, dass sie sich des rassistischen Untertons sehr bewusst ist, aber nicht auf ihn verzichten mag.

Ist Gruber damit, trotz künstlerischer Freiheit, zu weit gegangen? Mukherjee stellte eine Klage wegen "falscher Tatsachenbehauptungen" und "übler Nachrede" in den Raum, laut Recherchen lag bis Donnerstag aber keine vor. Rechts-außen-Medien stellten sich jedenfalls auf Grubers Seite, sie würde "niedergeklagt".

Schmallippiger Verlag

Der Piper-Verlag reagierte schmallippig. Man setze sich "für Meinungsvielfalt und Toleranz" ein, erklärt ein Statement am Mittwoch. Gruber habe "einen öffentlichen Tweet satirisch thematisiert", doch hätten "weder die Autoren noch der Verlag die Absicht, jemanden persönlich zu verletzen". Das klingt wenig nach Einsicht, man wird aber "die entsprechende Passage für die nächste Auflage anpassen". Mitte Jänner soll diese erscheinen. Mit einer verkaufsstarken Autorin verscherzt es sich ein Verlag jedenfalls nicht gern.

Gruber profitiert derweil vom Trubel und postete am Mittwoch zu einem Bild ihres Buches: "No comment (...) Very fucking funny!" (Michael Wurmitzer, 29.12.2023)