Mann hört Musik während er seinen Schreibtisch aufräumt
Nicht nur Reinheit, auch Ordnung muss sein.
Getty Images

Mehr als 1453 ungelesene E-Mails im Postfach, 25 ungelesene Briefe auf dem Schreibtisch, und eigentlich dehnt sich die To-do-Liste auch nur in die Länge und wird nicht kürzer. Wem das bekannt vorkommt, der hat auch bestimmt schon oft gedacht: Heute räume ich endlich auf! Denn wer will keine Ordnung im Kopf und organisiert durch den Berufsalltag gehen? Keine tausende Erinnerungen mehr an Dinge, die man eh niemals erledigen wird (und eigentlich auch nicht will), und keine zig Notizzettel mehr mit Namen von Menschen, mit denen man sich eh nie treffen wird, um eine mögliche Zusammenarbeit zu besprechen.

Schön wär’s. Und jetzt kommt die gute Nachricht: Natürlich geht das, auch für die chaotischsten Personen mit Job. Vor allem die Jahreswende ist dafür immer ein passender Zeitraum, denn sie signalisiert einen Neuanfang. Also sollte man am besten auch das E-Mail-Postfach wieder updaten, Altpapier sammeln und wegschmeißen und das Kontakteregister neu anlegen. Schon die in den USA lebende Aufräumexpertin Marie Kondō ging in ihrem Buch Joy at work auf Studien ein, die zeigten, dass Menschen von Unordnung schnell überfordert sind und weniger oft die Initiative ergreifen.

Schreibtisch befreien

Das würde sie wiederum unproduktiver machen, denn immer alles erst suchen zu müssen und Aufgaben immer weiter zu stapeln könne die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen. Und wer dann das Gefühl bekommt, die Kontrolle zu verlieren, wird unzufrieden und unglücklich – auch mit der Arbeit.

"Ein Sammelsurium an persönlichen Gegenständen sollte man nicht auf dem Tisch sehen." – Gabriele Gutmann, Aufräumcoach aus Wien

Aber nicht nur Marie Kondō hat einigen verzweifelten Chaotinnen und Chaoten zum Glück verholfen. Auch in Österreich zeigen Professional Organizer oder Ordnungsexpertinnen und -experten Arbeitnehmerinnen und -nehmern, wie sie ihr Homeoffice gründlich von Ballast befreien können. Gabriele Gutmann, Aufräumcoach, und Regina Nicham, Arbeits- und Organisationspsychologin, haben dem STANDARD im Gespräch einige Herangehensweisen erklärt, im neuen Jahr voll mit Ordnung durchzustarten.

Zunächst gelte es für Arbeitende zu schauen: Wie sieht der eigene Schreibtisch überhaupt aus? Gutmann empfiehlt, genau zu analysieren, wie viele Stifte, Blöcke, Klammern und andere Büroutensilien herumliegen. Der nächste Schritt wäre, all jene Dinge vom Tisch zu entfernen, die es nicht im Tagesablauf braucht. Am Ende kann es sein, dass nur wenige Stifte, ein Block, ein Laptop und sonst fast nichts auf dem Tisch liegt.

"Ein Sammelsurium an persönlichen Gegenständen, die nicht für die Arbeit gedacht sind, sollte nicht zu sehen sein", sagt Gutmann. Weg also mit Autoschlüssel, Sonnenbrille und Krimskrams. Ausrangiertes legt man am besten in verschiedenen Klarsichthüllen ab und lagert diese in einer Lade. So müssen sie nicht gleich weggeworfen werden, aber lenken nicht ab.

Was ist noch brauchbar?

Dann geht es an die Unterlagen: Welche Akten können verschwinden? Und ist der Berg an Notizen mit Aufgaben noch brauchbar? Alte Mitschriften, Post-its und Ähnliches sollten entfernt werden, aus fast vollen Notizblöcken lässt sich Papier heraustrennen und noch aufheben.

Und wie gelingt es, dass nach einer Woche nicht wieder alles unübersichtlich verstreut herumliegt? Alles brauche eben seinen festen Platz, sagt Gutmann. Scheren in die Schublade, Bücher in das bestimmte Regal. Nur das, was konkret für die Arbeit hilft, sollte Einzug an den Arbeitsplatz finden. Für das E-Mail-Postfach gilt Ähnliches. Kategorisierte Ordner und farbliche Markierungen für E-Mails können helfen. Newsletter, die man schon vor Monaten nicht mehr gelesen hat, am besten gleich abbestellen.

Besen kehrt Papier in einen Mülleimer
Neues Jahr, neue Ordnung? Dann am besten nicht nur Gegenstände, sondern auch mentalen Ballast entfernen
Getty Images

Zu visualisieren und aufzuschreiben, was einem Energie raubt und was einem Kraft schenkt, empfiehlt Psychologin Nicham. Das sollte am besten wirklich konkret werden: zum Beispiel nicht nur "die Kollegen" als energieraubend identifizieren, sondern genau zu beschreiben, um welche Themen es geht und welches Verhalten dieser Personen zu Stress führt.

Ordnung im Kopf

Dann kommt es zum Handeln: Von manchen Kontakten ist es besser, sich zu trennen, und manche unliebsamen Aufgaben müssen womöglich gar nicht sein. "Wenn es Konflikte gibt, die noch nicht ausgesprochen sind, kann man diese versuchen aufzulösen und nicht mitzuschleppen", sagt Nicham, "und bei manchen Dingen ist es auch okay, sie in den imaginären Mülleimer zu werfen." Wer ein Problem nach dreimaligem Nachdenken immer noch nicht abgeschlossen hat, sollte aktiv an einer Lösung arbeiten. Ansonsten könne die Leistungsfähigkeit darunter leiden und man sich bei der Arbeit blockiert fühlen.

Allerdings eignet sich nicht nur das Jahresende, sondern auch jedes Monatsende für einen Selbstcheck. Was beschäftigt mich? Wie kann ich meine inneren Konflikte lösen? "Das ist wie mit einer Speicherkarte", sagt Nicham, "egal wie groß, irgendwann ist sie voll." Ausmisten führe ja auch schon dazu – eher im Homeoffice –, die Arbeit nicht ständig vor sich zu sehen und sich so leichter abgrenzen zu können. (Melanie Raidl, 01.01.2024)