Frauen arbeiten künftig länger: Mit 1. Jänner 2024 wird ihr Pensionsantrittsalter schrittweise angehoben.
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Im kommenden Jahr ist es so weit. Das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen wird, in relativ raschen Schritten, an jenes der Männer angeglichen. Gleichstellung, juhu! Ganz so, wie es der Verfassungsgerichtshof vor mehr als dreißig Jahren verfügt hat. Damals, 1992, war Johanna Dohnal Frauenministerin, eine sogenannte große Koalition aus SPÖ und ÖVP regierte, Kanzler war Franz Vranitzky. Und es bestand nicht nur im Frauenministerium die Hoffnung, dass in mehr als drei Jahrzehnten, wenn Frauen so wie Männer mit 65 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand treten, gleiche Rechte und gleiche Chancen für alle herrschen würden.

Faktum ist jedenfalls: Wir schreiben den Jahreswechsel 2023/24 – und von gleichen Chancen für Frauen in Österreich kann noch immer nicht die Rede sein. Sie werden im Pensionssystem zwar den Männern gleichgestellt – aber in ihrem gesamten Frauenleben davor keineswegs gleichbehandelt. Der Gender-Pay-Gap klafft, in Spitzenpositionen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung dominieren Männer. Nur in Berufen, in denen es wenig Geld für viel Anstrengung gibt, dominieren Frauen – etwa in der Pflege oder im Handel. Frauenpolitik tritt in vielen Bereichen seit Jahrzehnten auf der Stelle. Noch immer befassen wir uns, und das ist kaum zu fassen, mit den absoluten Basics in Sachen Gleichstellung: dem Thema Kinderbetreuung etwa.

Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria publizierte vor kurzem eine Eurostat-Grafik dazu. Konkret ging es um Ganztagsbetreuung von unter Dreijährigen in Europa im Jahr 2022: Da führt Dänemark mit 67,9 Prozent, gefolgt von Portugal (45,5) und Slowenien (42,1). Österreich liegt an viertletzter Stelle, dahinter nur Rumänien, die Slowakei und Tschechien. AMS-Chef Johannes Kopf kommentierte dazu auf X, vormals Twitter, bitter: "Ungleiche Bildungschancen, Fachkräftemangel, Frauenarmut, gläserne Decke, Gender-Pay-Gap, keine Wahlfreiheit – alles in einer Grafik."

Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen

Das neue Jahr bringt diesbezüglich zumindest Hoffnung. Im Rahmen des Finanzausgleichs bekommen die Länder 4,5 Milliarden Euro für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, hier vor allem mit dem Fokus auf die Schaffung einer Infrastruktur für Kinder unter drei Jahren. Aus welchen Motiven auch immer – man muss der ÖVP hier zugestehen, dass sie sich unter Kanzler Karl Nehammer entscheidend bewegt hat.

Trotzdem ist Skepsis angebracht: Die Geldgabe allein wird die Gesellschaft nicht verändern. Vor allem bei vielen Bürgermeistern in ländlichen Gemeinden – hier ist die Männerdominanz besonders hoch – muss ab sofort beständige Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Nein, Kindergärten sind keine Kinder-Aufbewahrungsstätten. Nein, Eltern, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, sind keine Rabeneltern. Nein, Kinder leiden nicht, sie lieben die Abwechslung. Übrigens: Väter, die Betreuungspflichten übernehmen, unterstützen ihre Partnerinnen nicht – sie erfüllen ihre Pflicht. Und im Übrigen ist das Geld nicht dazu da, Lücken zu stopfen – es geht konkret um den Ausbau der Ganztagsbetreuung.

Das Jahr, in dem die Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer beginnt, wäre auch ein gutes Jahr, um hier endlich einen Fortschritt für Frauen zu erzielen. Denn: It’s 2024, stupid. (Petra Stuiber, 29.12.2023)