Zum Schnittlauchbrot lässt sich nun auch eine Melange mit Haferdrink genießen.
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"Frau Agnes, 16 Uhr". Wie immer steht ein weißes "Reserviert"-Schild auf dem kleinen runden Tisch, schräg gegenüber der Kuchentheke. Auf den ersten Blick ist im Café Prückel alles wie immer. Vor wenigen Minuten hat das Kaffeehaus wiedereröffnet. Christl Sedlar ist in Pension, die neuen Geschäftsführer heißen Thomas Hahn und Manfred Stallmajer. Von dem Wechsel hinter den Kulissen ist am Eröffnungsmorgen wenig zu spüren. Die Fensterplätze sind bereits besetzt, die ersten Kaffeetassen werden auf den silbernen Tabletts an die Tische getragen.

Einiges hat sich aber doch verändert. Der Boden glänzt, der Duft von Reinigungsmittel hängt noch im Raum, Sedlars Arbeitstisch vor der Küche sieht ungewohnt aufgeräumt aus, die Poster an der gläsernen Zwischentür zum "Goldsaal" sind verschwunden. Ein Blick auf die neue, reduzierte Menükarte, die laminierte in Grün hat ausgedient, macht klar: Das Prückel ist dabei, sich zu modernisieren. Man wolle "neue Impulse setzen", heißt es auf dem dezenten Faltblatt.

Kaffee vom Barista

Gegendert wird da zwar noch nicht – doch es gibt nun "Kaffee vom Barista", "beste Produkte heimischer Lieferanten", alle Milchkaffees sind "auch mit Hafermilch erhältlich", wenn auch mit 50 Cent Aufpreis. Die Eierspeise? Sie besteht jetzt aus "drei Bio-Eiern". Sieht so der Untergang der Wiener Kaffeehauskultur aus? Oder ist das nicht eher ein zeitgemäßer Neuanfang?

Die Menükarte sieht etwas anders aus, ansonsten ist erst einmal vieles beim Alten geblieben.
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Doch erst einmal die Probe aufs Exempel: "Einen Caf­fè Lat­te mit Hafermilch, bitte." Der Kellner, ein bekanntes Gesicht, muss vertrösten. Man warte auf die Hafermilchlieferung. Nun gut, ist ja noch vor neun am Morgen. Dann eben ein Cappuccino und ein Schnittlauchbrot. Der Kaffee schmeckt besser als erwartet – ob das der neuen Siebträgermaschine zu verdanken ist? Eine halbe Stunde später steht dann auch eine Melange mit dem veganen Milchersatz auf dem Tisch. 5,30 Euro sind angesichts der hängenden Haferschaumhaube ein stolzer Preis, aber ja, daran wird sicher noch gearbeitet.

Das "neue Prückel" kommt aufgeräumter daher.
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Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss: "Die Rechnung, mit Karte, bitte." Das Prückel hatte angekündigt, dass nun auch mit Bankomatkarte gezahlt werden kann. Ganz so schnell geht's aber wohl nicht mit der Zeitenwende. Noch sei es nicht so weit, meint der Kellner. Man bitte um etwas Geduld. (Anne Feldkamp, 9.1.2024)