Den Vorsitz führt in beiden U-Ausschüssen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).
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Der Startschuss ist gefallen: Die beiden noch vor Weihnachten eingesetzten Untersuchungsausschüsse haben Donnerstagvormittag ihre Arbeit aufgenommen. Die U-Ausschuss-Teams der fünf Parlamentsparteien haben sich zu ihren konstituierenden Sitzungen getroffen und dort Arbeitsplan und Ladungslisten beschlossen sowie ergänzende Beweisverlangen eingebracht. Über die Bühne gehen werden die Ausschüsse erstmals in dem nach dem Physiker Erwin Schrödinger benannten Lokal 1 im neu sanierten Parlament.

Im Superwahljahr werden die zwei U-Ausschüsse parallel stattfinden – einer auf Betreiben der Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ, der andere auf Verlangen der ÖVP. Die wichtigsten Infos dazu in vier Kapiteln.

Video: U-Ausschüsse konstituierten sich.
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Der Untersuchungsgegenstand

Der von SPÖ und FPÖ einberufene Untersuchungsausschuss widmet sich der Covid-19-Finanzierungsagentur (Cofag). Konkret wollen Rote und Blaue die Milliardenzahlungen durch die Cofag unter die Lupe nehmen und untersuchen, ob der ÖVP nahestehende Unternehmer – insbesondere René Benko und Siegfried Wolf – bei der Vergabe von Corona-Geldern bevorzugt wurden. Im Kern geht es um die Frage, ob hierzulande eine Art "Zwei-Klassen-Verwaltung" existiert, in der etwa Milliardäre mit den richtigen politischen Verbindungen besser behandelt werden.

Die ÖVP wiederum will in dem von ihr im Alleingang initiierten U-Ausschuss einen möglichen "Machtmissbrauch" in einst von SPÖ und FPÖ geführten Ministerien untersuchen – konkret im Zeitraum zwischen 11. Jänner 2007 und 7. Jänner 2020. Die Volkspartei will der Frage nachgehen, ob von Rot oder Blau "öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes zweckwidrig verwendet wurden". Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag zählte Fraktionsführer Andreas Hanger mehrere Themen auf, denen er sich widmen will: darunter der Finanzskandal der FPÖ Steiermark, die Zeit von FPÖ-Chef Herbert Kickl als Innenminister sowie die Verbindungen von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) zu Unternehmer René Benko, für dessen in die Pleite gerutschte Signa-Gruppe er nach seiner Zeit in der Politik viele Jahre tätig war.

Die Zeugen

Laut am Donnerstag von SPÖ und FPÖ eingebrachtem Ladungsverlangen werden in den Cofag-U-Ausschuss unter anderen Signa-Gründer Benko, Wolfgang Peschorn, der Leiter der Finanzprokuratur, und Hans-Peter Weiß, Geschäftsführer der Bundesimmobilienagentur, geladen. Auch mehrere Funktionsträger von Benkos Signa Holding sowie der Cofag sollen geladen werden. Weiters von Roten und Blauen geladen werden mehrere Bedienstete oder ehemalige Bedienstete des Finanzministeriums.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer verwies am Donnerstag darauf, dass auf dem Ladungsverlangen vorrangig Namen von unbekannten Finanzbeamten stünden. "Wenn es um Promi-Schaulaufen geht, muss man zum U-Ausschuss der ÖVP gehen." Apropos ÖVP: Diese will in den Cofag-U-Ausschuss neben Ex-Kanzler Gusenbauer mehrere Aufsichtsräte der Cofag sowie den Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) als Auskunftspersonen laden.

Deutlich länger und prominenter besetzt ist in der Tat das Ladungsverlangen der ÖVP für ihren U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch". Laut dem Verlangen, das gleich mehrere Namensfehler enthält, will die Volkspartei 35 Personen laden, darunter von der SPÖ die Ex-Kanzler Christian Kern und Werner Faymann, die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, die ehemaligen Minister Josef Ostermayer, Jörg Leichtfried und Norbert Darabos sowie Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Seitens der FPÖ will die Volkspartei etwa die ehemaligen Minister Herbert Kickl, Norbert Hofer, Beate Hartinger-Klein und Mario Kunasek befragen. Weiters sollen die Meinungsforscherin Sabine Beinschab sowie Günther Ogris und Christoph Hofinger vom Foresight-Institut (ehemals Sora) befragt werden.

Der Zeitplan

Beiden U-Ausschüssen stehen jeweils sechs Befragungstage zur Verfügung stehen – und damit deutlich weniger, als das sonst der Fall ist. Der Cofag-U-Ausschuss soll erstmals am 6. März, jener zum "rot-blauen Machtmissbrauch" am 13. März tagen. In der Folge wird wochenweise gewechselt. Letzter Befragungstag ist der 25. April beziehungsweise der 8. Mai. Für beide Ausschüsse gibt es am 22. und 23. Mai außerdem einen Reservetag, der für allfällige Vorführungen und zur Feststellung des Endes der Beweisaufnahme reserviert ist. Keine vier Monate später ist dann schon wieder Schluss: Die letzte Sitzung beider Ausschüsse ist für 1. Juli geplant, dort sollen die Schlussberichte vorgelegt werden.

Beiden U-Ausschüssen bleibt also nur wenig Zeit. Die Verfahrensordnung würde zwar eigentlich eine Dauer von bis zu 20 Monaten zulassen, allerdings ist eine Verlängerung über den Juli hinaus praktisch ausgeschlossen. Denn laut Verfahrensordnung müssen U-Ausschüsse 83 Tage vor der Nationalratswahl ihre Tätigkeit einstellen. Sollte die in diesem Jahr anstehende Wahl wie vor fünf Jahren am 29. September stattfinden, müssten die Ausschüsse am 8. Juli ihre Tätigkeit beenden. Dadurch soll vermieden werden, dass die parlamentarischen Untersuchungen in die heiße Wahlkampfphase fallen.

Die Zusammensetzung

Beide Untersuchungsausschüsse bestehen jeweils aus 13 Mitgliedern. Fünf Abgeordnete sind von der ÖVP, drei von der SPÖ, je zwei von FPÖ und Grünen sowie ein Mandatar von den Neos. Für die ÖVP wird in beiden Ausschüssen der Abgeordnete Andreas Hanger als Fraktionsführer fungieren. Die SPÖ schickt den Mandatar Kai Jan Krainer als Fraktionsführer in den Cofag-U-Ausschuss und Vizeklubchefin Eva-Maria Holzleitner in den Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch". Das Team der FPÖ führen in beiden U-Ausschüssen Generalsekretär Christian Hafenecker und die Abgeordnete Susanne Fürst als Doppelspitze an. Die Grünen schicken die Abgeordnete Nina Tomaselli als Fraktionsführerin in den Cofag-U-Ausschuss, Mandatarin Meri Disoski wird das Team in dem von der ÖVP initiierten Ausschuss anführen. Für die Neos wird der Abgeordnete Yannick Shetty Fraktionsführer in beiden U-Ausschüssen.

Den Vorsitz führt in beiden U-Ausschüssen gemäß Verfahrensordnung Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Verfahrensrichterin ist in beiden Ausschüssen Christa Edwards vom Oberlandesgericht Wien, sie fungierte bereits im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss als stellvertretende Verfahrensrichterin. Ihre Stellvertreterin wird im Cofag-U-Ausschuss Jugendrichterin Beate Matschnig, in jenem zum "rot-blauen Machtmissbrauch" Verwaltungsrichter Wolfgang Köller.

Verfahrensanwalt, der über die Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen wacht, wird Michael Kasper. Er war bereits im U-Ausschuss zur Commerzialbank Mattersburg als Verfahrensanwalt und im Eurofighter-U-Ausschuss als stellvertretender Verfahrensanwalt im Einsatz. Dessen Stellvertreterin wird in beiden U-Ausschüssen die Anwältin Barbara Schütz. (Sandra Schieder, 11.1.2024)