Eine Koalition von fünf Organisationen hat am Montag einen Antrag auf interne Überprüfung der jüngsten Änderung der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen bei der Europäischen Kommission eingereicht. Die österreichischen NGOs Protect Our Winters und die Initiative für Klimarecht Claw sowie die niederländische Organisation Fossielvrij, Dryade aus Belgien und Opportunity Green aus dem Vereinigten Königreich kritisieren darin die Aufnahme von Luft- und Schifffahrt in die EU-Taxonomie als potenziell nachhaltige Investitionen.

Flugzeuge, die bestimmte Effizienzkriterien erfüllen, sollen in der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen als grün gekennzeichnet werden.
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Denn nach den neuen Kriterien der EU-Kommission können auch Flugzeuge und Schiffe, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, als nachhaltige Investition eingestuft werden, wenn sie bestimmte Effizienzkriterien erfüllen. Dies gefährde die Klimaziele der EU für 2030 und 2050, warnen die NGOs.

Neue Effizienzwerte für Flugzeuge und Schiffe

Die EU-Taxonomie legt fest, welche wirtschaftlichen Aktivitäten in der EU als ökologisch nachhaltig gelten. So sollen private Investitionen in nachhaltige Bahnen geleitet werden. Doch was per Gesetz als grün gelten soll, ist seit jeher umstritten: So werden etwa auch Atomkraft und die Energiegewinnung aus Gas von der EU als nachhaltige Investition eingestuft. Neben mehreren Umweltschutzorganisationen hatte auch das österreichische Klimaschutzministerium gegen diese Entscheidung geklagt.

Die EU-Kommission hatte die 2020 eingeführte Regelung mehrmals mittels delegierter Verordnungen angepasst. In der letzten Änderung, die im November 2023 veröffentlicht wurde, legte die Kommission technische Kriterien für die Luft- und Schifffahrt fest. Damit sollte die Finanzierung der Umstellung auf nachhaltigere Technologien erleichtert werden.

Flugzeuge mit einem maximalen Startgewicht zwischen 60 und 150 Tonnen gelten laut der EU-Taxonomie etwa als nachhaltig, wenn sie um zwei Prozent weniger CO2 emittieren als den Grenzwert der Internationalen Luftfahrtorganisation ICAO. Ab 2028 müssen Flugzeuge grundsätzlich mit nachhaltigen Flugtreibstoffen fliegen können, um das grüne Label der EU-Taxonomie zu erhalten. Für Schiffe gibt es eigene Emissionsgrenzwerte.

NGOs befürchten "Lock-in-Effekt"

Die NGOs kritisieren, dass diese Kriterien viel zu schwach angesetzt sind. So würden 100 Prozent der aktuellen Flugzeugbestellungen von Ryanair, Easyjet und Wizzair sowie 90 Prozent der Bestellungen bei Airbus bereits den neuen Nachhaltigkeitskriterien genügen. Auch riesige Kreuzfahrtschiffe wie die MSC World Europa, die mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden, würden als nachhaltig im Sinne der Taxonomie gelten, heißt es in einer Aussendung.

MSC World Europa im Meer, davor aktivisten auf Schlauchbooten, die Transparente hochhalten
Die MSC World Europa fährt mit Flüssiggas und stößt laut der Reederei um 20 Prozent weniger CO2 aus. Umwelt-NGOs ist das nicht genug, laut EU-Taxonomie reicht die Einsparung für ein grünes Label.
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Die EU-Taxonomie sei zwar entscheidend, um sicherzustellen, dass privates Geld im großen Stil in nachhaltige Aktivitäten fließt, sagt Florian Graber von der Initiative für Klimarecht Claw. "Zu schwach angesetzte Vorgaben fördern jedoch nur ein klimaschädliches 'business as usual', wie dies im Fall der technischen Kriterien für den Flug- und Schiffsverkehr geschehen ist. Wir können es uns nicht leisten, dass treibhausgasintensive Tätigkeiten gefördert und für weitere Jahrzehnte einzementiert werden", sagt Graber. Weil Flugzeuge und Schiffe eine Lebensdauer von 20 bis 50 Jahren hätten, seien die EU-Klimaziele ernsthaft gefährdet – es komme zu einem "Lock-in-Effekt".

Sogenannte delegierte Verordnungen kann die EU-Kommission weitgehend unabhängig erlassen, um bestehende Verordnungen zu präzisieren oder zu ergänzen. Gemäß der Aarhus-Verordnung können aber unter anderem NGOs einen Antrag auf interne Prüfung solcher Rechtsakte stellen. Wenn die EU-Kommission die Auflagen nicht überarbeitet, wollen die NGOs weiter zum Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ziehen. (pp, alp, 16.1.2024)