Texingtal – Im Oktober wurde für das Dollfuß-Museum in der Gemeinde Texingtal (Bezirk Melk), dem Heimatort von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), ein Konzept zur Auflösung bis 2028 vorgelegt. Am Museum wird kritisiert, dass es weitgehend dem in den 1930-Jahren diktatorisch regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß huldigt. Nun steht das Projekt auf der Kippe: Leihgeberinnen und Leihgeber des seit Anfang 2022 geschlossenen Museums haben via Brief an die Gemeinde um vorzeitige Übergabe ihrer Objekte an die Landessammlungen ersucht. Mehrere Stücke werden daher treuhändisch an das Land gehen, bestätigte Bürgermeister Günther Pfeiffer (ÖVP) am Dienstag auf Anfrage einen Onlinebericht der "Niederösterreichische Nachrichten" ("NÖN"). Die Auswirkungen der Aktion standen vorerst nicht fest.

Schild des Dollfuß-Platzes.
Neben dem Dollfuß-Museum in Texingtal steht auch der Dollfuß-Platz in der Gemeinde Mank in der Kritik.
APA/HDGÖ/LORENZ PAULUS

Laut dem Schreiben an die Gemeinde Texingtal, auf das sich die "NÖN" berufen, forderten Leihgeberinnen, unter ihnen auch Nachfahren von Dollfuß, die Objekte nicht, wie in dem im Vorjahr präsentierten Konzept der "konstruktiven Auflösung" vorgesehen, schrittweise zu entnehmen, sondern diese den Landessammlungen NÖ und damit der Kulturabteilung zu übergeben. Dort sollen sie wissenschaftlich "bearbeitet" werden. Bei mehreren Exponaten seien Herkunft und Besitzverhältnisse nicht klar. Dem Wunsch wolle man nachkommen, sagte Bürgermeister Pfeiffer zur APA. Wann die Übergabe genau erfolge und welche Auswirkungen der Schritt auf die Planungen haben werden, blieb offen. Verwiesen wurde auf laufende Gespräche, es sei "vieles im Fluss".

Frage, ob Konzept noch umsetzbar wäre

Von einem "guten Recht der Leihgeber, mit ihrem Eigentum so umzugehen, wie sie wollen", spricht Projektleiter Alexander Hauer im "NÖN"-Bericht. "Das Gute daran ist, dass die Objekte nicht in einem privaten Archiv verschwinden, sondern in einer öffentlichen Institution der Wissenschaft zur Verfügung stehen. Wir sind Teil der Wissenschaft und werden aufgrund dieses Umstandes das Konzept in den nächsten Wochen überprüfen und nachjustieren müssen. Das ist aber ein Umstand, der uns nicht überrascht", wurde Hauer zitiert. Auf APA-Anfrage fügte der Projektleiter hinzu, dass sich "in den nächsten Tagen und Wochen" herausstellen werde, was die nun geplante Übergabe von Objekten grundsätzlich bedeute sowie "ob und wie" das ursprünglich angedachte Konzept umsetzbar sein werde.

Im Oktober des Vorjahres war eine Neukonzeption der umstrittenen Einrichtung samt "konstruktiver Auflösung" bis 2028 präsentiert worden. Ab heuer sollten die rund 200 Objekte schrittweise und kuratiert entfernt bzw. an andere Institutionen weitergegeben oder an die privaten Leihgeber retourniert werden.

Pachtvertrag läuft bis 2028

2028 läuft der jetzige Pachtvertrag zwischen Gemeinde und der Dollfuß-Familie als Hausbesitzerin aus. Bis dorthin sollte laut dem Konzept in jährlichen Schritten die Auflösung erfolgen. Die Ausstellungsstücke sollten vor ihrer Entfernung quellenkritisch analysiert und erforscht werden, bevor sie an Partnerinstitutionen weitergereicht werden. Geplant war ein Prozess gemeinsam mit Bewohnern der Region sowie Personen aus dem künstlerischen und wissenschaftlichen Umfeld.

Texingtal ist die Heimatgemeinde von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), in der er vor seiner Berufung in die Bundesregierung auch Bürgermeister war. Das Museum im Geburtshaus des 1934 ermordeten austrofaschistischen Kanzlers war nach Karners Amtsantritt als Ressortchef in die Schlagzeilen gekommen. Im Mai 2022 wurde schließlich der Verein "MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk" von der Gemeinde, die als Trägerin des Museums fungiert, mit der Neukonzeption des Museums im Ortsteil Texing beauftragt. (ste, APA, 16.1.2024)