Texingtal – Das Dollfuß-Museum in der niederösterreichischen Gemeinde Texingtal macht seit mehreren Jahren Schlagzeilen: Zum einen ist das Museum weitgehend eine Huldigung an den in den 1930-Jahren diktatorisch regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß. Zum anderen war der aktuelle Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Bürgermeister in Texingtal und somit auch zuständig für das Museum – die Gemeinde hat einen laufenden Pachtvertrag mit der Familie Dollfuß.

Doch erst vor wenigen Jahren wurde der Beschluss gefasst, das Museum nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sich mit der Geschichte der Artefakte des Ex-Kanzlers Dollfuß ernsthaft zu beschäftigen. Beauftragt wurde ein Kuratorenteam aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, ein Konzept mit kritischer Auseinandersetzung zu erstellen und das Museum schrittweise bis 2028 aufzulösen, der STANDARD berichtete.

Ein Buch mit einem Titelblatt, auf dem Dollfuß zu sehen ist.
Leihgeberinnen und Leihgeber von Objekten im Dollfuß-Museum fordern eine sofortige Übergabe an das Land Niederösterreich.
imago/CHROMORANGE

Teilen der Bevölkerung dürfte aber nun genau das ein Dorn im Auge sein, denn: Viele Leihgeberinnen und Leihgeber von Objekten im Museum wollen nun die vorzeitige Rückgabe ihrer Ausstellungsstücke und die treuhändische Übergabe an das Land Niederösterreich, bestätigt der Historiker Remigio Gazzari, der Teil des Kuratorenteams ist, dem STANDARD. Ein entsprechender Brief, der den "Niederösterreichischen Nachrichten" zugespielt wurde, liegt der Gemeinde vor. Wie geht es nun mit dem Dollfuß-Museum weiter?

Abhängig von Objektübergabe

Für Gazzari ist das abhängig davon, wie die Gemeinde und das Land Niederösterreich weiter entscheiden. "Werden alle Objekte übergeben, dann kann das Konzept nicht mehr ausgeführt werden, da diese Hauptbestandteil unseres Projekts sind", erklärt Gazzari im Gespräch mit dem STANDARD. Eine entsprechende Entscheidung dazu soll am Freitag fallen.

Der Texingtaler Bürgermeister Günther Pfeiffer (ÖVP) betont auf Anfrage, dass aktuell Gespräche geführt werden und noch unklar sei, wie es mit dem Konzept weitergehe. Die Objekte sind laut Pfeiffer aber Eigentum der Leihgeberinnen und Leihgeber, und es sei "deren gutes Recht, zu tun und machen, was sie damit wollen". In die Erarbeitung des Konzepts war auch die Gemeinde als Pächterin des Museums eingebunden – der Ortschef war damals Unterstützer des Konzepts.

Mögliche Fortführung des Konzepts

Würde nur ein kleiner Teil aller Objekte an das Land übergeben werden, so könnte laut Gazzari das Konzept wie geplant ausgeführt werden. "Fehlen nur wenige Objekte aus der Sammlung, kann das Konzept in seiner jetzigen Form ausgeführt werden", sagt Gazzari. In den Prozess solle auch die Bevölkerung mit Workshops, Diskussionsrunden, temporären Ausstellungen und Filmabenden eingebunden werden.

Ziel des Konzepts ist die intensive Beschäftigung mit den Ausstellungsstücken und eine kritische Auseinandersetzung mit der Person Dollfuß. Kritikerinnen und Kritiker forderten eine sofortige Auflösung des Museums – das Kuratorenteam betonte stets, dass eine intensive Auseinandersetzung der bessere Weg als eine einfache Auflösung sei.

Bis 2028 läuft ein Pachtvertrag zwischen der Gemeinde und der Familie Dollfuß. Wie es nach dem Auflösungsprozess mit dem Geburtshaus von Dollfuß – ob mit oder ohne Konzept – weitergeht, ist laut Bürgermeister Pfeiffer noch offen. (Max Stepan, 17.1.2024)