Allzu viel Vorbereitung auf die Flughafentour war nicht mehr nötig. Rollfeld, Gepäckbänder, Abflughalle, Cockpit, Kontrollturm, Hangar. Mein zweijähriger Sohn ist ein Profi, was den Flughafen betrifft. Seit Monaten lesen wir fast täglich den Klassiker Der Flughafen aus der Wieso? Weshalb? Warum?-Reihe aus dem Ravensburger-Verlag vor – sein Lieblingsbuch. "Das ist ein Airbus, glaub ich", sagt er regelmäßig am Spielplatz und zeigt mit seinen kleinen Fingern rauf zum Himmel.

Flughafen Kind
Mehr als 101.000 Tickets verkauft der Flughafen jährlich für seine Besuchertouren.
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Und dennoch hat er die Flugzeuge, die ihn so begeistern, bisher noch nie aus der Nähe gesehen. Auf Urlaub oder zu den Großeltern sind wir bisher nur mit dem Zug oder dem Auto gefahren. Zum Glück gibt es für Flugzeugfans wie ihn eine Alternative: die Besuchertour am Flughafen Wien.

Schon in der S-Bahn auf dem Weg nach Schwechat drückt er sich die Scheibe an der Nase platt. "Wo sind die Flugzeuge?", fragt er ungeduldig. Dem bewölkten Himmel geschuldet, sehen wir tatsächlich kein einziges, bis wir mit dem Tourbus endlich auf das Rollfeld fahren.

Kinder Tourbus Flughafen Rollfeld
Beim Anblick echter Flugzeuge, die in die Luft steigen und auf dem Rollfeld landen, machen die Kinder große Augen.
Redl

Als wir dann einem echten Airbus ganz nahekommen, kann mein Sohn es kaum fassen. "Mama, das ist riesig!" Die Rundfahrt auf dem Rollfeld ist der erste Punkt der Tour, die Besucherinnen und Besucher für 23,90 Euro pro Erwachsenem und 17 Euro pro Kind buchen können. 101.700 Tickets wurden im Vorjahr verkauft. Die Hauptzielgruppe sind Schulen. "Aber auch Familien und Gruppen – vom Bienenzüchterverein bis zur Feuerwehr ist alles dabei", sagt Thomas Gamharter, der Leiter der Besucherwelt.

Schon die Sicherheitskontrollen, durch die alle durchmüssen, sind für die Kinder ein Highlight: ein Gerät, das die Taschen durchleuchtet, eine Tür, die piepst, wenn man durchgeht. Mein Sohn ist fasziniert.

Als dann auch noch Flugzeuge direkt vor unseren Augen starten und landen, kann mein Sohn sich nicht mehr auf seinem Sitz halten: "Schau, schon wieder eins!", ruft er und grinst über beide Ohren.

Spezialtouren

Unserem Busfahrer merkt man die Begeisterung für den Flughafen ebenfalls an. Er weiß genau, wo welche Maschine steht, wohin die Flüge gehen, woher die Flieger kommen und welche Besonderheiten seine großen und kleinen Mitfahrenden am meisten interessieren. Er lenkt geschickt über das Rollfeld. Wir sehen Flugzeuge, die tanken, be- und entladen werden.

Als Nächstes zeigt uns der Busfahrer die Feuerwehrstation am Flughafen und wir lernen, dass die Flughafenfeuerwehr in wenigen Minuten an jedem Ort am Flughafen sein kann.

Flugzeuge Flughafen Wien
Vor allem Schulklassen, Vereine und Familien besuchen die Flughafentouren.
IMAGO/Wolfgang Simlinger

Für spezielle Interessen gibt es besondere Angebote: die Feuerwehrtour, eine Werftführung bei der AUA, eine Night-Tour und im Februar und März sogar eine Tour durch das größte Passagierflugzeug der Welt, den A380 der Fluglinie Emirates, der Dubai mit Wien verbindet und in dieser Zeit einige Male am Flughafen Wien haltmacht. "Wir bieten auch die Möglichkeit, die First und die Business-Class des Fliegers zu besichtigen, in die man sonst nur mit einem teuren Ticket darf", sagt Gamharter.

Es ist auch ein Programm für Nerds. Die sogenannten Spotter sind eine eigene Community, die sich mit dem Sichten von Flugzeugen beschäftigt. "Im Sommer haben wir manchmal an einem Samstag bis zu 13.000 Menschen auf der Besucherterrasse, die nur zum Flugzeugeschauen kommen", sagt Gamharter.

Wir hören von der größten Solaranlage Österreichs und wie nachhaltig der Flughafen doch sei. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man glauben, wer mit dem Flugzeug fliegt, helfe gar der Umwelt.

Promis und ihre Flieger

Auf unserer Tour sind wir jetzt am Privatflughafen angekommen. Hier spitzen die Erwachsenen die Ohren. Unser Busfahrer weiß genau, welche Berühmtheiten hier ihre Privatflieger stehen haben, und erklärt uns: "Wer das nötige Kleingeld hat, ist mit 4000 Euro pro Stunde dabei." So viel kostet ein Privatjet all inclusive. Etwa die Band Iron Maiden ist hier schon mit ihrem Flugzeug gelandet – damals bot der Flughafen für besonders große Fans Spezialtouren zum Flugzeug an.

Während der Rundfahrt hören wir aus dem Lautsprecher nicht nur unseren Busfahrer, sondern auch eine Stimme, die uns bekannt vorkommt: Thomas Brezina. Er hat 2017 die Besucherwelt am Flughafen Wien neu konzipiert und mit seinem Unternehmen auch das Videomaterial selbst produziert. Es wird im Anschluss an die Bustour im sogenannten Erlebnisraum gezeigt. Dort können Besucherinnen und Besucher interaktiv die Reise eines Koffers am Flughafen verfolgen, die Position der Pilotinnen und Piloten während des Startens und Landens im Cockpit einnehmen, einen Blick aus dem Tower werfen oder 24 Stunden am Flughafen im Zeitraffer erleben.

Viele Emotionen

Warum ist die Faszination so groß? "Am Flughafen gibt es ein stetiges Treiben und Wuseln, 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche", sagt Gamharter. Außerdem wecke der Flughafen bei vielen Erinnerungen an frühere Reisen und eine Sehnsucht nach dem Wegfliegen, es herrsche eine gewisse Aufbruchsstimmung, in der Ankunftshalle gebe es viele Emotionen. "Das alles löst bei Groß und Klein Staunen aus."

Selbiges gilt auch für den Winterdienst. 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen dafür zur Verfügung, ebenso wie 90 Fahrzeuge für Schneeräumung und Flugzeug-Enteisung. 2,6 Millionen Quadratmeter müssen von Schnee und Eis befreit werden, dafür sind acht Meter breite Schneepflüge im Einsatz. Um eine Piste zu räumen, braucht es 16 dieser Fahrzeuge.

Schneepflüge liebt mein Sohn übrigens fast genauso sehr wie Flugzeuge. Als uns während der Bustour auf dem Rollfeld einer entgegenkommt, ist die Freude also doppelt groß. Bis heute erzählt er von seinem Besuch am Flughafen, und wenn wir sein Lieblingsbuch vorlesen, sagt er stolz: "Ich war auch schon mal am Flughafen, am echten." (Bernadette Redl, 23.1.2024)