Demonstrierende zeigen ein Schild mit der Aufschrift:
In Deutschland, wie hier in München, gehen nach den "Correctiv"-Aufdeckungen viele Menschen auf die Straße, um gegen die AfD zu protestieren.
IMAGO/Andreas Stroh

Die Zuversicht war dem deutschen Bundespräsidenten deutlich anzumerken. "Diese Menschen machen uns allen Mut. Sie verteidigen unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit", sagte Frank-Walter Steinmeier in einer Videobotschaft über die vielen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus.

Er ist nicht der Einzige, den der Protest Hunderttausender gegen die AfD in Deutschland beeindruckt. Robert Habeck, der Grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister, lobte auf X, vormals Twitter: "Was für eine Kraft, die von diesem Wochenende ausgeht."

Weniger begeistert zeigte sich jene Partei, gegen die sich die Demonstrantinnen und Demonstranten wenden. Thüringens AfD-Chef Björn Höcke erklärte auf X: "Bestellte Massen demonstrieren gegen die AfD."

Dazu zeigte er ein Bild von der Demo aus Hamburg, die das ZDF veröffentlicht hatte. Vor lauter Menschen ist die Alster nicht zu sehen, Höcke sieht daher "Bildmanipulationen" und höhnt, die Demonstrantinnen und Demonstranten müssten wohl "in" der Alster gestanden haben – was von der Deutschen Presse-Agentur (DPA) dementiert wurde. "Selbstverständlich" sei das Foto nicht manipuliert worden, es sei eine Frage der Perspektive.

Eigentlich versucht man in der AfD ja, seit die Rechercheplattform Correctiv über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern berichtet hatte, selbiges kleinzureden und zum "Privatreffen" zu deklarieren. Doch die Demonstrationen in Deutschland lassen die AfD dann nicht kalt.

Taschenlampen als "Fackeln"

Die Bild-Zeitung zitiert aus einem Video, das Höcke bei einer Veranstaltung im thüringischen Gera zeigt. Dort vergleicht er die Demos gegen die AfD mit den Aufmärschen der Nazis am Tag der Machtergreifung Hitlers (30. Jänner 1933): "Man hat zwar Taschenlampen, also Handyleuchten in den Himmel gehalten. Aber es sah so ein bisschen aus wie 1933 die Fackelmärsche der Nazis."

Dass die AfD die Ereignisse seit der Correctiv-Enthüllung über Pläne zur massenhaften Abschiebung von Migrantinnen und Migranten belasten, zeigt sich beim auch Interview, das in der ARD mit dem parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, geführt wurde. Er sieht eine "infame Kampagne, weil wir dabei sind, alle Wahlen zu gewinnen".

Dass AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Alice Weidel sich daraufhin von ihrem Referenten Roland Hartwig getrennt habe, habe nichts mit dem Treffen zu tun. Hartwig war einer der Teilnehmer im brandenburgischen Landhotel gewesen.

Diskussion um Verbot

Götz Kubitschek, Verleger, Vordenker der "neuen Rechten" und Vertrauter von Höcke, kritisierte die Partei- und Fraktionschefin für die Trennung: "Weidels Entscheidung ist Altparteienverhalten und hat dem Gegner Munition geliefert."

Bei den vielen Demonstrationen gegen die AfD am Wochenende wurde auch immer wieder ein Verbot der Partei gefordert. Noch haben sich Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung nicht positioniert. Diese drei können, gemeinsam oder einzeln, einen Antrag stellen.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), kann die Forderungen zwar verstehen, sagt aber auch: "Es ist noch zu früh, das abschließend zu beurteilen."

Sie will zunächst abwarten, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen darf. Das ist passiert, aber die AfD wehrt sich juristisch dagegen. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster (Nordrhein-Westfalen) wird für Ende Februar erwartet. Liegt ein Verdachtsfall vor, dann darf der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel wie Observation anwenden.

Die Überlegungen, wie man der AfD beikommen könnte, gehen aber auch in andere Richtungen. So fordert der Chef der deutschen Grünen, Omid Nouripour, ein Verbot der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative". Er sagt: "Das wäre ein wirksamer Schlag des Rechtsstaats gegen extremistische Strukturen."

Ein solches Verbot wäre einfacher auszusprechen als ein Parteienverbot, da die "Junge Alternative" als Verein organisiert ist. Für Vereinsverbote ist in Deutschland das Innenministerium zuständig.

Zu einer Konsequenz hat das von Correctiv aufgedeckte Geheimtreffen in Österreich geführt. An diesem hat, wie DER STANDARD berichtete, ein Arzt aus Kärnten teilgenommen. Laut Investigativplattform Dossier hat die Humanomed-Gruppe, die in Kärnten Gesundheitseinrichtungen betreibt, den Vertrag mit ihm beendet. (Birgit Baumann aus Berlin, 22.1.2024)