Ein Bürgermeister lässt eine gefälschte Rechnung für private Kosten aus der Stadtkassa bezahlen und bleibt im Amt. Ein Bürgermeister fantasiert über Vergewaltigungsrechte und bleibt im Amt. Ein Bürgermeister verdient Unsummen mit Widmungen in der eigenen Gemeinde und bleibt im Amt. Ein Bürgermeister vergewaltigt eine Frau – und selbst er tritt erst am Tag nach seiner Verurteilung zurück.

Die Sesselkleberei österreichischer Bürgermeister ist mehr als ein Imageproblem.
IMAGO/Sascha Steinach

Es sind vier Ortschefs, die wie nun der Vösendorfer Bürgermeister Hannes Koza (ÖVP) das Vorwürfe-Aussitzen als zentrale Kompetenz für ihr Amt verstehen – und denen mehr als 2000 Kolleginnen und Kollegen gegenüberstehen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Und dennoch ist die Sesselkleberei der österreichischen Bürgermeister mehr als ein von bedauerlichen Einzelfällen verursachtes Imageproblem.

Ganz offensichtlich fehlt ein Korrektiv. Die Parteien der betroffenen Bürgermeister können ihre Funktionäre entweder nicht zum Rücktritt bewegen – oder wollen das gar nicht. Auch in den Gemeinden dürfte es an Leuten mangeln, die dem Ortschef erklären, dass es so nicht weitergeht.

Sicher, Österreichs verkümmerte Rücktrittskultur ist nicht auf die Gemeinden beschränkt. (Wer jetzt an Wolfgang Sobotka denkt: Der ist im Herzen Kommunalpolitiker geblieben.) Aber auch anderen Bundes- und Landespolitikern machen Parteileute allzu oft die Mauer und stellen damit die Karriere Einzelner über das Ansehen des Amtes.

Aber es scheint, als würden auch viele Bürgerinnen und Bürger selbst einem problematischen Ortschef die Treue halten, weil er, Fehlverhalten hin oder her, ja ein netter Kerl sei. Offenbar hat die oft besungene Nähe zur Bevölkerung auch ihre Schattenseiten. Es wird Zeit, politische Verantwortung konsequent einzufordern – auch im eigenen Ort. (Sebastian Fellner, 23.1.2024)