Rund eine halbe Billion US-Dollar – so viel Geld wird laut Schätzungen der Weltbank für den Wiederaufbau der Ukraine notwendig sein. Die Summe wächst freilich stetig an. Nach wie vor hageln russische Bomben auf weite Teile des Landes, löschen Menschenleben aus und zerstören dabei Wohngebäude und Infrastruktur.

Investitionen in die Ukraine sind mit Risiko verbunden. Internationale Organisationen übernehmen deshalb für Private die Haftung.
IMAGO/Anastasiia Smolienko

Die westliche Staatengemeinschaft – allen voran die Europäische Union – plant schon jetzt den Wiederaufbau des Landes und sammelt finanzielle Mittel. Kurzfristig muss die überlebenswichtige kritische Infrastruktur wieder instand gesetzt werden, langfristig braucht das Land Kapital, um sich von den Folgen der Zerstörung zu erholen.

Auf großen internationalen Konferenzen, etwa in Lugano und London, sind mittlerweile rund 60 Milliarden Euro an Hilfe zugesagt worden. Allein die EU-Kommission will abseits der militärischen und budgetären Soforthilfen 50 Milliarden investieren, zum Teil als Zuschüsse, zu einem größeren Teil in Form von Krediten. Auch die USA und das Vereinigte Königreich machen mit.

Austro-Modell für Ukraine

Gefragt sind neben öffentlichen auch private Gelder, die aufgrund des Risikos einer weiteren Eskalation und neuerlicher Zerstörung nur stockend fließen. Internationale Organisationen wie die International Finance Corporation (IFC) sollen Privaten unter die Arme greifen, indem sie Haftungen für die Kredite übernehmen. Im Gegenzug erwartet sich die internationale Gemeinschaft von der Ukraine eine Stärkung des Rechtsstaats und eine effektive Korruptionsbekämpfung.

Auch Österreich beteiligt sich: In diesen Tagen sind gerade rund drei Dutzend Vertreterinnen und Vertreter ukrainischer Städte und Gemeinden sowie Ministerien in Wien, wo ihnen auf einer Tagung das österreichische gemeinnützige Wohnbaumodell nähergebracht wird, also konkret wie es aufgebaut ist und wie das System funktioniert.

Organisiert wurde die Konferenz von der International Organisation for Migration (IOM) und der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Co-Veranstalterin ist außerdem die Europäische Investitionsbank (EIB), die einen eigenen "Ukraine-Plan" verfolgt und im Zuge dessen einen zweistelligen Milliardenbetrag für den Wiederaufbau bereitstellt.

Sozialbau gegen Korruption

Die Konferenzteilnehmer besuchten am Mittwoch zwei große Wiener Stadtentwicklungsgebiete, nämlich das Nordbahnviertel und die Seestadt Aspern, außerdem stand ein Besuch bei Klaus Baringer auf dem Programm, dem Bundesobmann der Gemeinnützigen und Geschäftsführer des gemeinnützigen Bauträgers Gesiba, der der Stadt Wien gehört. Aus Gründen der Korruptionsprävention sei der EIB sehr daran gelegen, einen etwaigen ukrainischen Gemeinnützigensektor stark bei den Gebietskörperschaften zu verankern, erklärt Wohnbauforscher Wolfgang Amann, der auch Vortragender auf der Tagung ist.

Grundsätzlich stehe "institution building" im Vordergrund, erklärt Amann, also Hilfestellungen beim Aufbau von Organisationen und Institutionen für einen funktionierenden gemeinnützigen Sektor. Zu diesem Zweck wurde unter Federführung von Amanns Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) auch das österreichische Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), das in der heutigen Fassung im Wesentlichen seit 1979 besteht und im Lauf der Zeit zu einem fast schon unüberblickbaren Dschungel an Paragrafen wurde, auf das Wesentliche reduziert und ins Englische übersetzt.

Ein WGG für die Ukraine

Dieser österreichische Diskussionsbeitrag für ein ukrainisches "Common Good Housing Law" (so der englische Titel) ist sechs Seiten lang und enthält die allerwichtigsten Bestimmungen, wie jene über die Aufsicht über Genossenschaften sowie die wichtigsten Grundsätze der beschränkten Gewinnausschüttung und der kostenorientierten Mieten und Verkaufspreise sowie manche Compliance-Regelung.

Beim Projekt "Ein Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz für die Ukraine" handelt es sich außerdem um den österreichischen Beitrag für das "New European Bauhaus"-Programm der EU-Kommission, kuratiert vom Klimaschutzministerium, wie Amann erklärt.

Die ukrainische Reisegruppe bekommt bei den verschiedenen Workshops in einem Wiener Hotel aber nicht nur Input von österreichischer Seite, sondern hört beispielsweise auch etwas über das finnische und das irische Wohnbaufördermodell. Kooperationspartner ist hier auch Housing Europe, die europäische Dachorganisation der gemeinnützigen Wohnbauträger. (Martin Putschögl, Jakob Pflügl, 25.1.2024)