Seit 2020 gab es laufend große Kundgebungen gegen das De-facto-Verbot von Abtreibung in Polen.
Seit 2020 gab es laufend große Kundgebungen gegen das De-facto-Verbot von Abtreibung in Polen.
IMAGO/Mikolaj Janeczek

Vor drei Jahren setzte die rechte PiS-Partei eine besonders restriktive Regelung von Abtreibungen um. Und wie längst bekannt ist: Frauen sterben daran. Nachdem die PiS im Herbst 2023 abgewählt worden ist, könnte sich die Situation für Frauen in Polen nun endlich bessern.

Es wäre höchste Zeit: Die polnische Regelung zu Abtreibungen erlaubt derzeit den Schwangerschaftsabbruch nur im Falle von Vergewaltigung, Inzest und bei Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Frau. Das ließ Ärzte und Ärztinnen bisher oft zögern, eine Schwangerschaft abzubrechen – auch wenn sie damit das Leben der Frauen gefährdeten. Aus Sorge, sie würden sich strafbar machen, entschieden sie sich in den vergangenen Jahren in mehreren Fällen trotz Komplikationen nicht für eine lebensrettende Abtreibung.

Brachten die Proteste etwas? 

Polens neuer Premier Donald Tusk kündigte jetzt einen Gesetzesentwurf für ein Recht auf Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche an. Auch soll die Rezeptpflicht für die "Pille danach" wieder aufgehoben werden, für Mädchen ab 15 Jahren soll es einen rezeptfreien Zugang zu dem Medikament geben, das eine ungewollte Schwangerschaft verhindert. Doch in trockenen Tüchern ist noch nichts, erst muss das Parlament den Gesetzesentwurf verabschieden, und Polens konservativer und der PiS-Partei nahestehender Präsident Adrzej Duda muss das Gesetz in Kraft setzen. Duda ist Abtreibungsgegner. Aber immerhin: Es gibt begründete Hoffnung. Doch warum gibt es die erst jetzt?

Die Demonstrationen gegen das De-facto-Abtreibungsverbot in Polen waren von Anfang an riesig. Abertausende demonstrierten seit 2020 immer wieder, nach jedem Tod einer Frau wegen eines verwehrten oder zu späten Abbruchs flammten die Prostete erneut auf. Doch erst durch den von der Bevölkerung herbeigeführten Regierungswechsel gibt es nun eine greifbare Chance auf mehr Sicherheit für Frauen.

Warum hat die europaweite Empörung über die frauenfeindliche Politik der alten Regierung nichts geholfen? Warum auch nicht die zahllosen Massendemonstrationen gegen die Abtreibungsregelung? Zählt doch nur der Gang zur Wahlurne und nicht der auf die Straße? Nein, die riesigen Proteste können genau das bringen, was letztlich der Gamechanger ist: dass die Wähler:innen erkennen, welche konkreten Konsequenzen rechte Frauen- und Familienpolitik für ihr Leben haben. Dass Frauen auf ihre Funktion als Gebärende und Mütter reduziert werden, koste es, was es wolle.

In Polen war die Wahlbeteiligung mit 74,4 Prozent so hoch wie nie seit 1989. Frauen gingen im Herbst 2023 mit 74,7 Prozent noch öfter zur Wahl als Männer (73,1 Prozent).

Es kann rasch ernst werden

Die aktuellen Entwicklungen in Polen und die Jahre davor zeigen auch für das intensive Wahljahr in Österreich: Rechts wählen heißt, die Freiheit von Frauen beschränken. Es bedeutet eine Reduktion auf Mutterschaft. Und dieser Biologismus bedeutet auch eine konkrete Gefahr für queere und letztlich alle Menschen, weil durch sogenannte LGBTIQ+-Propagandaverbote, wie sie auch in Polen installiert wurden, schlichtweg falsche Informationen über Sexualität vermittelt werden.

Was in Österreich vielleicht noch amüsiert und entlang von Gendern-Verboten belächelt wird, die die FPÖ erfolgreich als ernsthafte Option in den Mainstream getragen und in Niederösterreich teils sogar umgesetzt hat, kann rasch in eine verdammt ernste Richtung gehen. Um das zu sehen, braucht man nur auf die jüngste Vergangenheit von Polen zu schauen. (Beate Hausbichler, 26.1.2024)