Weil Verteidigungsministerin Klaudia Tanner nicht mag, wurde Montagabend ein Beamter ihres Ressorts zu Armin Wolf in die "ZiB 2" geschickt, sie zieht es trotz mehrmaliger Einladungen vor, Wolfs Fragen nicht zu beantworten. Warum sie nicht mag, das wissen wir nicht. Ihr leitender Beamter Arnold Kammel, er ist Generalsekretär und verteidigungspolitischer Direktor im Verteidigungsministerium, macht seine Sache jedenfalls gut und freut sich bei Wolf, "Ihnen und den Zusehern die Inhalte des Risikobildes 2024 präsentieren zu dürfen", sagt er sehr höflich gleich zu Beginn.

Arnold Kammel, Generalsekretär und verteidigungspolitischer Direktor im Verteidigungsministerium, war Montagabend Gast bei Armin Wolf in der
Arnold Kammel, Generalsekretär und verteidigungspolitischer Direktor im Verteidigungsministerium, war Montagabend Gast bei Armin Wolf in der "ZiB 2".
Screenshot: ORF-TVThek

Mal schauen, wie lange diese Freude währt, vor allem, weil man nach Lektüre des 312 Seiten starken Berichts zum Risikobild "richtig Angst kriegen könnte", wie Armin Wolf vorausschickt. Geschildert werden viele Bedrohungsszenarien, denen das Bundesheer derzeit nicht gewachsen ist. Was also sagt ein Beamter zu diesen nicht sehr hoffnungsfrohen Szenarien? Schafft er es, uns zu beruhigen? Ist eh alles nicht so schlimm und will das Bundesheer mit seiner Risikoeinschätzung um mehr Geld werben? "Wir versuchen Trends zu skizzieren, auf die wir als Bundesheer entsprechend reagieren müssen", sagt Kammel und gibt Armin Wolf recht: "Es ist wahrscheinlich in der Vergangenheit mit Blick auf das Bundesheer zu wenig getan worden, um auf Risiken vorzubereiten."

Hoffnung als falsches Wort

Müssen wir also hoffen, dass die nächsten Jahre nichts passiert? "Hoffnung ist wahrscheinlich das falsche Wort", sagt Kammel da ganz trocken, ist weiterhin sehr höflich ("Gestatten Sie, noch einmal auf das Risikobild einzugehen"), beschreibt recht wortreich – Armin Wolf bittet danach um kürzere Antworten – den Aufbauplan des Bundesheeres und die Einbettung Österreichs in den europäischen Verbund und kommt zum Schluss: "Ich bin aber doch etwas optimistischer als Sie."

Er erklärt dann im schönsten Beamtensprech die Schwierigkeiten einer Teilmobilmachung der Miliz: "Es gilt generell für den Personalbereich auch im Bundesheer, dass wir hier Maßnahmen ergreifen müssen, um die Verteidigungsfähigkeit des österreichischen Bundesheeres auch entsprechend erhöhen zu können." Um dann doch in Werbesprech umzuschwenken, wenn er sagt, dass es dennoch gelinge, "mit Attraktivierungsmaßnahmen in einzelnen Bereichen noch immer genügend an personellen Ressourcen für das Verteidigungsministerium zu bekommen".

Personal und Gerät müsse man "Hand in Hand denken" so Kammel, kurz klingt er wie aus einer Werbebroschüre des Bundesheeres. "Es gilt auch, die geistige Landesverteidigung und damit die Resilienz unserer Gesellschaft in den Köpfen der Bevölkerung wieder stärker zu verankern." Braucht es verpflichtende Truppenübungen aus militärischer Sicht? Vertreter des Generalstabs würde diese Frage mit Ja beantworten, so Kammel. Er weist hier aber auch darauf hin, dass damit die Wehrpflicht verlängert würde und das auch Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte, "ob das das attraktivste Modell ist, bei dem auch die Bevölkerung zustimmt, das obliegt nicht mir zu beurteilen".

Video: Arnold Kammel zum Risikobild
ORF

Beamtenstatus

Später im Gespräch ging es noch um die Neutralität. Ob uns die militärische Neutralität nicht unsicherer mache, will Wolf wissen. "Es ist ein Faktum, dass die Neutralität uns letzten Endes nicht schützt", antwortet da Kammel, beim Thema Nato-Beitritt betont er wieder seinen Beamtenstatus. "Ich bin Beamter, ich bin auf die Gesetze dieser Republik auch entsprechend angelobt", das Bundesverfassungsgesetz von 1955 zur immerwährenden Neutralität schließe die Nato-Option klar aus. Auch in der Bevölkerung gebe es keine Mehrheit.

Die Regierung kündigte ja bis Ende letzten Jahres eine neue österreichische Sicherheitsstrategie an, bis jetzt gibt es sie noch nicht. Woran hakte es? Eine Antwort darauf bekommt Wolf nicht. Kammel – wieder ganz Beamter – versteht zwar Wolfs journalistisches Interesse an dieser Fragestellung, weist aber darauf hin, "dass das zuerst intern entsprechend ausdiskutiert wird". Immerhin: "Wir sind im Finale und auf einem guten Weg." Vielleicht ist ja dann doch auch für Klaudia Tanner der richtige Zeitpunkt für einen Besuch in der "ZiB 2". Wir werden sehen. Und dann schauen. (Astrid Ebenführer, 30.1.2024)