Der Archäometallurge Mathias Mehofer bereitet Hallstätter Metallfunde zur Beprobung vor.
Foto: VIAS/Mehofer

Die Gegend um Hallstatt im Salzkammergut ist Kern einer Unesco-Welterberegion und dürfte Österreichs älteste globalisierte Wirtschaftsregion sein. Das hier abgebaute Salz bot die Basis für den Handel mit Importwaren wie Kupfer und Zinn, ja sogar über Elfenbein und Gold verfügten die eisenzeitlichen Hallstätter Eliten. Wie weitläufig die Handelsnetzwerke im ersten Jahrtausend v. u Z. verflochten waren und wie sie sich im Laufe der Zeit veränderten, wird von Forschern der Uni Wien und des Naturhistorischen Museums (NHM) im Rahmen eines zweijährigen EU-geförderten Projekts ergründet.

Am Hallstätter Salzberg wurden schon in der Bronzezeit vor rund 3500 Jahren Schächte in den Berg getrieben, um an das begehrte Salz zu kommen. In der nachfolgenden Eisenzeit erlebte der Bergbau in Hallstatt eine Blüte, die durch die Funde im Gräberfeld des Hallstätter Hochtals reichhaltig dokumentiert ist. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden hier rund 1500 Gräber freigelegt. Die Bedeutung der Fundstelle führte dazu, dass die ältere Eisenzeit von 800 bis rund 450 v. u Z. in Mitteleuropa als Hallstattzeit bezeichnet wird.

Von Afrika bis zur Ostsee

Unter den Funden aus dem Gräberfeld sind auch tausende Metallobjekte – Gegenstände des Alltags ebenso wie Luxuswaren. Prächtige Eisenschwerter mit bernsteinverzierten Elfenbeingriffen zeigen, dass es Netzwerke gegeben haben muss, die weit über die Ostalpenregion hinausreichten. Schließlich stammt das Elfenbein von afrikanischen Elefanten und dürfte über Italien nach Hallstatt gehandelt worden sein, während der Bernstein von der Ostsee kommt. Jedoch fehlten bis dato Untersuchungen mit modernen archäometallurgischen Methoden. Mathias Mehofer vom Vienna Institute for Archaeological Science (VIAS) an der Universität Wien will nun den Beigaben des Gräberfelds über den geochemischen Fingerabdruck Informationen über ihre Herkunft entlocken. Die Metallfunde waren immer schon da und publiziert, sagt Mehofer – doch "aufgegriffen und analysiert hat es bisher noch keiner".

Ein Dolch mit goldenen Griffschalen wird mittels transportabler Laser-Ablationstechnik beprobt. Dabei wird im Mikrometerbereich Material abgedampft.
M. Mehofer/Universität Wien

Gemeinsam mit den Prähistorikern Georg Tiefengraber und Karina Grömer vom NHM untersucht der Archäometallurg nun die Signaturen der Metalle der Grabbeigaben – Waffen, Werkzeuge und Schmuck. Mit der Röntgenfluoreszenzanalyse wurden die Mengengehalte von Elementen wie Zinn, Blei, Silber, Gold, Arsen, Antimon, Bismut, Cobalt und Nickel im Metall untersucht, mit dem Massenspektrometer die Verhältnisse der Bleiisotope im Kupfer bestimmt. Während der späten Bronzezeit am Ende des zweiten Jahrtausends v. u. Z. wurde in Hallstatt Kupfer auf Chalkopyritbasis für die Herstellung von Metallgegenständen verwendet. Doch im folgenden Zeitabschnitt ab etwa 900 oder 800 v. u. Z. war vermehrt Fahlerz die Basis für das Kupfer.

Während das Chalkopyritkupfer den Analysen zufolge wohl aus dem relativ nahen Hochkönig-Mitterberg-Gebiet in Salzburg, aber auch über weitere Strecken aus dem Trentino und aus Südtirol nach Hallstatt geliefert wurde, wurde für das Fahlerzkupfer noch keine Quelle identifiziert. Dies können erst weitere Auswertungen klären, sagt Mehofer: In der beginnenden Eisenzeit wurde offenbar auch verstärkt Recycling durch Wiedereinschmelzen ein Thema, was dazu führt, dass die Spurenelementsignatur diffuser wird und sich verliert.

Im ersten Schritt wurden die Bronzen mittels tragbarem Röntgenfluoreszenzanalysegerät untersucht, um Informationen zur chemischen Zusammensetzung des Metalls zu gewinnen.
A. Rausch/NHM Wien.

Die Analysen belegen jedenfalls eine Veränderung der Bezugsnetzwerke für das Kupfererz. "Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die spätbronzezeitlichen Bergwerke, die Chalkopyritkupfer lieferten, allmählich erschöpft waren und neue Kupferquellen erschlossen werden mussten, um den Betrieb im Salzbergwerk aufrechtzuerhalten", erklärt der Forscher. Das später genutzte Fahlerzkupfer enthält mehr Arsen und Antimon, was die Materialeigenschaften des Kupfers verändere.

Außerdem zeigt sich ein im Lauf der Zeit sinkender Zinngehalt in den Objekten. Das Metall ist für die Herstellung von Zinnbronze von entscheidender Bedeutung und musste über große Distanzen herangeschafft werden, zum Beispiel aus Cornwall, Spanien, dem Erzgebirge oder vielleicht sogar aus Zentralasien. Die Analysen zeigen eine Verknappung des Zinns in der Legierung. "Wir können daraus schließen, dass sich auch diese Fernhandelsnetzwerke änderten", sagt Mehofer.

Gelöschte Signatur

Beim Gold ist die Nachverfolgung der Herkunft schwieriger. Das wertvolle Metall wurde wiederverwendet und mit Gold aus anderen Quellen eingeschmolzen. Fast immer ist die ursprüngliche geochemische Signatur deshalb überprägt oder gelöscht, sagt Mehofer. Man unterscheidet daher nur verschiedene Goldkreisläufe, im Fall von Hallstatt handelt es sich wohl meist um die Goldzirkulationssignatur des Ostalpenbereichs.

Mit der minimalinvasiven mobilen Laser-Ablation wird mit Laserstrahlen Material abgedampft. Die dabei entstehenden "Löcher" liegen im Bereich von 120 Mikrometern und sind nur unter dem Mikroskop sichtbar. Die so gewonnenen Proben wurden am Curt-Engelhorn-Zentrum in Mannheim mit einem Massenspektrometer analysiert. Die Ergebnisse sollen zeigen, aus welchen Kreisläufen das Gold bezogen wurde und ob es mit Depotfunden der Zeit chemisch vergleichbar ist. (Michael Vosatka, 30.01.2024)