Porträt Putin
Ist Imperialist, und handelt danach: Russlands Präsident Wladimir Putin.
Foto: AP / Kreml

Das Bundesheer müsse "kriegsfähig" werden, hieß es bei der Vorstellung des neuen "Risikobildes" durch die Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und hohe Offiziere.

Mit einer solchen Hammeraussage wäre man vor ein paar Jahren in der Öffentlichkeit noch verlacht oder verjagt worden. Der Überfall Wladimir Putins auf die Ukraine hat das alles verändert. Man hat sich die längste Zeit Illusionen über den russischen Alleinherrscher gemacht. Aber jetzt steht fest: Putin ist ein russischer Imperialist, und er handelt danach. Die russische Politik läuft seit jeher auf Dominanz zumindest in Ostmitteleuropa hinaus.

Putins "Rationalität"

Was ist unter diesen Umständen die Gefährdungslage für das neutrale EU-Mitglied Österreich? Der Begriff "kriegsfähig" muss differenziert gesehen werden. Die hohen Offiziere, die das "Risikobild" vorstellten, sprachen eher von "hybriden Bedrohungen" wie Cyberkrieg, Desinformation, aber auch Unterbrechung von Lieferketten, denen sich Europa ausgesetzt sieht (übrigens: Seit Ministerin Tanner ihren Leuten eine viel offenere Infopolitik erlaubt hat, muss man die Analysekompetenz in den hohen Rängen des Heeres anerkennen). Dennoch hieß es auch bei der Präsentation, eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen der EU und Russland sei nicht auszuschließen.

Was heißt das genau? Denkbar, dass Putin, der in den Grenzen einer eigenen, nichtwestlichen "Rationalität" denkt, Lust bekommen könnte, einen "Aufstand" der russischstämmigen Bevölkerung (bis zu 25 Prozent) in den Baltenstaaten anzuzetteln, um dann trotz ihrer Nato-Mitgliedschaft zur "Rettung russischen Blutes" zu intervenieren. Wie ernst derlei genommen wird, zeigt die Tatsache, dass die deutsche Bundeswehr derzeit eine Brigade in Litauen stationiert.

Gefährdungslage für Österreich

Und Österreich? Schon länger für möglich gehalten wird im Bundesheer folgendes Szenario: Russland besiegt die Ukraine oder erobert zumindest jenen Teil, der an Ungarn (und die Slowakei) grenzt. Beide Länder sind zwar in der Nato, aber zumindest Viktor Orbán ist extrem Putin-freundlich und von russischer Energie abhängig.

Was ist, wenn er – gezwungen oder freiwillig – die Grenzen gegenüber der russischen Armee aufmacht? Dann haben wir die Russen an unserer Grenze. Wenn wir dann vielleicht auch noch eine Regierung der FPÖ haben, die man als russische Einflussagenten bezeichnen kann, ist es mit der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit Österreichs rasch vorbei. Wir werden ein russischer Vasallenstaat.

Verdeckter "Einflusskrieg"

Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. In Österreich hat man sich bisher selbst belogen und Putin einen "guten Diktator" sein lassen. Die Abhängigkeit vom russischen Gas besteht nach wie vor, obwohl wir angeblich für Alternativen gesorgt haben.

Russland wird höchstwahrscheinlich nicht in Österreich einmarschieren. Aber das muss es nicht, wenn es mit energiewirtschaftlichem Druck, mit verdecktem "Einflusskrieg", auch mit militärischer Drohung und eben einer russlandhörigen FPÖ-Regierung sein Ziel erreicht. Dieses Ziel ist die Dominanz in Europa. In diesem Sinn muss nicht nur das Bundesheer, sondern ganz Österreich zunächst einmal "kriegsfähig" werden, auch um Bedrohungen unterhalb der Kriegsschwelle bekämpfen zu können. (Hans Rauscher, 30.1.2024)