Es habe "ein Zeitl" gedauert, gibt die grüne Klubchefin Sigrid Maurer zu. Zum ersten Mal hätte der grüne Abgeordnete Walter Geyer die Abschaffung des Amtsgeheimnisses im Parlament gefordert – im Jahr 1987. Umso mehr freue sie sich "einfach wahnsinnig", dass man das Informationsfreiheitsgesetz nun im Nationalrat beschließen könne, sagte Maurer vor der Abstimmung über die Reform im Nationalrat.

"An jeder Ecke der Republik" habe sich jemand gefunden, "der einen Grund fand, warum dieses Informationsfreiheitsgesetz so eine schlechte Idee ist." Schlussendlich habe sich aber die Hartnäckigkeit von Zivilgesellschaft und Politik ausgezahlt.

Weitwinkel-Aufnahme im Sitzungssaal des Nationalrats
Der Nationalrat stimmte am Mittwochabend mit Zweidrittelmehrheit für das Informationsfreiheitsgesetz.
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"Ein guter Kompromiss"

Für SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried ist das Gesetz "ein guter Kompromiss, der eine wesentliche Änderung in Österreich gebracht hat". Nicht zuletzt, weil die Sozialdemokratie bei den Verhandlungen für die notwendige Zweidrittelmehrheit Verbesserungen durchgebracht habe: etwa einen Schutz für recherchierende Journalisten vor einem "Outing" im Anfrageverfahren und eine Stärkung des Fragrechts für Abgeordnete im Parlament.

Klar sei, dass alle, "die heute gegen dieses Gesetz stimmen werden, auch gegen mehr Transparenz stimmen", richtete Leichtfried scharfe Kritik an FPÖ und Neos, denen der Entwurf nicht weit genug geht.

Kogler "naiv oder zu lange in der Regierung"

Aus Sicht des pinken Vizeklubchefs Nikolaus Scherak ist der Gesetzestext nämlich "das traurige Ergebnis eines sehr schwachen Kompromisses". Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte am Vormittag im Gesetz einen 99-prozentigen Erfolg gesehen. Wer das glaube, "ist entweder ein bisschen naiv oder schon zu lange in der Bundesregierung", befand Scherak.

Die Kritikpunkte der Neos sind zahlreich: Die Ausnahme für kleine Gemeinden von der Pflicht, Informationen aktiv zu veröffentlichen, sei etwa "sachlich vollkommen ungerechtfertigt". Und weil es bei der Ablehnung von Anfragen keinen automatischen Bescheid von Behörden gibt, schaffe die Regierung außerdem "eine Zweiklassengesellschaft von Menschen, die sich juristisch gut auskennen und jenen, die das nicht tun". Schließlich brauche es einiges an Fachwissen, um einen Bescheid zu verlangen und diesen vor Gericht zu bekämpfen.

"Das ist jetzt" (nicht) "richtig geil"

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger schloss sich Scheraks Kritik wenig überraschend an – und erweiterte sie um die Einschätzung, dass man nach all den Jahren des Verhandelns die Chance gehabt hätte, "wirklich etwas Großes zu schaffen. Sodass wir sagen hätten können: Das ist jetzt richtig geil." Das sei aber nicht passiert.

Harald Stefan (FPÖ) sagte, die Freiheitlichen würden das Anliegen "grundsätzlich" unterstützen. Allerdings seien viele der zu beschließenden Inhalte durch die Judikatur schon "weitgehend umgesetzt". Ein paar Mängel würden die FPÖ aber "massiv stören", etwa der erwähnte Umstand, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohnern Informationen nicht von sich aus veröffentlichen müssen. "Daher lehnen wir das heute ab", schloss Stefan.

Karoline Edtstadler im Parlament
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler verteidigte das Informationsfreiheitsgesetz routiniert.
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Haar in der Suppe

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) war merklich schon geübt darin, die türkis-grüne Regierungsvorlage zu erklären und zu verteidigen – und ließ sich von den teils scharf formulierten Einwänden nicht beirren: "Die Kritik, die hör ich wohl – alleine: Lassen wir uns den Erfolg, den Durchbruch, der uns mit dem heutigen Beschluss gelingt, nicht nehmen." Wer immer ein Haar in der Suppe suche, "na, dem wird die Mahlzeit wohl nicht schmecken".

Mit dem Beschluss beginne die Arbeit an anderer Stelle allerdings erst, merkte Edtstadler noch an: Denn schließlich werde auf das Amtsgeheimnis noch in "zig" anderen Gesetzen verwiesen. Das gelte es nun zu bereinigen. Der Gesetzgeber hat sich dafür Zeit gegeben: Das Informationsfreiheitsgesetz tritt erst am 1. September 2025 in Kraft. (Sebastian Fellner, 31.1.2024)