René Benko
Das Innsbrucker Landesgericht muss in den nächsten Wochen entscheiden, ob auch gegen Benko persönlich ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird.
Marcel Kusch / dpa / picturedesk

Für René Benko wird es endgültig persönlich. Wie DER STANDARD am Mittwoch berichtete, hat die Republik Österreich einen Insolvenzantrag gegen den Immobilienunternehmer gestellt. Ob tatsächlich ein Verfahren eingeleitet wird, ist derzeit offen.

Frage: Was ist bisher bekannt?

Antwort: Die Finanzprokuratur, so etwas wie die Anwältin der Republik Österreich, hat beim Landesgericht Innsbruck einen Insolvenzantrag gegen Signa-Gründer René Benko eingebracht. Es geht in dem Antrag nicht um eine von Benkos zahlreichen Gesellschaften, sondern um ihn persönlich.

Frage: Wie ist es zu dem Insolvenzantrag gekommen?

Antwort: Dem Vernehmen nach hat die Finanz Benko im Zusammenhang mit seiner Einkommenssteuer eine Nachzahlung vorgeschrieben. Sein Steuerberater soll einen Stundungsantrag gestellt haben; das ist oft üblich, bei Benko soll es aber das erste Mal gewesen sein. Dieser Antrag wurde abgewiesen, die Zahlung wurde daher Ende des Vorjahres fällig – und die Republik soll flugs den Insolvenzantrag gestellt haben. Bei der Steuernachzahlung soll es um etwas weniger als zwei Millionen Euro gehen – einen im Vergleich zu Benkos Vermögen und zur Signa-Pleite relativ niedrigen Betrag.

Frage: Warum stellt die Republik den Insolvenzantrag? Was ist der Vorteil?

Antwort: Ein Insolvenzverfahren soll garantieren, dass von mehreren Gläubigern keiner bevorzugt wird und das Vermögen des Schuldners gerecht unter ihnen aufgeteilt wird. Dass Benko um eine Steuerstundung ansuchte, im Insolvenzverfahren der Signa-Gruppe aber gleichzeitig Geld nachschoss, dürfte bei der Finanz für Misstrauen gesorgt haben. Offenbar hatte man Angst, leer auszugehen bzw. gegenüber anderen Gläubigern und Kreditgebern benachteiligt zu werden.

Frage: Ist nun auch Benkos Privatvermögen betroffen?

Antwort: Der Insolvenzantrag bezieht sich auf Benko persönlich. Käme es zu einem Insolvenzverfahren, wäre sein gesamtes Vermögen Teil der Insolvenzmasse, erklärt Cornelia Wesenauer vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) dem STANDARD.

Frage: Wie geht es in dem Verfahren weiter?

Antwort: Das Landesgericht Innsbruck hat den Insolvenzantrag formal geprüft und beraumt einen Gerichtstermin an (Einvernehmenstagsatzung), zu dem auch Benko geladen ist. Dabei sollen die Vermögensverhältnisse des Schuldners geklärt und festgestellt werden, ob er tatsächlich zahlungsunfähig ist.

Frage: Wie lange dauert es, bis das Gericht über den Antrag entschieden hat?

Antwort: Das ist schwer zu sagen. Üblicherweise läuft das Prozedere wie folgt ab: Zunächst klärt das Gericht, ob es für den Schuldner überhaupt örtlich zuständig ist. In einem zweiten Schritt prüft das Gericht den Antrag inhaltlich. Sollte es tatsächlich ein Insolvenzverfahren einleiten, hat der Schuldner noch die Möglichkeit, ein Rechtsmittel dagegen zu erheben. Dieses Rechtsmittel hätte aber keine aufschiebende Wirkung. Das Insolvenzverfahren würde also einstweilen starten.

Frage: Was passiert, wenn René Benko doch noch zahlt?

Antwort: In diesem Fall könnte die Republik ihren Insolvenzantrag zurückziehen, das gilt aber als eher unwahrscheinlich. Theoretisch könnte das Gericht das Insolvenzverfahren auch aus anderen Gründen eröffnen – oder den Antrag ablehnen.

Frage: Wie würde es im Fall eines Insolvenzverfahrens weitergehen?

Antwort: Sollte das Insolvenzverfahren tatsächlich eröffnet werden, würde das Gericht einen Insolvenzverwalter bestellen und Benko die Eigenverwaltung über sein Vermögen entziehen. Der Insolvenzverwalter müsste dann einen vollständigen Einblick in die Vermögenslage des Schuldners bekommen. In weiterer Folge würde sich die Frage stellen, wie die betroffene Person, also Benko, entschuldet werden kann. Denkbar wäre dann auch eine Verwertung seines Vermögens.

Frage: Was sagen die Beteiligten?

Antwort: Das Gericht verweist darauf, dass es sich um ein nicht-öffentliches Verfahren handelt. Benkos Anwalt gab dem STANDARD bislang keine Stellungnahme.

Frage: Bei mehreren Signa-Gesellschaften läuft bereits ein Insolvenzverfahren. Könnte Benko auch hier persönlich haften?

Antwort: Bei Gesellschaften herrscht grundsätzlich das Trennungsprinzip. Das bedeutet, dass die Eigentümer – also die Gesellschafter – nicht für die Schulden der Gesellschaft haften. Ein sogenannter Haftungsdurchgriff auf die Eigentümer ist nur in Ausnahmefällen möglich – etwa bei Fehlverhalten oder wenn sich das Privatvermögen und das Vermögen der Gesellschaft vermischt haben. Vor allem die Insolvenzverwalter habe nun die Aufgabe, etwaige Ansprüche gegen Benko und andere Eigentümer zu prüfen. (Renate Graber, Jakob Pflügl, 1.2.2024)