Migration, Sicherheit, EU-Skepsis – das sind Themen, die den anstehenden Wahlkampf der Freiheitlichen dominieren werden. Durchforstet man das aktuelle blaue Parteiprogramm, das allerdings schon älter ist, hingegen nach dem Stichwort "Klima", spuckt das Dokument null Treffer aus. DER STANDARD wollte dennoch wissen, welche Klimaschutzagenda die Blauen verfolgen würden, sollten sie Teil der nächsten Regierung werden. Die Klimapolitik der FPÖ ist der Auftakt zu einer STANDARD-Serie zum Thema Klima im Wahlkampf, in der auch die übrigen Parteien befragt werden sollen.

Fest steht: Für die FPÖ muss es ohne Zwang und ohne Verbote gehen. Klimapolitik, die einschränken könnte? Fehlanzeige. Stattdessen wollen die Blauen Autofahrern den Rücken stärken. "Umweltpolitik mit Hausverstand" lautet der Slogan, mit dem die FPÖ in den Wahlkampf ziehen will. Also Klimapolitik "abseits von ideologiegetriebenen Selbstbeschränkungen", erklärt FPÖ-Klimasprecher Walter Rauch.

Herbert Kickl bei einer Rede im Nationalrat.
Die FPÖ macht sich nicht viel aus Klimapolitik. Sie will "Umweltschutz mit Hausverstand" betreiben.
APA/EVA MANHART

Was sich die Partei darunter vorstellt? In erster Linie bloß keine Einschränkungen im Straßenverkehr. Die Partei sei gegen "sinnlose Tempolimits", wie Rauch sagt: Die Straßenverkehrsordnung gebe auch ohne Verbotsschilder die Höchstgeschwindigkeit vor. In dieser steht, dass Fahrzeuglenker nur so schnell fahren dürfen, dass sie ihr Fahrzeug ständig beherrschen. Die Blauen können sich in Anbetracht neuer Assistenzsysteme vorstellen, bestehende Tempolimits "moderat anzuheben". Was dabei unerwähnt bleibt: Schnellfahren steigert nicht nur den Abgasausstoß, sondern erhöht auch die Zahl der Verkehrsunfälle.

Auch ein fixes Enddatum für Verbrenner lehnen die Freiheitlichen entschieden ab. Der Slogan macht sich gut im Wahljahr, die Entscheidung liegt aber nicht nur bei nationalen Regierungen: Zwar können Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob sie Verbrennern frühzeitig Adieu sagen wollen, ein Enddatum gibt es vonseiten der EU dennoch: Ab 2035 sollen keine Verbrenner mehr zugelassen werden.

Auch eine Ökologisierung der Pendlerpauschale lehnt die FPÖ wenig überraschend ab. Stattdessen solle die Förderung valorisiert werden, so Rauch. Von einem Abbau klimaschädlicher Subventionen bliebe demnach wenig übrig.

Klimaticket beibehalten

Tatsächlich Emissionen senken wollen die Freiheitlichen durch den Ausbau der Erneuerbaren – vor allem in den Bereichen Wasserkraft, Sonnenenergie und Biomasse. Auch der öffentliche Verkehr soll ausgebaut werden – was allerdings nicht zulasten des Individualverkehrs geschehen dürfe. Das Klimaticket, das die FPÖ noch unlängst aufgrund seiner "gravierenden" Kosten für Bund und Steuerzahler kritisiert hatte, würde die Partei im Fall einer Regierungsbeteiligung beibehalten.

Insgesamt würde die FPÖ wohl nur wenige von jenen klimapolitischen Maßnahmen, die von Türkis-Grün gesetzt wurden, weiterführen, sollten sie einer nächsten Regierung angehören. Die Partei ist für ein Aus des CO2-Preises, den Rauch als "ideologisch motivierten Teuerungsmechanismus" bezeichnet. Tanken soll so billiger werden. Zugleich würde auch der Klimabonus der Vergangenheit angehören.

Ein blaues Auto mit dem Kennzeichen FPÖ1 fährt auf der Autobahn 140 km/h.
Geht es nach der FPÖ, sollen Autofahrer gefördert werden – durch billigeren Sprit und weniger Verbote.
Der Standard/Köck

Diese Aussage überrascht nicht, hat die FPÖ doch seit jeher gegen die Maßnahme gewettert. Aber auch hier machen die Blauen die Rechnung ohne Wirt: Bis die Regierung im Amt wäre und das entsprechende Gesetz geändert hätte, wäre das Jahr 2025 schon fortgeschritten. Ab 2027 wird allerdings durch die Erweiterung des EU-Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude so oder so ein CO2-Preis eingeführt. Dessen Startpreis wird 2027 voraussichtlich nicht über 45 Euro je Tonne CO2 liegen. Der österreichische CO2-Preis, der in die EU-Variante überlaufen soll, wäre mit 55 Euro ab 2025 etwas höher. Beide Systeme sollen dazu führen, dass klimaschädliches Verhalten teurer wird.

Die FPÖ müsste sich also vielmehr Gedanken darüber machen, wie die neue CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene umgesetzt werden könnte. Eine Abschaffung für eineinhalb Jahre wäre kaum sinnvoll – würden die Spritpreise dann erst recht wieder in die Höhe steigen. Zudem stärkt jeder Liter Öl oder Sprit, der nach Österreich importiert wird, nicht die heimische Wirtschaft, sondern jene in Russland und im Nahen Osten.

Nein zu Deadlines

Auch vom türkis-grünen Plan der Nettonull hält die FPÖ wenig: "Klimaneutralität ist kein Selbstzweck, sondern muss aus freiheitlicher Sicht stets im Einklang mit Arbeit, Wirtschaft und Forschung gedacht werden", sagt Rauch. Er spricht sich gegen "ideologisch definierte Deadlines" aus. Auch hier wird die FPÖ auf EU-Ebene in den sauren Apfel beißen. Die Union – und damit alle Mitgliedsstaaten – haben sich zur Klimaneutralität 2050 bekannt.

Auch jene Menschen, die ihre Fossilen-Heizungen loswerden möchten, würden unter einer FPÖ-Regierung wohl keine üppigen Förderungen mehr bekommen. Die derzeitige Art der Zuschüsse sei "überschießend", erklärt Rauch. Die hohen Förderungen könnten dazu führen, dass noch länger nutzbare Anlagen auf Kosten der Steuerzahler ausgetauscht würden, argumentiert er.

Eine Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus.
Derzeit gibt es üppige Förderungen für den Umstieg auf ökologischere Heizungen. Die FPÖ hält diese für "überschießend".
APA/dpa/Silas Stein

Darauf angesprochen, wie die FPÖ meint, dass die EU-Klimazeile erreicht werden sollten, schob Rauch die Verantwortung auf die türkis-grüne Regierung. Da die Zielerreichung nicht realistisch sei, liege es an einer nächsten Regierung, Schadensbegrenzung durch Verhandlungen auf EU-Ebene zu betreiben, meint der Freiheitliche. Doch Verhandlungen allein werden die verfehlten Klimaziele nicht richten: Österreich hat sich, wie auch die anderen Mitgliedsstaaten, dazu verpflichtet, die Emissionsreduktion zu erreichen. Sollte das nicht gelingen, muss die Republik entweder Kompensationszahlungen leisten oder womöglich mit Vertragsverletzungsverfahren rechnen.

Unterm Strich kann die FPÖ zwar an Tempolimits oder Förderhöhen schrauben, was die großen Brocken in der Klimapolitik angeht, müssen sich aber auch die Blauen an die Vorgaben aus Brüssel halten. (Nora Laufer, 4.2.2024)