Immer öfter gibt es Nachrichten zum Personalabbau in namhaften Unternehmen. Die Konjunktur stockt, Investoren sind nervös. In den USA agiert man schon seit längerem mit dem großen Rotstift. In Österreich sind derzeit laut AMS 421.207 Menschen ohne Job, das sind acht Prozent mehr als zur selben Zeit im Vorjahr. Das rezessive Umfeld macht sich auch am heimischen Stellenmarkt bemerkbar: Es werden weniger Stellen ausgeschrieben, zuletzt gab es beim AMS 87.000 offene Stellen, was einem Minus von rund 20 Prozent im Jahresvergleich entspricht.

Eine kräftige Welle bricht an der Felsenküste einer Stadt
Bleiben Konjunktur und Arbeitsmarkt stabil – oder rollt eine Welle heran?
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Der Rückgang an offenen Stellen zeige "die schwierige konjunkturelle Situation", erklärte AMS-Vorständin Petra Draxl Anfang Februar. Wie viele Sorgen muss man sich also angesichts der schlechten Nachrichten und der angespannten wirtschaftlichen Lage um den österreichischen Arbeitsmarkt machen? Und wie wirken die Signa-Pleiten? DER STANDARD hat beim Institut für Höhere Studien (IHS) und beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) um eine Einordnung gebeten.

"Die direkten Effekte der Insolvenz der Signa-Holding auf den Arbeitsmarkt sind marginal. Allerdings schlagen sich die Probleme der Immobilienbranche gemeinsam mit einer ungünstigen Entwicklung der Bauwirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit am Bau nieder", erklärt IHS-Ökonom Helmut Hofer. Auch Wifo-Experte Stefan Angel rechnet nicht damit, dass sich die Signa-Pleite negativ auf Arbeitsmarkt, Wirtschaftswachstum oder Kreditwirtschaft auswirkt. Wie ist der aktuell zunehmende Stellenabbau also einzuordnen?

Tech-Konzerne kürzen radikal

Begonnen hat der Trend zum personellen Kahlschlag vor mehr als einem Jahr bei den Tech-Giganten in den USA. Dort dürfen, im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern, Angestellte ohne Angabe von Gründen fristlos entlassen werden. Um Investoren seines Meta-Konzerns ob der unsicheren globalen Wirtschaftslage zufriedenzustellen, rief Mark Zuckerberg 2023 zum "Jahr der Effizienz" aus. Gemeint war damit vor allem der Abbau von zehntausenden Stellen. Insgesamt rund ein Drittel der Belegschaft musste gehen. Auch andere Tech-Riesen wie Amazon, Google und Microsoft setzten im Verlauf des Vorjahres zehntausende Angestellte vor die Türe.

Ein Mann in Anzug steht vor einem Loch in der Wand, vor dem eine Abrissbirne hängt. Hinter der Wand ist eine Stadt zu sehen.
Stellenabbau –Unternehmen sparen zunehmend beim Personal ein.
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Den Konzernen schadete das keineswegs. Im Gegenteil: Kletternde Aktienkurse und zufriedene Investoren waren die Folge der Massenentlassungen und anderer Sparmaßnahmen. Für besonders viel Erregung sorgten die Entlassungen bei X, vormals Twitter, wo nach der Übernahme durch den exzentrischen Milliardär Elon Musk seit Ende 2022 gar 80 Prozent der Belegschaft, teilweise ersatzlos, den Hut nehmen mussten – und dennoch funktioniert die Firma, entgegen vielen Befürchtungen, weiter. Der Trend zu Personalkürzungen und anderen Effizienzmaßnahmen geht auch dieses Jahr, wenn auch gebremst, weiter.

Stellenabbau auch in Europa 

Die hohe Inflation und der Ukrainekrieg setzen Unternehmen in ganz Europa unter Druck und verleiten sie zu Stellenabbau im großen Stil. Und das nicht nur in der Technologiebranche, wie etwa beim Musik-Streamingdienst Spotify, beim Software-Riesen SAP oder beim finnischen Mobilfunkausrüster Nokia, bei dem gleich 14.000 Stellen der schwachen Nachfrage zum Opfer fielen. Auch im europäischen Finanzsektor wird Personal eingespart. So will die Deutsche Bank 3.500 Stellen abbauen, trotz Rekordgewinnen vor Steuerabzug im Vorjahr. Die französische Großbank Société Générale baut 900 Jobs in der Pariser Zentrale ab. Bei der italienischen Banco BPM möchte man 1.600 Mitarbeiter weniger, zugleich aber 800 junge Leute einstellen. Auch mehrere britische Finanzunternehmen sparen aktuell stark beim Personal ein.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der Autobranche, in der Industrie und im Einzelhandel. Mehrere Tausend Stellen fallen etwa bei Bosch, Miele, Volkswagen, Continental und Michelin weg. Auch bei H&M, Bayer, Sky und in Medienhäusern wird Belegschaft reduziert.

Aber wie schlägt sich all das auf die Arbeitslosenzahlen nieder, und was bedeutet es für die Wirtschaft? "Gesamtwirtschaftlich stellt sich die Arbeitsmarktlage in den USA und auch Europa im historischen Vergleich relativ günstig dar. Gegeben diese gute Situation, können freigesetzte Arbeitskräfte relativ schnell wieder neue Stellen finden", beruhigt IHS-Ökonom Hofer. Die Arbeitsmärkte im Euroraum seien derzeit robust, meint Stefan Angel vom Wifo.

Was erwartet uns in Österreich?

Zu Personalabbau kommt es indes aber durchaus auch bei uns. Anfang Februar hat etwa die italienische UniCredit, zu der auch die Bank Austria gehört, bekanntgegeben, die in Wien ansässige IT-Tochter, UniCredit Services, bis Jahresende schließen zu wollen. 280 Beschäftige sind betroffen, 80 davon könnten in die Bank Austria wechseln. Die Post warb prompt um die Betroffenen: Man biete derzeit 600 offene Stellen an, 30 davon in der IT in Wien, hieß es in einer Aussendung.

Die Signa-Insolvenz hat kaum negative Folgen für den Arbeitsmarkt und die Konjunktur, zeigt aber Probleme in der Immobilienbranche auf.
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Solange sich die wirtschaftliche Lage nicht verschlechtert und weiterhin ein Fachkräftemangel besteht, bereiten dem Experten Stefan Angel die Nachrichten über Personalabbau kein Kopfzerbrechen. Für 2025 wird mit der erwarteten Konjunkturerholung sogar ein Rückgang der Arbeitslosigkeit prognostiziert, erklärt der Wifo-Ökonom. Auch Helmut Hofer vom IHS sieht keinen Anlass zu allzu großer Sorge: "Mittelfristig dürfte aufgrund der demografischen Entwicklung die Arbeitslosigkeit eher zurückgehen, der Fachkräftemangel wird sich nicht entschärfen." Einen großen Unsicherheitsfaktor sehen beide Experten aber in möglichen Auswirkungen geopolitischer Krisen, wie etwa des Kriegs in der Ukraine, der Krise im Suezkanal oder anderer möglicher Dämpfer für die ökonomische Großwetterlage (Paul Sajovitz, 10.2.2024)