Seit einigen Monaten geht die rekordhohe Inflation in Österreich endlich zurück – an der Supermarktkasse merkt man davon jedoch kaum etwas. Wie die Arbeiterkammer (AK) soeben im Rahmen ihres Lebensmittelpreismonitors erhoben hat, sind die Preise vor allem bei den billigsten Lebensmitteln seit Beginn der Teuerung im September 2021 extrem gestiegen – um durchschnittlich knapp 44 Prozent, so die AK.

Die billigsten Erdäpfel (ein Kilogramm) etwa kosteten demnach im Dezember 2022 noch durchschnittlich 0,78 Euro, im Dezember 2023 waren es 1,14 Euro – ein Plus von 46 Prozent. Sonnenblumenöl ist um rund 99 Prozent teurer geworden, Penne-Nudeln um 90 und Mehl um 88 Prozent. Immerhin haben sich die Preissteigerungen in den vergangenen Monaten ungefähr auf dem Niveau der allgemeinen Inflationsrate eingependelt, so die AK.

Bei Billiglebensmitteln sind die Preise laut Arbeiterkammer in Österreich besonders gestiegen. In Deutschland (im Bild) fallen sie vergleichsweise moderat aus.
Bei Billiglebensmitteln sind die Preise laut Arbeiterkammer in Österreich besonders gestiegen. In Deutschland (im Bild) fallen sie vergleichsweise moderat aus.
IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Was dagegen tun? Eine Idee kam im Frühjahr des Vorjahres ebenfalls aus den Reihen der Arbeitnehmervertreter, konkret vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB): eine Preisdatenbank. In einer solchen sollen die Veränderungen sämtlicher Preise im Land ersichtlich sein. Die Einkaufspreise und die Kosten der Unternehmen sollten ebenso in die staatliche Datenbank eingemeldet werden müssen wie die Preise, die Unternehmen letztlich ihren Kunden verrechnen. Verbunden sein sollte dies nach Vorstellung des ÖGB mit einer staatlichen Antiteuerungskommission, die Preise überwacht, eine solche gab es etwa in Kroatien nach Einführung des Euro.

Anhaltende Debatte

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) lehnte die Idee zunächst wegen des angeblich hohen Verwaltungsaufwands ab. Später jedoch, angesichts anhaltender Debatten über die hohe Inflation, lenkte die türkis-grüne Regierung ein Stückweit ein. Man werde Schritte in diese Richtung prüfen, hieß es. Im Mai des Vorjahres erklärte Kocher, dass sein Haus eine "kleine Datenbank der wichtigsten Lebensmittel des täglichen Bedarfs" andenke. Weiterreichende Ideen wie eine Preiskommission kamen für Türkis-Grün zwar nicht infrage, aber eine Art staatliche Preis-App am Handy solle immerhin für eine "bessere Vergleichbarkeit" sorgen, so Kocher. Überdies war die Rede von besseren Rahmenbedingungen für private Programmiererinnen und Programmierer, damit diese ähnliche Datenbanken anbieten können. Es geht dabei vor allem darum, dass die Privaten an die Preisinformationen der Supermärkte kommen.

All dies solle "so rasch wie möglich" kommen, so Kocher im Mai 2023. Konkret: noch im Herbst desselben Jahres. Die Preis-App oder ähnliche Maßnahmen sollten also bereits seit Monaten umgesetzt sein – tatsächlich gibt es bisher keine Spur davon.

Was wurde daraus? Mit einer Umsetzung noch vor der Nationalratswahl sei nicht mehr zu rechnen, berichtet die "Kronen Zeitung". Aus Kochers Wirtschaftsministerium heißt es auf STANDARD-Anfrage, man arbeite weiterhin daran, "die Preistransparenz und den fairen Wettbewerb insbesondere im Lebensmittelhandel zu stärken". Allerdings: Die staatliche App ist mittlerweile abgesagt: "Die Etablierung einer eigenen Preisdatenbank seitens des Bundes wird von diversen Expertinnen und Experten als wenig zielführend betrachtet, da es am Markt bereits eine Vielzahl an Preisvergleichsplattformen gibt."

"In der Regierungskoordination"

Bleiben die angestrebten besseren Bedingungen für private Preisvergleichsportale. Was wurde daraus? Deren Schaffung sei immer noch das Ziel, so das Wirtschaftsministerium: Man wolle "einen rechtlichen Rahmen, der Entwicklerinnen und Entwicklern von Preisvergleichsplattformen die Preisdaten von Supermärkten zur Verfügung stellt". Aber auch hier sieht es in Sachen Realisierung düster aus.

Eine Abstimmung mit betroffenen Ressorts und Institutionen hat zwar laut Kocher-Ressort "bereits stattgefunden", und es "wurde ein Vorschlag zur Umsetzung vorgebracht". Aber: Er liege "derzeit in der Regierungskoordination". Zum Hintergrund: Üblicherweise kommen Vorschläge aus einem Ministerium nach deren Erstellung in eine Phase der innerkoalitionären Koordinierung, an der unter anderem die Klubobleute der Parteien beteiligt sind. Wenn etwas in dieser Koordination festhängt, heißt es also oft, dass sich ÖVP und Grüne nicht über das Projekt einig werden.

Aber ist das so? Was sagt der grüne Regierungspartner? Aus der Partei kommt auf STANDARD-Anfrage eine interessante Auskunft: Man habe niemals einen Vorschlag erhalten, sagt der Sprecher der grünen Klubobfrau, Sigrid Maurer. Den Grünen liege an dem Vorstoß, und "wir haben mehrmals nachgefragt". Aber: "Was man nicht hat, kann man auch nicht prüfen." Woran die Initiative für Preistransparenz also genau scheitert und wo sie eigentlich festhängt – das lässt sich, zumindest vorerst, nicht in Erfahrung bringen.

Scharfe Kritik an all dem kommt jedenfalls von der oppositionellen SPÖ. „Österreich hat die schlechteste Inflationsbekämpfung in ganz Westeuropa hingelegt", so Klubobmann Philip Kucher in einer Stellungnahme an den STANDARD. "Hierzulande scheitert die Regierung sogar an den einfachsten Übungen, wie Preisvergleichsplattformen ins Leben zu rufen." (Joseph Gepp, 8.2.2024)