Das Bodenbeschaffungsgesetz würde es Gemeinden ermöglichen, in Grundstückskaufverträge einzutreten oder sogar von sich aus Enteignungen (gegen Entschädigung) von unbebauten Baulandgrundstücken in die Wege zu leiten. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1974, wurde allerdings noch nie angewandt.

Stadtansicht von Innsbruck
Innsbruck würde gerne mithilfe des Bodenbeschaffungsgesetzes Bauland mobilisieren.
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Die Stadt Innsbruck würde das gerne ändern – braucht aber noch ein finales Go des Landes Tirol dafür. Auf dieses wartet man jedoch nun schon seit eineinhalb Jahren, erklärten die SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr und der Gemeinderat und Innsbrucker SPÖ-Vorsitzende Benjamin Plach am Montag auf einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Antrag auf Überprüfung durch VfGH

Jetzt habe man "genug gewartet": Die Innsbrucker SPÖ bringt deshalb einen Antrag in den Gemeinderat ein. Er hat zum Ziel, dass sich der Gemeinderat per Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) wendet, um eine Überprüfung, konkret des Paragrafen 5 des Bodenbeschaffungsgesetzes, zu erwirken. Mayr und Plach halten es nämlich für verfassungswidrig, dass die Landesregierung laut dem Gesetz das letzte Wort hat. In Absatz 2 des Paragrafen 5 heißt es: "Die Landesregierung kann zum Zwecke der Bodenbeschaffung (Paragraf 1) über Antrag der Gemeinde (Absatz 1) durch Verordnung feststellen, dass in dieser Gemeinde ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnungsfehlbestand gemäß Paragraf 4 besteht."

Die Gemeinde hat sämtliche Vorarbeiten für die Anwendung des Gesetzes erledigt. Schon Mitte Juli 2022 wurde im Innsbrucker Gemeinderat ein "quantitativer Wohnungsbedarf" festgestellt. Weit mehr als 5.000 Menschen seien in Innsbruck für eine städtische Wohnung vorgemerkt, damit sei die Voraussetzung gemäß Bodenbeschaffungsgesetz erfüllt, sagte Mayr. Der Antrag an die Tiroler Landesregierung auf Bestätigung des "quantitativen Wohnungsbedarfs" wurde am 23. August 2022 übermittelt.

"Unechte Kann-Bestimmung"

Und dort liegt der Antrag seither. Das Land habe dann zwar zusätzliche Unterlagen eingefordert, bisher aber keinerlei weitere Schritte gesetzt, sagte Mayr. "Seit fast zwei Jahren ist der Wohnungsnotstand in Innsbruck beschlossen. Seit fast zwei Jahren geht im Land nichts weiter." Das Land schiebe das Thema "zu Unrecht auf die lange Bank", eine Verordnung sei nicht in Sicht. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Stadt das Instrument der Bodenbeschaffung selbst in die Hand nehmen kann."

"Die Untätigkeit des Landes greift in die Rechtssphäre der Stadt Innsbruck ein", heißt es in der Begründung des aktuellen Antrags. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nahe. Außerdem werde die Stadt Innsbruck "in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Selbstverwaltung verletzt". Der entsprechende Teil des Bodenbeschaffungsgesetzes, der der Landesregierung per "Kann-Bestimmung" das letzte Wort erteilt, müsse als verfassungswidrig erkannt werden, argumentierte Plach. Denn die Kann-Bestimmung sei in Wahrheit eine "unechte", weil das Land "zur Erlassung der entsprechenden Verordnung verpflichtet wäre". (Martin Putschögl, 19.2.2024)