Jedermann
"Jedermann" im Sommer 2023: Das Theaterstück war gut eine Stunde alt, als sich zwei Männer und eine Frau von ihren Plätzen erhoben. Die Vorstellung wurde nicht unterbrochen.
APA/BARBARA GINDL

Salzburg - Ein Klimaprotest von Vertretern der "Letzten Generation" bei der Premiere des "Jedermanns" bei den Salzburger Festspielen im Juli 2023 hat am Dienstag das Landesverwaltungsgericht (LVwG) Salzburg beschäftigt. Eine Aktivistin und zwei Aktivisten legten Beschwerde gegen die Geldstrafen ein, die sie im vergangenen Sommer für ihre kurze Störaktion bekommen hatten. Eine Entscheidung fällten die Richterinnen und der Richter nicht - sie soll "zeitnah" schriftlich ergehen.

Der "Jedermann" feierte im Vorjahr nicht am Domplatz, sondern im Großen Festspielhaus Premiere. Das populäre Theaterstück war gut eine Stunde alt, als sich zwei Männer und eine Frau von ihren Plätzen erhoben. "Das vereinbarte Signal war der Kuss zwischen Jedermann und Buhlschaft", sagte einer der Aktivsten am Dienstag. Das Trio - eine Studentin (22), ein Lehrer (34) und ein Sozialpädagoge (26) aus Graz und aus Graz-Umgebung - versuchte von ihren Sitzreihen im Parterre nach vorne zu gehen bzw. zu laufen. "Ziel wäre es gewesen, unseren Protest von der Bühne ins Publikum zu tragen", sagte die Frau.

30 Sekunden Protest

Doch mehrere Security-Mitarbeiter und zwei Polizisten in Zivil reagierten rasch. Sie konnten die Klimaaktivisten nach wenigen Metern anhalten. Diese begannen darauf für einige Sekunden lang, lautstark Parolen zum Thema Klimawandel zu skandieren: "Hört auf den Klimarat" oder "Wir alle sind die letzte Generation vor den Kipppunkten". Die Männer hatten unter ihrer Festspielgarderobe Warnwesten an. Alle drei wurden rasch aus dem Saal begleitet. Wie der für Sicherheit zuständige Mitarbeiter der Salzburger Festspiele heute als Zeuge sagte, war der Protest nach gut einer halben Minute vorbei. Die Aufführung wurde nicht unterbrochen.

Die drei Steirer erhielten in der Folge einen Strafbescheid von jeweils 440 Euro wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Lärmerregung. Die Einsprüche bei der Behörde wurden abgewiesen, nach Erhalt eines Straferkenntnisses legte das Trio Beschwerde beim LVwG ein. Der Rechtsvertreter der Klimaaktivisten, Gerhard Hackenberger, übte heute in der Verhandlung Kritik: "Die Polizeibehörden sind augenscheinlich nicht bereit, die Grundrechte, die die Verfassung den österreichischen Bürgern gewährt, auch nur ansatzweise zu respektieren." Eine freie Meinungsäußerung könne niemals eine Anstandsverletzung sein, wenn sie nicht ein Eingreifen des Staates zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder zum Schutze anderer notwendig mache. "In diesem Fall ist eine Interessensabwägung unterblieben."

Von der Aktion im Festspielhaus sei nur eine überschaubare Anzahl von Menschen betroffen gewesen, es habe sich zudem um eine "sehr, sehr kurze Intervention" gehandelt, die "zumindest überwiegend nicht als Störung wahrgenommen wurde". Man müsse seinen drei Mandanten anrechnen, dass sie im Saal nicht flüstern können, wenn sie ihre Botschaften an den Mann oder die Frau bringen wollen.

Offizielle Aktivisten

Wie das Publikum auf die Aktion im Saal reagierte, konnten im Verfahren weder die Aktivisten noch die geladenen Zeugen sagen. Zumal es in derselben Aufführung zuvor schon einen geplanten Auftritt von zwei Darstellern als Klimaaktivisten gab, die ganz offiziell die Bühne stürmten und die Fassade von Jedermanns Villa mit oranger Farbe besprühten.

Das Schlusswort in der Verhandlung gehörte den Beschuldigten: "Die Wissenschaft sagt ganz klar, dass wir auf eine vermeidbare Katastrophe zusteuern. Meine Kinder sind drei und fünf Jahre alt, ich möchte nicht, dass sie später einmal vor dem Scherbenhaufen unserer Gesellschaft stehen", sagte der 34-Jährige. "Ich habe darum beschlossen, den Mund aufzumachen und mich in den Weg zu stellen - in der Hoffnung, dass es viele von uns tun werden." (APA, 20.2.2024)