Rohrammer
Ein Rohrammer-Weibchen sitzt auf einem dornigen Zweig. Eine Unterart dieser Vögel trägt den österreichischen Biologen Othmar Reiser im Namen. Der deutsche Ornithologe Ernst Hartert wählte 1904 zu Ehren Reisers die Bezeichnung Schoeniclus schoeniclus reiseri.
IMAGO/AGAMI/D. Occhiato

Nach ihm ist nicht nur der Bosnische Alpenmolch benannt. Der Biologe Othmar Reiser (1861–1936) hat in seinen 33 Jahren in Sarajevo viele Spuren hinterlassen. Der Dedikationsname "reiseri" findet sich bei von ihm entdeckten Vögeln, Säugern, Reptilien und Käfern des Balkans ebenso wie bei Blütenpflanzen. In Wien begann er als Gymnasiast mit dem Sammeln von Vogeleiern, studierte Bodenkultur, ab 1885 schrieb er für den Ornithologischen Verein "Die Schwalbe".

Zu Fuß durch Osteuropa

Mit 26 Jahren ging Reiser nach Bosnien und Herzegowina, das 1878 von Österreich-Ungarn besetzt worden war. 1888 erfolgte die Bestellung zum Kustos der zoologischen Abteilung des neuen Landesmuseums. Er wurde passionierter Sammler, notierte volkstümliche Namen der Vögel und interessierte sich besonders für ihre Wanderungen. Bei der Marmelente fiel ihm die "Färbung der Füße schön olivengrün" auf. "Ganz dieselbe Farbe hat auch ein Teil des Oberschnabels, dem sich jederseits ein so gefärbter Zwickel, etwas vor der Schnabelmitte beginnend, bis zur Mundspalte und unterhalb des Nasenloches bis zum Stirnwinkel hinzieht."

Reiser war in einem Paradies für Naturforscher gelandet. Sein Kollege Ludwig Lorenz-Liburnau vermerkte, dass "damals noch der Bartgeier über der Hauptstadt des Landes schwebend zu sehen war". Reiser hatte alle Freiheiten und großzügige Unterstützung aus Wien. Sein Sammelgerät war die Flinte. Nach vier Jahren verfügte er über 1.718 Vogelbälge. Er unternahm monatelange Expeditionen nach Montenegro, Bulgarien, Griechenland und Serbien, lief dabei neben dem Pferd her, was zu seiner außergewöhnlich guten Kondition beitrug. Eine private Kollektion von 12.000 Vogeleiern schenkte er 1912 dem Naturhistorischen Museum Wien.

Othmar Reiser
Othmar Reiser interessierte sich schon früh in seinem Leben für Ornithologie und legte eine ausgeprägte Sammelleidenschaft an den Tag.
gemeinfrei

Ein Museum und ein Mord

1903 entsandte die kaiserliche Akademie der Wissenschaften den Forscher zu einer Expedition nach Brasilien. In Sarajevo wurde wenig später ein Gebäude errichtet, das zum zentralen Museum aller Balkanländer werden sollte. 1914 wollte Erzherzog Franz Ferdinand das Museum eröffnen. Doch kam Gavrilo Princip dazwischen: Der Thronfolger wurde erschossen, und Reiser wartete vergeblich festlich gekleidet auf ihn. Der Forscher wurde schließlich zum Kriegsdienst eingezogen.

Nach dem verlorenen Krieg musste Reiser "sein" Museum in Sarajevo zurücklassen. Er lebte fortan in Slowenien, lieferte Exemplare an das Regionalmuseum in Maribor und kam oft nach Wien, um im Naturhistorischen Museum die Eiersammlung zu katalogisieren. Er starb 1936 und hinterließ 140 wissenschaftliche Arbeiten, darunter sein Hauptwerk "Materialien zu einer Ornis Balcanica". (Adelheid Wölfl, 26.2.2024)