Eine Tonne abspecken. Das ist ziemlich viel, wenn es um eine vier Tonnen schwere Waffenstation geht. Aber vier Tonnen, das wäre zu schwer, um die Luftabwehrstation auf einen Pandur Evolution 6 × 6 aufzusetzen. Anders wäre das mit dem Pandur 8 × 8, dem etwas größeren Mannschaftstransportpanzer von General Dynamics European Land Systems (GDELS). Aber den will das Bundesheer nicht kaufen, man hat sich auf zusätzliche 225 Pandur 6 × 6 festgelegt. Der Vertrag wurde am Montag dieser Woche unterschrieben, DER STANDARD hat den Beschaffungsvorgang bereits in der Vorwoche bekanntgemacht.

Video: Bundesheer kauft 36 Skyranger-Systeme für die Fliegerabwehr.
APA

Und prompt war Kritik gekommen, dass es nicht sinnvoll erscheine, hunderte Radpanzer zu kaufen, wenn es für diese keinen Schutz gegen Drohnen und andere Bedrohungen aus der Luft gibt. Aber diese Kritik läuft ins Leere: Rheinmetall hat – nicht nur, aber auch – für den Pandur das Skyranger-Flugabwehrsystem entwickelt. Allerdings hat sich der erste Entwurf eben auf den achträdrigen Pandur 8 × 8 bezogen und sich als zu schwer für den leichteren Pandur Evolution 6 × 6 des Bundesheers erwiesen. Also Rückmeldung an die Industrie: Das System muss um ein Viertel leichter werden, sonst suchen Bundesheer und GDELS einen anderen Lieferanten.

Und das Abspecken hat tatsächlich geklappt, berichtet der für die Entwicklung zuständige Brigadier Georg Kollmann: Man habe an dem Turm von Rheinmetall alle Panzerung eingespart, die man nur einsparen konnte – denn im Turm selbst befindet sich ohnehin kein Soldat.

Optimierungsprozess

Und dann ging es Kilo um Kilo weiter: Optimierung der Radaranlage, Karbonmaterialien anstatt Stahl und Nutzung jeglicher Effizienzsteigerung, bis der in der Schweiz gemeinsam mit dem österreichischen Bundesheer entwickelte Turm inklusive zweier Mistral-Lenkwaffen, der 30-Millimeter-Kanone und etwa 300 Schuss der Ahead-Munition auf ein Gewicht von unter 3.000 Kilo gekommen ist und auf den Pandur 6 × 6 gepasst hat.

Der abgespeckte Skyranger.
Conrad Seidl

Am Mittwoch dieser Woche war es so weit. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) konnte mit Rheinmetall den Vertrag über 36 Skyranger-Systeme abschließen, die von 2026 bis 2030 im Simmeringer GDELS-Werk auf Pandur-Panzer montiert und an das Bundesheer ausgeliefert werden sollen.

Die Kosten sind in die 1,8 Milliarden Euro, die für den Pandur-Kauf budgetiert sind, bereits eingerechnet – allein die 36 Flugabwehrtürme dürften ein Viertel des Paketpreises ausmachen, genauere Zahlen geben weder Verteidigungsministerium noch Rheinmetall bekannt. Eine Option auf neun weitere Systeme ist im Vertrag (aber nicht im Kaufpreis) enthalten.

Mit Sky Shield kompatibel

Rheinmetall feiert das Geschäft bereits als einen "Marktdurchbruch" – der Erfolg in Österreich bilde den Anfang einer breiten Einführung des Skyranger 30 in Europa. Das System passt nämlich in die Sky-Shield-Initiative und stellt den unmittelbaren Truppenschutz vor Bedrohungen aus kurzer Entfernung dar.

Ahead-Munition zur Flugabwehr
Die Geschosse mit 162 Subprojektilen können per künstlicher Intelligenz die aktuell größte Bedrohung ansteuern. Auslösen muss die Waffe aber nach wie vor ein Mensch.
Conrad Seidl

Österreich ist das erste Land, das den Skyranger-Turm bekommt, die deutsche Bundeswehr dürfte ihn künftig auf ihren Radpanzer Boxer, die ungarischen Honvédség wollen ihn auf den Schützenpanzer Lynx montieren. Alle weiteren Kunden dürften von den Innovationen und Gewichtsreduktionen profitieren, die das Bundesheer ausgehandelt hat, auch wenn sie etwa andere Lenkwaffen verwenden als Österreich.

Wie DER STANDARD erfuhr, ist in dem Beschaffungspaket auch eine Erstausstattung mit Munition enthalten. Das betrifft sowohl die zur Bekämpfung von Flugzeugen gedachten leichten Mistral-Raketen als auch die 30-Millimeter-Projektile der Ahead-Munition. Dabei handelt es sich um Geschoße, die 162 Subprojektile mit einem Gewicht von je 1,24 Gramm enthalten, sich nach einer vom Gefechtsfeldrechensystem des Panzers vorbestimmten Flugzeit zerlegen und das Ziel – etwa einen Hubschrauber oder eine Drohne – treffen und zerstören sollen.

Zwar kann das System zur Not auch autonom betrieben werden (etwa, wenn die Funkverbindung abreißt), seine Stärke liegt aber darin, dass es sich in das gesamte Luftlagebild einfügen kann und durch künstliche Intelligenz die jeweils größte Bedrohung zur Bekämpfung zugewiesen bekommt. Die Waffe auslösen muss aber dennoch ein am System geschulter Soldat, versichert Kollmann. (Conrad Seidl, 23.2.2024)