Junge Kellnerin mit Tellern in der Hand 
Servieren und studieren: Zwei Drittel der Befragten gaben in einer neuen Umfrage an, sich das Studium ohne Berufstätigkeit nicht leisten zu können.
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Melissa B. studiert Raumplanung und Raumordnung an der TU Wien und nahm schon alle möglichen Nebenjobs an. Sie führte Hunde spazieren, putzte und war für einen sozialen Verein tätig. Im Sommer sammelte sie Spenden für das Rote Kreuz, robbte bei Wind und Wetter durch den Wald, um Pflanzen für eine Naturschutzorganisation zu zählen, und kellnerte in einem Wiener Restaurant.

"Meine Eltern wollen mich finanziell nicht unterstützen. Deshalb arbeite ich schon seit Studienbeginn nebenher", erzählt Melissa, die anonym bleiben will. Studienbeihilfe bekam sie allerdings aufgrund des Einkommens ihrer Eltern nicht.

Neue Umfrage

Über die Jahre, erzählt sie, stockte sie die Stunden immer weiter auf, und das, obwohl die Arbeitslast in der Uni sich nicht verringerte. Ihr Bachelorstudium schaffte sie aufgrund der Nebenjobs nicht in der Mindeststudienzeit. Ihre Arbeitsverhältnisse waren allerdings immer äußert prekär. Viel Geld hatte sie nie. In den Sommermonaten arbeitete sie immer mehr, um für das darauffolgende Semester einen kleinen Puffer aufzubauen.

So wie für Melissa ist es für viele Studierende wichtig, nebenbei zu jobben, denn die Preiserhöhungen der letzten Jahre treffen gerade Personen mit geringerem Einkommen. Doch wie hat sich die Situation für die Jungen geändert, und wie gut sind Studium und Arbeit mittlerweile kombinierbar? Dazu veröffentlichte die Arbeiterkammer Oberösterreich im November 2023 eine Umfrage. Insgesamt 1.827 Studierende nahmen bundesweit daran teil. 80 Prozent der Befragten sind neben dem Studium berufstätig, davon arbeitet ein Viertel sogar mehr als 35 Stunden die Woche.

Studium kaum leistbar

Die Ergebnisse zeigen: Zwei Drittel der Befragten geben an, sich das Studium ohne Berufstätigkeit nicht leisten zu können. Für mehr als 20 Prozent ist das Studium zeitlich mit dem Job nicht vereinbar. Wenn es im Beruf stressig wird, vernachlässigen viele die Hochschule. Auch auffällig ist, dass knapp die Hälfte der Befragten überhaupt keine finanzielle Förderung wie Studienbeihilfe, Familienbeihilfe oder ähnliches erhalten. Nur zehn Prozent sagen, dass es ihnen gelingt, Studium und Beruf zu vereinbaren.

So verwundert es nicht, dass deren mentale Verfassung nicht gut ist. Bei vielen schlägt sich die Teuerung massiv nieder. Gespart wird vor allem dort, wo es möglich ist, nämlich beim Essen, bei sozialen Aktivitäten und bei Hobbys. Die Doppelbelastung von Studium und Beruf aufgrund finanzieller Problemen führt zu großem Druck, der sich auch auf die psychische Gesundheit niederschlägt: 47 Prozent geht es mental nicht gut. Das belegen auch andere Umfragen, wie beispielsweise das jährlich erscheinende Mental-Health-Barometer.

Erhöhungen der Studienbeihilfe

Änderungsbedarf besteht auch bei den Studienbedingungen. Mehr als 85 Prozent der Studierenden wäre es wichtig, vermehrt online- und hybride Lehrveranstaltungen in Anspruch nehmen zu können. Ähnlich hoch ist der Wunsch nach mehr Abendterminen oder Seminaren in geblockter Form.

AK-Oberösterreich-Präsident Andreas Stangl fordert: "Die Stipendien für die Studierenden müssen verbessert werden und insbesondere die Einkommensgrenzen der Eltern, die die Basis für die Studienbeihilfe bilden, entsprechend jährlich erhöht werden. Ansonsten werden von Jahr zu Jahr weniger Studierende Anspruch auf staatliche Studienbeihilfe haben." Die letzte Anpassung gab es im September 2023. Dabei wurden einige Förderungsgelder um 5,8 Prozent angehoben und betragen nun zwischen 361 und 1.470 Euro monatlich.

Praxiserfahrung anrechnen

Die AK fordert zudem deutliche Verbesserungen für Berufstätige, die erst in der Mitte ihres Erwerbslebens ein Studium beginnen wollen. Dazu zählen beispielsweise ein Rechtsanspruch auf Bildungskarenz und Bildungsteilzeit, den es momentan noch nicht gibt. Ein zentrales Thema ist außerdem die Anrechenbarkeit von Kompetenzen, die vor dem Studium oder informell (zum Beispiel durch Arbeit) außerhalb von Unis und Fachhochschulen erworben wurden.

Der neue Rektor der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz, Stefan Koch, sagt bei diesem Thema Verbesserungen zu: "Die JKU will studienbezogene Praxiserfahrung verstärkt als Studienleistung anerkennen." Der Vizepräsident der FH Oberösterreich für Internationale Beziehungen, Andreas Zehetner, verweist darauf, dass bereits 40 Prozent der FH-Studiengänge berufsbegleitend sind, 1.700 Studierende so ein Studium in Oberösterreich betreiben und sich die FH um eine faire Anrechnung bemühe.

TU-Studentin Melissa hat noch ein paar Semester zu studieren. Gerade hat sie ihren Master begonnen. Momentan arbeitet sie nebenher 20 Stunden. "Ich achte mittlerweile noch stärker beim Einkaufen auf die Preise im Supermarkt", sagt sie. Das belaste sie mental. Diesen Sommer möchte sie, statt Stunden aufzustocken, mit Freunden nach Kroatien fahren. Ob sich der Urlaub finanziell für sie ausgehen wird, ist aber noch nicht sicher. (Natascha Ickert, 14.3.2024)