Es gibt sie wieder, die Jubelmeldungen in der Tourismusbranche. Die Campingplätze österreichweit berichten von Übernachtungsrekorden, die Wiener Hotels haben im Vorjahr einen Beherbergungsumsatz von 1,24 Milliarden Euro erwirtschaftet – so viel wie noch nie, verkündete Wien-Tourismus jüngst. Von 17,3 Millionen Nächtigungen ist die Rede, fast so vielen wie im Rekordjahr 2019, also vor der Pandemie.

Die Zahl der Fluggäste nähert sich dem Vor-Corona-Niveau. 33,2 Millionen Passagiere zählten die heimischen Airports. Die Luftfahrt sei wieder auf einem Höhenflug, konstatiert Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Das Land Salzburg feierte im vorigen Sommer den besten Juli aller Zeiten. Österreich ist nach den schmerzhaften Corona-bedingten Einbrüchen wieder zurück als Tourismusland. Die Einnahmen der Betriebe und des Finanzministers, sie sprudeln wieder.

Eine Touristengruppe in Salzburg. 
Salzburg gehört zu den touristischen Hotspots in Österreich. Gewusel in der Getreidegasse, Stau in der Innenstadt, all das gehört zu Salzburg. Der Overtourism in manchen Regionen zwingt die ÖVP zum Handeln.
APA/BARBARA GINDL

Zu viel des Guten

Die Gäste konsumieren, Tourismusbetriebe investieren und beschäftigen viele Menschen. Es herrscht emsiges Treiben, was in aller Regel auf jeden Fall die direkt und indirekt davon profitierenden Unternehmen erfreut. Vor der Pandemie trug der Sektor immerhin mehr als sieben Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Ein vielerorts ungelöstes Problem ist damit allerdings ebenfalls zurück. Ein Betroffener formuliert es so: "Es kommt zu immer mehr Konflikten zwischen Einheimischen und Touristen, da vor allem Tagesgästen."

Die Rede ist von einem Hotspot im Salzkammergut. Der Hilferuf kommt von einem, der in St. Wolfgang ansässig ist. "Im Endeffekt sind ganz wenige Orte – darunter auch St. Wolfgang – für einen Großteil des Verkehrs im Salzkammergut verantwortlich. Viele andere haben nur den Dreck und Lärm vom Transit." Solche Unmutsbekundungen sind lange schon keine Einzelmeinung mehr. Das Thema "Übertourismus", es wird notgedrungen auch in der Politik und in den Tourismusverbänden diskutiert. Lösungen finden sich selten von heute auf morgen.

Rezepte gesucht

Man brütet über neuen Tourismusleitbildern, über Rezepten, wie man weg vom Massentourismus kommt, wie Gäste länger bleiben und mehr Wertschöpfung generieren. Qualitätstourismus lautet das Zauberwort, die Wege dorthin sind umstritten. Die Grundidee ist verhältnismäßig einfach: Es geht darum, zeitliche und örtliche Konzentrationen, die nicht akzeptabel sind, zu entzerren. Verkehrskonzepte gehören ebenso dazu wie Zimmerobergrenzen bei neuen Hotels oder Beschränkungen für ankommende Reisebusse.

Touristen in der Wiener Innenstadt. 
Auch die Bundeshauptstadt Wien ist für viele Reisende ein Magnet.
APA/TANJA UNGERBÖCK

Touristische Hotspots müssten dringend Lösungen für den Overtourism finden, mahnt Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) seit geraumer Zeit. Es gelte, ein ausgewogenes Miteinander zwischen Bevölkerung und Gästen zu sichern, sagte Kraus-Winkler am Freitag. Der Bund will die Tourismusregionen dabei unterstützen.

Gemeinsam mit ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker legte Kraus-Winkler ein Maßnahmenpaket vor, das nur in Gesamtkonzepten Sinn ergeben würde, sagt die Staatssekretärin. Soll Eintritt für Tagestouristen dazugehören oder eine Bettenobergrenze? In solche Fragen will sich die ÖVP-Politikerin nicht einmischen. Standardlösungen gebe es nicht, sagt Kraus-Winkler einmal mehr: "'Österreich sperrt zu', das ist nicht die Lösung."

Schieflagen beseitigen

Mit dem Maßnahmenbündel sollen nun die Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung und der Touristen unter einen Hut gebracht werden. Dazu gehört, dass neben Nächtigungszahlen auch die Akzeptanz der Bevölkerung in Sachen Tourismus künftig dauerhaft erhoben werden soll. Die regionale Erarbeitung von Konzepten gegen "Unbalanced Tourism in Regionen" soll zunächst mit 500.000 Euro (aus dem Tourismusbudget) gefördert werden. Details dazu werden für März in Aussicht gestellt.

Dazu sollen Forschungsaktivitäten besser vernetzt und eine Forschungslandkarte aufgesetzt werden. Das Gästeaufkommen in einer Region soll gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium analysiert werden. Das entsprechende Informations- und Monitoringsystem werde gemeinsam mit dem Ministerium entwickelt.

Bessere Steuerung geplant

Mithilfe anonymisierter Mobilfunkdaten will man darüber hinaus die Gästeströme entzerren und besser managen. Derzeit wird der Ankauf flächendeckender Mobilfunkdaten geprüft, um Pilotprojekte großflächiger auszurollen. In Sachen Kurzzeitvermietung liegt die Hoffnung auf einer EU-Verordnung, die eine Registrierungspflicht für Privatzimmervermieter vorsieht. Am 19. März wird der Vorschlag erwartet.

Den Regionen will man zudem Werkzeuge wie Informationsbroschüren und einen Leitfaden an die Hand geben, um für mehr Verständnis zu werben und am Ende eine bessere Gestaltung des Tourismus zu ermöglichen. Ob das besorgten Bewohnern und Bewohnerinnen von St. Wolfgang helfen kann, wird sich weisen. Dort fürchten sich so manche angesichts des nahe gelegenen Bad Ischl und des Kulturhauptstadtjahrs vor einer "weiteren dramatischen Zunahme des Besucheransturms". (Regina Bruckner, 23.2.2024)