Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer sagt, er sei "niemandem böse", der seine "Liaison" mit der italienischen Rechts-außen-Politikerin Alessia Ambrosi kritisiere.
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Georg Dornauer scheint es nach Wien zu ziehen. Alle fünf bis sechs Wochen besucht Tirols auffälliger SPÖ-Chef und Vizelandeshauptmann die Hauptstadt. Gerade sitzt er in der Bar jenes Innenstadthotels, in dem er immer residiert. Manche vermuten, Dornauer liebäugelt mit der Bundespolitik. Dass er in der nächsten Regierung gerne Minister wäre, bestreitet er jedenfalls nicht.

STANDARD: Beim politischen Aschermittwoch der SPÖ hat einer Ihrer Genossen auf der Bühne einen Witz auf Ihre Kosten gemacht. Er ging etwa so: Auf internationale Angelegenheiten hat in Österreichs Politik niemand ein Auge. Außer Georg Dornauer.

Dornauer: (lacht) Bravo!

STANDARD: Gemeint ist: Weil Sie mit einer italienischen Politikerin einer postfaschistischen Rechts-außen-Partei liiert sind. Verstehen Sie Kritik daran?

Dornauer: Ich bin niemandem böse, der diese Liaison kritisiert. Ich wollte sie privat halten, das hat ganz offenkundig nicht funktioniert. Generell finde ich es aufgesetzt, wenn Politiker Fotos veröffentlichen, wie sie mit der Partnerin den Adventkranz anzünden oder Urlaub machen.

STANDARD: Ich kenne von keinem Politiker so viele Urlaubsfotos wie von Ihnen und Ihrer Partnerin.

Dornauer: Aber die wurden nicht von mir lanciert.

STANDARD: Sie lassen sich auch gerne mit ehemaligen FPÖ-Politikern wie Karl-Heinz Grasser oder Walter Meischberger ablichten und sind als Sprücheklopfer bekannt. Ist das bewusste Provokation, um aufzufallen?

Dornauer: Mir wurden schon öfter Fehler unterstellt, die keine waren. Und die angebliche Inszenierung? Das machen doch die Medien selbst. Wo ich aufschlage, ist offensichtlich Interesse da. Was mich stolz macht, ist, dass die Tiroler SPÖ jetzt so viel Gehör findet – auch innerhalb der SPÖ. Meine Koalitionspräferenz haben nun auch Peter Kaiser und Michael Ludwig unterstrichen.

STANDARD: Sie empfehlen Ihrem Parteichef Andreas Babler eine Koalition mit der ÖVP. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sagt hingegen: Die ÖVP gehört nach den zahlreichen Korruptionsvorwürfen in die Opposition verbannt. Warum sind Sie anderer Meinung?

Dornauer: Ich würde die ÖVP als Gesamtheit nie als korrupten Haufen bezeichnen – aus grundsätzlichen Überlegungen und aus Respekt gegenüber meinem Koalitionspartner auf Landesebene. Ich wäre auch beleidigt, wenn ständig gesagt würde: In der SPÖ, die sind ja alle ...

STANDARD: ... Marxisten?

Dornauer: Zum Beispiel! In einer Zeit, in der die Herausforderungen groß sind, die Corona-Zeit nachwirkt, in einer Teuerungswelle, während sich Teile der Gesellschaft radikalisieren – da ist es die Aufgabe von Sozialdemokratie und Volkspartei, gemeinsam ein Programm zu erarbeiten. Das galt in Tirol und gilt in Österreich. Die Zwanziger sind keine ungefährlichen Jahre.

STANDARD: Babler sagt: nicht mit "dieser ÖVP". Ist das also ein Fehler?

Dornauer: Der Bundesparteivorsitzende konzentriert sich derzeit auf die programmatische Parteiarbeit nach innen. Ich hoffe, seine Strategie geht auf.

Georg Dornauer: "Ich sage: Asylverfahren an den Außengrenzen, Asylobergrenze, keine Verzögerung von Abschiebungen."
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STANDARD: Die FPÖ unter Herbert Kickl schließen selbst Sie als Koalitionspartner aus ...

Dornauer: Auf die FPÖ bin ich stinksauer! Da würde ich wirklich keine Koalition forcieren. Kickl ist einer der ganz wenigen Menschen, da interessiert mich nicht einmal ein gemeinsames kleines Bier.

STANDARD: Und warum sind Sie stinksauer?

Dornauer: Wegen der bewusst provozierten Stimmung in der Corona-Zeit. Die FPÖ stachelt unsere Gesellschaft auf. Hinzu kamen Impfpflicht, Migrationsfrust, die Schwäche der Bundesregierung. Die Menschen sind durch all das gehässig geworden und der FPÖ zugelaufen. Die Parlamentsparteien sollten in der Lage sein, der FPÖ argumentativ etwas entgegenzusetzen, dann muss man auch nicht "gegen rechts" auf die Straße gehen.

STANDARD: Ihr Parteichef war auch auf der Demonstration in Wien.

Dornauer: Das habe ich registriert. In Tirol war ich auf keiner Demo.

STANDARD: Wie stehen Sie zu einer Asylobergrenze? Doskozil fordert die Aufnahme von höchstens 10.000 Menschen, Babler lehnt Obergrenzen ab.

Dornauer: Wir wollen illegale Migration stoppen, das ist Beschlusslage der SPÖ. Mit mir kann man sogar diskutieren, ob die Asylobergrenze für die kommenden Jahre nicht null sein sollte in Österreich. Wir müssen die SPÖ in Richtung pragmatische Mitte rücken, hin zu den Lebensrealitäten.

STANDARD: Was sind denn die Lebensrealitäten?

Dornauer: Ein kleines Beispiel: In einem Tiroler Flüchtlingsheim wird regelmäßig Feueralarm ausgelöst. Die Freiwillige Feuerwehr muss jedes Mal anrücken, obwohl die genau wissen, dass es wieder nur eine Pflanzerei ist. So schürt man Unmut in einer Gemeinde, einer Gesellschaft. Und nur eine Partei artikuliert diesen Unmut, empfinden manche Menschen. Ich sage: Asylverfahren an den Außengrenzen, Asylobergrenze, keine Verzögerung von Abschiebungen.

STANDARD: Abschiebungen sind oft nicht durchführbar, weil die Herkunftsländer die Menschen nicht zurücknehmen.

Dornauer: Natürlich ist das nicht einfach! Deshalb habe ich ja einen doppelten Schleim auf die FPÖ, weil die vorgibt, es wäre so einfach.

STANDARD: Halten Sie internationale Abkommen wie die Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention für unantastbar, oder sollte man über eine Reformierung sprechen?

Dornauer: Diese Konventionen sind vom Grundgedanken her wunderschön. Die Intention kann man in Stein meißeln. Wenn aber der Migrationsdruck steigt – auch aufgrund von klimatischen Veränderungen –, wird man verantwortungsvoll beurteilen müssen, was in Österreich noch möglich ist. Aber wenn man als Politiker darüber spricht, löst das leider eine reflexartige Welle der Empörung aus.

STANDARD: Sie wollen die Frage nicht ehrlich beantworten, weil Sie die Auswirkungen fürchten?

Dornauer: Ich glaube, das ist leider der Grund, warum andere diese Frage nicht ehrlich beantworten. Und das ist doch bedenklich in einer vermeintlich toleranten Gesellschaft.

"Eine Sternchendebatte da draußen zu erklären und dann gewählt zu werden, das soll mir einer zeigen, wie das geht", sagt Georg Dornauer.
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STANDARD: Wie sollte die SPÖ in zehn Jahren positioniert sein?

Dornauer: Wir müssen vernünftige Politik für vernünftige Menschen machen. Fortschritt sichern, aber die Menschen dabei mitnehmen. Genau das haben wir in den vergangenen zwei Dekaden partiell verabsäumt und zu viel Abgehobenheit an den Tag gelegt. Da könnte ich jetzt mit der Gendersternchendebatte beginnen ... Und für all das sind in der Partei aktuell sehr laute Stimmen mitverantwortlich.

STANDARD: Sie meinen: Weil jetzt die gendersensible Parteilinke an der Macht ist?

Dornauer: Wichtiger als nach innen recht zu haben, ist, von außen recht zu bekommen. Eine Sternchendebatte da draußen zu erklären und dann gewählt zu werden, das soll mir einer zeigen, wie das geht.

STANDARD: Manche vermuten, es zieht Sie in die Bundespolitik. Wären Sie in der nächsten Regierung denn gerne Minister?

Dornauer: Als ich noch Bürgermeister war, habe ich klar formuliert, dass ich in die Landesregierung möchte. Bis dahin war ich Bürgermeister mit Leib und Seele. So ähnlich geht es mir auch jetzt. (Katharina Mittelstaedt, 24.2.2024)