Drehstart im August zur fünften Folge der
Drehstart im August zur fünften Folge der Altaussee-Krimireihe von Servus TV mit Johannes Silberschneider, Gerhard Ernst, Nina Proll, Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider, Sabine Kapfinger und Regisseur Julian Pölsler (von links nach rechts).
Servus TV

Der österreichische Privatsender Servus TV will weiterhin mit dem Regisseur Julian Pölsler zusammenarbeiten. Gegen den 70-jährigen Regisseur werden in einer TV-Dokumentation schwere Vorwürfe erhoben. Die Rede ist von sexualisierten Übergriffen, aggressiver Stimmung und Angst am Set, Castings in Privatwohnungen und Druckausübung. Für den Film "Gegen das Schweigen" befragten die Dokumentaristinnen Zita Zengerling und Kira Gantner über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren rund 200 Menschen bei Film und Theater. 70 von ihnen legten eidesstattliche Erklärungen ab. Weitere Vorwürfe werden unter anderem gegen den Theaterregisseur Paulus Manker und den deutschen Schauspieler Kida Khodr Ramadan ("4 Blocks") erhoben. DER STANDARD berichtete. Die Dokumentation ist in der ARD-Mediathek zu sehen und am 11. März auf NDR.

Von Übergriffen am Set von "Letzter Kirtag – Der erste Altaussee-Krimi" 2020 unter der Regie Pölslers erzählt etwa die Schauspielerin Lisa-Lena Tritscher. Sie berichtet von lauter, aggressiver Stimmung am Set und einer Zusammenarbeit, die für sie traumatisierende Folgen hatte. Von den Vorwürfen habe man nichts gewusst, sagt Servus TV auf STANDARD-Anfrage. Wie geht der Sender mit den Aussagen in der Doku um? "Respektvoll und sorgfältig gegenüber allen Beteiligten. Konkret halten wir es für problematisch, jemanden ohne rechtlich relevante Fakten, sondern allein aufgrund des subjektiven Urteils der Sendungsgestalter öffentlich an den Pranger zu stellen." Es bleibe ein Verdacht.

Servus TV nehme "seriöse Anschuldigungen und Vorwürfe grundsätzlich sehr ernst. Wir sind aber nicht bereit, die Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern auf Zuruf und ohne essenziellen Gehalt der Vorwürfe zu beenden."

"Extrem hart"

Zu einem Zwischenfall meldete sich unterdessen auch der Schauspieler Cornelius Obonya im ORF zu Wort: "Was ich tatsächlich mitbekommen habe, ist das, was die Frau Tritscher erzählt hat – dass extrem hart mit ihr Regie geführt wurde und sie das als übergriffig empfand", sagt Obonya. "Das kann ich nur bestätigen, ich war da dabei. Und ich kann absolut verstehen, warum sie das so empfunden hat, weil ich in ihrem Alter und noch jünger in einer ähnlichen Situation war." Und er übt Selbstkritik: "Im Nachhinein würde ich sagen: Ja, ich hab mich damals zu wenig gewehrt."

Erwin Steinhauer kennt Pölsler aus den "Polt"-Verfilmungen. Auf orf.at sagte der Schauspieler, er könne sich "vorstellen, dass vieles passiert ist, wo ich nicht dabei war, das weiß ich auch aus Erzählungen". Wenn er am Filmset gewesen sei, sei Pölsler aber "irgendwie schaumgebremst" gewesen, und "wenn er sich im Ton vertan hat oder diktatorisch geworden ist, dann war ich oft der Erste, der sich dagegen gemeldet hat".

Die Schauspielerin Tritscher habe er ermutigt, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Sie habe zuerst große Angst gehabt, "aber ich habe gesagt: 'Das musst du machen! Solange geschwiegen wird, werden die Täter weitermachen!'" Tritscher sei nicht die Einzige mit einschlägigen Erfahrungen. Steinhauer sagt, er habe "mit sehr vielen Kolleginnen und Kollegen gesprochen, denen auch Dinge passiert sind – ich darf keine Namen nennen, weil die Betroffenen nur Abstand davon wollen".

Drehstart für die fünfte Folge "Der letzte Jodler" aus der Altaussee-Krimi-Reihe unter der Regie von Julian Pölsler war im August. Vor der Kamera stehen Johannes Silberschneider, Nina Proll, Gerhard Ernst, Sabine "Zabine" Kapfinger, Aglaia Szyszkowitz, Fanni Schneider, Angelika Niedetzky, Margarethe Tiesel und Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider. (Doris Priesching, 29.2.2024)