Zwei Wale übereinander, in Tuchfühlung.
Zwei männliche Buckelwale bei der Paarung.
Lyle Krannichfeld, Brandi Romano

Buckelwale sind ein Musterbeispiel für gelungenen Naturschutz. Bevor Menschen die Meere befuhren, gab es etwa 100.000 davon. Aufgrund intensiver Bejagung ging der Bestand auf wenige tausend Exemplare zurück. Doch Schutzmaßnahmen führten dazu, dass sich die Bestände erholten. Heute gibt es wieder zigtausend Exemplare.

Das Verhalten von Buckelwalen wird seit Jahrzehnten intensiv beforscht. Die Wale, die mit einem Gewicht von über 30 Tonnen zu den kleineren Bartenwalen gehören, verzücken Touristen bei Whalewatching-Touren mit kühnen Sprüngen. Den Sommer verbringen sie in kalten Gewässern, um zu fressen, bevor sie ihr Winterquartier in Äquatornähe beziehen, wo sie sich paaren. Auch über das Paarungsverhalten ist vieles bekannt, allerdings gelang es bisher nicht, den Geschlechtsakt selbst zu dokumentieren.

Das tut eine neue Studie, die nun im Fachjournal "Marine Mammal Science" erschien. Darin berichten Lyle Krannichfeld und Brandi Romano von einer Begegnung, die sich im Jahr 2022 ereignete. Zwei Buckelwale näherten sich vor der hawaiianischen Insel Maui dem Boot der beiden. Weil die Färbung des ersten Wals ungewöhnlich braun erschien, hielten Romano und Krannichfeld ihre Kameras ins Wasser, um Aufnahmen zu machen.

Diese seltenen Aufnahmen eines Buckelwalpenis entstanden 2015. Normalerweise ist das genital in einer stromlinienförmigen Hülle verborgen.
Pacific Whale Foundation

Geschlecht bestätigt

Gemeinsam mit der Walforscherin Stephanie Stack analysierten sie diese Fotos. Deutlich sichtbar war der Penis eines der beiden Wale. Bei Buckelwalen ist das Genital normalerweise in einer Hautfalte verborgen, es gibt nur wenige Aufnahmen davon. Hier wurde das Organ benutzt, um gerade diese Hautfalte des anderen Wals zu penetrieren. Der Akt selbst dauerte etwa zwei Minuten und wiederholte sich mehrmals. Stack gelang es anhand der Bilder, die Wale eindeutig zu identifizieren und somit zu bestätigen, dass es sich tatsächlich bei beiden um Männchen handelte.

Während gleichgeschlechtlicher Sex bei Tieren keine Seltenheit ist und vorrangig der Konfliktreduktion und dem Stärken von Bindungen dient, ist die beschriebene Situation ungewöhnlich. Die Bilder deuten nämlich darauf hin, dass einer der beiden Wale verletzt oder krank war. In der Studie heißt es, es könnte sich sowohl um eine Verstärkung der sozialen Bindung als auch um eine Machtdemonstration gehandelt haben.

Genau lasse sich die Motivation für das Verhalten anhand der Bilder nicht klären. Weitere Forschungen seien nötig, schreiben die Studienautoren. (Reinhard Kleindl, 1.3.2024)