Drei Wale schwimmen knapp unter der Meeresoberfläche. Dazwischen ist winzig ein Taucher zu sehen.
Ein Freitaucher wagt sich an drei Bartenwale heran.
Karim Iliya

Wale haben sich bekanntlich aus Landsäugetieren entwickelt und tragen zahlreiche anatomische Erinnerungen an ihre Herkunft in sich. Bartenwale etwa, zu denen mit dem Blauwal eines der größten bekannten Säugetiere der Erdgeschichte gehört, verfügen wie wir Menschen über einen Kehlkopf, der sie zur Bildung von Lauten befähigt. Doch dieser Kehlkopf besitzt im Gegensatz zu dem des Menschen keine Stimmbänder. Wie die charakteristischen Gesänge entstehen, war bisher unklar.

Doch nun gelang es einem Team um den Stimmforscher Tecumseh Fitch von der Universität Wien gemeinsam mit Forschenden um Coen Elemans von der Universität Süddänemark, das Rätsel zu lösen. Davon berichtet eine neue Studie, die nun im Fachjournal "Nature" veröffentlicht wurde. Man untersuchte dafür unter anderem drei Kehlköpfe von tot aufgefundenen Walen im Labor. Eines der Tiere war ein achteinhalb Meter langes, fünfeinhalb Tonnen schweres Buckelwalweibchen, das ertrunken war, weil es sich in Fischereiausrüstung verfangen hatte.

Umgewandelte "Stellknorpel"

Eine zentrale Rolle spielen Strukturen, die Arytenoide oder Stellknorpel genannt werden und beim Menschen die Position der Stimmlippen verändern. Bei Walen sehen sie allerdings völlig anders aus. "Die Arytenoide haben sich in große, lange Zylinder verwandelt, die an der Basis miteinander verschmolzen sind und eine große U-förmige, starre Struktur bilden, die sich fast über die gesamte Länge des Kehlkopfes erstreckt", sagt Coen Elemans. Dies diene wahrscheinlich dazu, die Atemwege offen zu halten, wenn bei der intensiven Oberflächenatmung große Mengen an Luft ein- und ausströmen müssen, mutmaßt Fitch. "Wir haben festgestellt, dass diese U-förmige Struktur gegen ein großes Fettpolster im Inneren des Kehlkopfes drückt. Wenn die Wale die Luft aus ihren Lungen an diesem Kissen vorbeidrücken, beginnt es zu vibrieren, und das erzeugt sehr niederfrequente Unterwassergeräusche", sagt Elmans.

Ein großer und ein kleinerer Wal von der Luft aus fotografiert.
Ein Buckelwal mit Kalb nahe dem pazifischen Inselstaat Niue.
AP/Richard Sidey

Computermodell schafft Klarheit

Um zu testen, wie sich Muskelaktivität auf die Tonerzeugung mit dieser Struktur auswirkt, erstellte das Team ein 3D-Modell des Wal-Kehlkopfs, das in der Lage war, dessen Schwingungsverhalten zu modellieren. Damit ließ sich auch die Wassertiefe ermitteln, in der die Wale bevorzugt singen. Es handelt sich genau um jene Tiefen, in denen auch der von Menschen erzeugte Lärm des Schiffsverkehrs dominant ist. Die Kommunikation der Wale wird dadurch behindert.

Die Tonerzeugung unterscheidet sich also von jener bei Zahnwalen. Auch sie nutzen dafür keine Stimmbänder, erzeugen die Töne aber in der Nase. Der Kehlkopf ist bei ihnen allein für das Abdichten der Atemwege zuständig. Bei Bartenwalen muss der Kehlkopf außerdem als Stimmorgan funktionieren, damit die faszinierenden Gesänge entstehen, mit denen die Riesen des Meeres kommunizieren. (rkl, 21.2.2024)