Der Wiental-Kanal unter dem Wienfluss wird bis zur Stadtgrenze im Westen Wiens verlängert. Dann soll auch bei Starkregen nur noch in Einzelfällen Mischwasser in den Fluss geleitet werden.
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Der sogenannte Wiental-Kanal unter dem Wienfluss wird in den kommenden Jahren bis an den Stadtrand im Westen Wiens verlängert. Vom bisherigen Endpunkt beim Ernst-Arnold-Park nahe der U4-Station Pilgramgasse wird der Kanal unter dem Wienfluss bis zum Skatepark Auhof, etwas weiter westlich der Station Hütteldorf, weiter errichtet. Die rund neun Kilometer lange Abwasserröhre soll bis zum Jahr 2027 fertiggestellt und ein Jahr später in Betrieb genommen werden. Am 4. März beginnen die Bauarbeiten beim Gaudenzdorfer Gürtel, berichtete Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Donnerstag. Die Kosten für das nach Eigenangaben bisher größte Projekt von Wien Kanal werden mit rund 270 Millionen Euro angegeben.

Zwischen Ernst-Arnold-Park und Urania existiert der Wiental-Kanal bereits auf einer Länge von 3,5 Kilometern. Mit der Verlängerung bis an den Stadtrand soll die Wasserqualität des Wienflusses verbessert und das Kanalnetz bei Starkregen entlastet werden.

Denn im Einzugsgebiet des Wienflusses wird das Abwasser aus zwölf Bezirken über Kanäle entsorgt. Die Wienfluss-Sammelkanäle links und rechts des Gewässers stoßen nach Angaben der Stadt bei heftigem Regen aber an ihre Grenzen: Sind die Kanäle voll, wird das durch Regen verdünnte Kanalwasser – das sogenannte Mischwasser – über Notauslässe in den Wienfluss geführt. Das entlastet zwar das Kanalnetz und schützt die Bezirke vor Überflutungen, allerdings wird dadurch auch die Wasserqualität im Wienfluss beeinträchtigt.

Bei Dauerregen, wie hier im Mai 2023, erhöht sich auch der Wasserstand des Wienflusses teils massiv.
APA/GEORG HOCHMUTH

Überlauf in neue Abwasserröhre geleitet

Mit der Verlängerung des Wiental-Kanals ändert sich das: Die Auslässe aus den Sammelkanälen werden dann in die neue Abwasserröhre geleitet. Damit wird eine Einleitung in den Wienfluss verhindert. Diese Maßnahme soll die Wasserqualität im Fluss erhöhen.

Insgesamt wird der Kanal entlang des Wienflusses an gleich 43 Stellen an das bestehende Kanalnetz angeschlossen. Die Stadt rechnet jedenfalls aufgrund des Klimawandels mit mehr Starkregenereignissen. Nur bei Extremregen und in Ausnahmefällen soll auch künftig eine Entlastung über den Wienfluss ermöglicht werden. Mit der Inbetriebnahme des neuen Wiental-Kanals wird zusätzlich ermöglicht, die bestehenden, bereits in die Jahre gekommenen Kanäle entlang des Wienflusses zu sanieren.

Um die Auswirkungen der Bauarbeiten gering zu halten, wird hauptsächlich unterirdisch gebaut. Konkret wird die Röhre mit einem Außendurchmesser von knapp vier Metern zunächst gebohrt und dann mit einem Innendurchmesser von drei Metern ausgebaut. Zum Einsatz kommt ab Frühjahr 2025 eine 135 Meter lange Tunnelbohrmaschine, deren Einzelteile vor Ort zusammengebaut werden.

Startschacht beim Gaudenzdorfer Gürtel

Der 15 Meter tiefe Startschacht mit zwei Startröhren wird beim Gaudenzdorfer Gürtel errichtet: Zunächst wird sich der Bohrer nach Angaben der Stadt Richtung Westen bis zum Skatepark Auhof vorarbeiten, das Ziel soll im Sommer 2026 erreicht werden. Dann wird die Maschine abgebaut, zum Gaudenzdorfer Gürtel zurückgebracht und wieder zusammengebaut, ehe die Arbeiten in die andere Richtung bis zum Ernst-Arnold-Park weitergehen. Um mehr über die Baustelle und über die Wiener Kanäle zu erfahren, soll ab Herbst 2024 auch ein zugängliches Infocenter beim Startschacht am Gaudenzdorfer Gürtel eingerichtet werden.

Der Wiental-Kanal wird zunächst Richtung Stadtgrenze im Westen Wiens verlängert.

Die ersten Teile des 3,5 Kilometer langen Wiental-Kanals zwischen Urania und Ernst-Arnold-Park wurden in drei Bauabschnitten zwischen 1997 und 2006 errichtet. Bei der Urania mündet dieser dann in den Rechten Hauptsammelkanal-Entlastungskanal. Nun kommen knapp neun Kilometer Wiental-Kanal dazu: Im neuen Abschnitt können dann nach Angaben der Stadt bis zu 61 Millionen Liter Mischwasser zwischengespeichert werden. In den bestehenden Bereichen des Kanals gibt es bereits ein Speichervolumen von 110 Millionen Litern. Die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinien und des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans würden damit übererfüllt.

Mit dem Wiental-Kanal sei auch der Weg für eine "umfassende Renaturierung des Wienflusses" frei, erneuerten die Wiener Grünen am Donnerstag ihre Forderung. Damit könnte die Kaltluftschneise vom Wienerwald bis in den Ersten Bezirk hinein verstärkt werden. Weil bei Hochwasser nun keine Abwässer mehr in den Wienfluss fließen, soll das Areal als "Natur- und Erholungsraum für Menschen, Pflanzen und Tiere" ausgebaut werden. Die grüne Umweltsprecherin Huem Otero García hält zudem einen zehn Kilometer langen, durchgängigen Fuß- und Radweg entlang des Flusses für realistisch. (David Krutzler, 29.2.2024)