Die Absiedelung des Traumazentrums Wien-Brigittenau soll bereits laufen: Am Montag wurde laut Informationen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) damit begonnen, stationäre Leistungen des ehemaligen Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhauses an andere Standorte zu verlagern. Die Vorgänge fänden "strukturiert" und "in enger Abstimmung" mit dem AUVA-Standort in Meidling und dem Allgemeinen Krankenhaus (AKH) statt, hieß es aus der AUVA-Generaldirektion. Die starke Betonung darauf, dass man geordnet vorgehe, ist offenbar dem Kommunikationschaos der vergangenen Tage geschuldet.

AUVA Traumazentrum Wien Brigittenau ehemaliges Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler UKH 1200 20. Bezirk
Das Traumazentrum Wien-Brigittenau der AUVA, vielen bekannt als UKH Lorenz Böhler (Archivbild), weist massive Brandschutzmängel auf.
APA/EVA MANHART

Am Montag ging es dennoch verwirrend weiter: Die Med-Uni Wien hielt in einer Aussendung fest, "bis dato nicht in die Pläne der AUVA zum Traumazentrum Wien-Brigittenau (vormals Lorenz-Böhler) eingebunden" worden zu sein – obwohl die AUVA darüber informiert hatte, dass ein Teil ihrer Versorgungsleistungen vorübergehend am AKH stattfinden soll. Die Med-Uni ist Dienstgeber des ärztlichen Personals am AKH, die Stadt Wien ist für das weitere Personal dort zuständig. Seitens des AKH hieß es dann am Nachmittag, die Med-Uni sei sehr wohl eingebunden in Gespräche, man verstehe die Aufregung nicht.

Dienstrechtliche Fragen offen

Markus Grimm, Leiter der Abteilung Recht der Med-Uni Wien, sagte der Austria Presse Agentur, man sei erst vor wenigen Tagen informiert worden, dass OPs übernommen werden sollen. Es seien viele Fragen, etwa dienstrechtlicher oder organisatorischer Natur, offen. Für geordnete Abläufe hätte es laut Grimm mehrere Monate Vorlaufzeit gebraucht.

Die Med-Uni sei hier nicht betroffen, versuchte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Rande einer Pressekonferenz zu einem anderen Thema zu beschwichtigen. Es gehe um die Nutzung leerstehender Räumlichkeiten des AKH der Stadt Wien durch Teams des AUVA-Spitals in der Brigittenau.

Hacker hielt weiters fest, dass zwar das Haus in seiner jetzigen Form geschlossen werde, die Institution aber weiterbestehe und es auch keine Einschränkungen in der Versorgung geben werde. "Luft nach oben" sieht Hacker aber bei der Kommunikationsstrategie der AUVA. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sprach in dieser Causa ebenfalls von "suboptimaler Kommunikation, um es vorsichtig zu formulieren".

Schärfere Worte fand der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek. Er kritisierte im Ö1-"Mittagsjournal" das aus Patientensicht "unmögliche" Vorgehen, das für "ganz, ganz große Verunsicherung" gesorgt habe; man müsse Betroffene umfassend informieren.

Ärztekammer fordert runden Tisch

Die Ärztekammer will erst einmal alles auf Eis legen: Sie fordert einen runden Tisch mit AUVA-Führung, Betriebsrat, Stadtpolitik und Ärztlicher Leitung des Standorts in der Brigittenau. Bis dahin solle von etwaigen Schließungs- und Übersiedlungsplänen Abstand genommen werden, verlangt die Standesvertretung.

Mittwochabend vergangener Woche hatte die AUVA per Aussendung erstmals über die angebliche Notwendigkeit einer raschen Absiedelung des stationären und des OP-Betriebs informiert, allerdings blieben viele Fragen offen. Bei dem mehr als 50 Jahre alten Gebäude wurde laut AUVA im Februar 2024 festgestellt, dass der Brandschutz mangelhaft sei. Laut einem Gutachten, auf das sich die AUVA beruft, ist eine Sanierung bei laufendem Betrieb nicht möglich. Es würden aber keine OPs abgesagt, hieß es am Montag aus der AUVA-Generaldirektion – Stadtrat Hacker hatte in den Tagen zuvor aber von Beschwerden dieser Art berichtet.

Bis 11.30 Uhr seien aber keinerlei OPs durchgeführt worden seien, obwohl 17 Eingriffe auf dem Plan standen, sagte der Wiener Fachgruppenvertreter der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Heinz Brenner, am Montag. Brenner hielt fest, dass er zudem von keinem Arztpersonal des Standorts wisse, das bisher informiert worden sei, ab wann es woanders Dienst versehen soll. Brenner ist im Böhler-Spital auch stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und vermutet Sparpläne als verstecktes Motiv für die aktuellen Vorgänge. Am Montag fand eine Betriebsversammlung statt.

Eine Erstuntersuchungsambulanz für selbstständig kommende Patientinnen und Patienten bleibt in der Brigittenau bestehen. Ab 2025 sollen in einer Containerlösung in der Brigittenau interimistisch Versorgungsleistungen erbracht werden. Parallel werde an einem zukünftigen Standort gearbeitet, der bis 2030 in Kooperation mit Stadt und Wirtschaftskammer errichtet werden soll. Ob der neue Standort wieder in der Donaueschingenstraße oder auf einer anderen Fläche im Bezirk stehen soll, wird laut AUVA noch geklärt.

Die FPÖ sieht in dem Chaos rund um die AUVA ein "Versagen in Schwarz-Rot-Grün". (Gudrun Springer, 4.3.2024)