Irgendwie fühlte sich da was komisch an. Vergangene Woche, auf dem Weg zum Supermarkt, wähnte man sich mitsamt E-Lastenrad auf einer welligen Fahrbahn. Doch am Untergrund konnte es nicht liegen, denn der war brettleben. Und auch in der Ladekiste vorm Lenker schien alles okay zu sein – kein Scheppern, kein Wackeln. Dieses sonderbare Wellenbahn-Gefühl war nur im Sattel sitzend wahrnehmbar. Und es trat permanent auf, egal ob auf der Asphaltstraße oder dem Feldweg. Beim Supermarkt angelangt wurde das Radl bei einsetzender Dämmerung einer oberflächlichen Sichtinspektion unterzogen. Alles schien in Ordnung.

Doch auf dem Weg zurück dasselbe eigentümliche Gefühl, auf unsichtbaren kleinen Bremswellen zu fahren. Also zu Hause mit Licht gleich nochmals alles durchgecheckt. Und dann die böse Überraschung: ein in Längsrichtung verlaufender Riss in der hinteren Felge. Der dürfte diesen spürbaren Höhenschlag am Hinterrad verursacht haben.

Eine Fahrradfelge, die in Längsrichtung gerissen ist.
Ein langer Längsriss in der Felge machte die Fahrten holprig.
Steffen Kanduth

Als auf dem BMX sozialisierter Radler war das Staunen enorm. Denn eine eingerissene 20-Zoll-Felge bekommt man nicht alle Tage zu Gesicht. Nach dem Staunen folgte die Resignation, denn eine Felge neu einzuspeichen stellt eine nicht zu unterschätzende Aufgabe dar. In Kombination mit einer Nabenschaltung versprach das eine echte Herausforderung zu werden.

Was bisher geschah

Aufmerksame Tretlager-Leserinnen und -Leser kennen das knallrote Isy (wir verzichten der Lesbarkeit halber auf die markenkonforme Schreibweise i:SY), von dem hier die Rede ist. Das kompakte Longjohn mit Riemenantrieb, 20-Zoll-Bereifung und Bosch-Performance-Line-CX-Motorisierung läuft seit bald vier Jahren im Langzeittest. Das E-Lastenrad wird im Haushalt des Autors ganzjährig gefahren, wo es eines der beiden Autos ersetzt und mittlerweile 9.000 Kilometer auf dem Buckel hat. Die bisherigen Erfahrungen sind in den Artikeln zum Test nachzulesen und sie sind allesamt unter diesem Text verlinkt. Dieser Langzeittest wird vom Autor selbst und privat finanziert. Der Kaufpreis des Rades lag – gebraucht und zum Zeitwert – bei knapp 3.000 Euro. Die Reparatur- und Servicekosten hielten sich bisher in sehr überschaubarem Rahmen: 237,50 Euro.

Zurück zum aktuellen Problem. Nach kurzer Konsultation des kundigen Radlschrauber-Kumpels und Recherche im Netz erschien die Herausforderung schon lösbarer. Eine neue Felge kommt auf 30 bis 40 Euro. Wobei es zu beachten gilt, dass sie auch passt – Stichwort ETRTO-Maß. Denn sonst werden auch gleich neue Speichen nötig. Der besonders versierte Freund riet, aus der Not eine Tugend zu machen und bei der Gelegenheit doch gleich die am Rad verbaute Enviolo-Nabenschaltung gegen ein Modell von Shimano zu tauschen. Denn die Seilzüge der Enviolo sorgten regelmäßig für Probleme in den Plastikführungen im Drehgriff am Lenker. Gute Idee, doch sie macht die Aufgabe nicht leichter, weil dann auch gleich die entsprechende Nabe gefunden werden muss, der Riemenabtrieb draufpassen muss und überhaupt.

Garantiefrage

Etwas pragmatischer der Rat der Liebsten und häufigsten Mitbenutzerin des Cargobikes: Sollte es da nicht noch Garantie geben? Stimmt! Eine 20-Zoll-Felge zu schrotten ist selbst mit einem Lastenrad nicht einfach. Und da gerade erst ein niederländischer Lastenrad-Hersteller wegen Mängeln an seinen Rahmen in der medialen Kritik stand, schien der Versuch einer Nachfrage eine naheliegende Option. Die Branche könnte sensibilisiert sein, und womöglich zeigt man sich ja kulant.

Ein Mann im Winter am Lastenrad
9.000 Kilometer hat das Lastenrad inzwischen schon am Korb.
Steffan Kanduth

Gekauft wurde das Rad 2020, direkt nach dem ersten Test. Bis zum Jahr 2022 firmierte die Marke Isy unter dem Dach des deutschen Großhändlers Hartje. Der Kauf des Lastenrads fiel noch in diese Zeit, daher wurde umgehend mit dem Unternehmen Kontakt aufgenommen, um eine mögliche Garantieleistung für die gebrochene Felge zu besprechen. Binnen eines Tages kam die Antwort und das Hilfsangebot. Das Prozedere, um die Möglichkeit einer Reparatur zu besprechen, laufe wie folgt: Als Kunde sucht man einen Fachhändler auf. Dort wird der Schaden begutachtet, um auszuschließen, dass er aufgrund groben Fehlverhaltens oder mutwillig entstanden ist. Handelt es sich, wie im gegenständlichen Fall, um einen Schaden, der nicht vom Kunden verschuldet wurde, wickeln Fachhändler und Hartje die Reparatur ab. Sprich, die Felge wird ersetzt.

Hartje zeigt sich kulant

Auf direkte Nachfrage heißt es dazu bei Hartje, dass es mit der Marke Isy bisher keine Probleme mit den damals verbauten Felgen gegeben habe. Dass es bei einem Lastenrad, das naturgemäß höheren Belastungen ausgesetzt ist als ein herkömmliches Fahrrad, zu einem solchen Schaden kommen kann, sei aber nie gänzlich auszuschließen. Daher zeige man sich in Sachen Garantie auch kulant und ersetze den Schaden, sofern er nicht auf unsachgemäße Verwendung zurückzuführen sei.

Ein lastenrad mit einem großen Karton, der auf der Lastenschale befestigt ist.
Manchmal muss das Rad auch etwas größere Lasten transportieren.
Steffen Kanduth

Vom technischen Standpunkt her ist noch zu präzisieren: Während Isy noch zu Hartje gehörte, wurden serienmäßig Felgen des französischen Herstellers Mach1 verbaut. Seit der Trennung setzt man bei Isy auf das Modell Andra 40 des Herstellers Ryde.

Neben Hartje selbst wurde zeitgleich Isy per E-Mail kontaktiert. Und auch dort wurde umgehend reagiert. Man erklärte kurz, dass sich die beiden Unternehmen zwar 2022 getrennt haben, daraus aber keine Nachteile für Kunden entstehen: "Alle Isy-Händler sind darüber informiert und stehen mit Hartje bei etwaigen Mängeln und Garantiefällen in engem Kontakt und Austausch. Selbstverständlich steht die Firma Hartje zu ihren Verpflichtungen als Inverkehrbringer auch weiterhin. Du kannst daher völlig unbesorgt sein, dass mit einem Wechsel der Produktion und des Vertriebs keinerlei Beeinträchtigung deiner Rechte verbunden ist, auch wenn du ein Isy-Modell vor Modelljahr 2022 fährst."

Fazit: Binnen 24 Stunden reagierten beide Unternehmen auf die Kundenanfrage per E-Mail. Die Auskünfte erfolgten freundlich und lösungsorientiert. Das Lastenrad wandert nun in die Werkstatt des Vertrauens, mit der sich Hartje direkt in Verbindung setzen wird, um die Reparatur abzuwickeln. So wünscht man es sich – und: von wegen Servicewüste Deutschland. (Steffen Kanduth, 5.3.2024)