Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei einem Gipfel in Brüssel.
Die FDP legt sich nicht nur bei nationalen Themen quer. Auch auf europäischer Ebene fährt Parteivorsitzender Christian Lindner einen konfrontativen Kurs.
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Es ist ein Muster, das bei strittigen EU-Verhandlungen mittlerweile gang und gäbe zu werden scheint: Deutschland enthält sich, weil sich die Dreierkoalition nicht auf eine gemeinsame Position einigen kann. Was auch hierzulande bestens bekannt ist – Stichwort Nationaler Klimaplan –, nimmt im Nachbarland neue Ausmaße an. Der altbekannte Begriff des "German Vote" bekommt durch die späten Blockaden einen neuen Spin. Selbst hochrangigen Verhandlern aus Brüssel stößt die Uneinigkeit der deutschen Ampelkoalition zunehmend sauer auf.

Monate-, teilweise jahrelang wird über umfangreiche Gesetzesvorhaben diskutiert – nur um im letzten Moment noch vom Widerstand der rebellischen FDP bedroht zu werden. So war es beim Lieferkettengesetz, das Menschenrechte und Umwelt entlang der Lieferketten schützen soll. Und so ist es auch bei der Verpackungsverordnung, die den Recyclinganteil erhöhen und schädliche Substanzen minimieren soll. Ersteres war FDP-Chef Christian Lindner zu bürokratisch, das Scheitern des Zweiteren stand ob eines mutmaßlichen Deals mit Italien bis zuletzt im Raum.

Deutsch-italienischer Deal

Der Inhalt: Italien votiert gegen das Lieferkettengesetz, wenn sich Deutschland bei der Verpackungsverordnung enthält. Auch wenn es überraschend zu einer Einigung der EU-Verhandler kam und die mögliche Blockade abgewendet werden konnte: Das Bild bleibt. Den Unmut in Brüssel und selbst bei hiesigen Industrievertretern zieht die FDP damit weiter auf sich.

Damit werden die innerkoalitionären Unstimmigkeiten der deutschen Ampel zu einem immer größeren Hindernis für wichtige EU-Vorhaben. Nicht falsch verstehen, auch die große CDU/SPD-Koalition war sich nicht immer einig. Ein derart unzuverlässiges Deutschland aber ist neu – und wird damit vom deutschen Problem zu einem der EU. Auch wenn der Stolperstein diesmal nur ausgereicht hat, die EU-Verhandlungen ins Wanken zu bringen. (Nicolas Dworak, 4.3.2024)