Weibliche Hände, die eine Spritze in einen Oberarm geben
Mittlerweile empfiehlt das Nationale Impfgremium aufgrund der hohen Grundimmunität in der Bevölkerung nur noch eine Corona-Schutzimpfung.
REUTERS/ERIC GAILLARD

Die meisten Menschen haben hierzulande wahrscheinlich mittlerweile schon ein paar Viruskontakte hinter sich – sei es über Infektionen oder Impfungen. Vielleicht vier oder fünf, manche möglicherweise sechs oder sieben, mehr als das sind es aber wohl nur in Ausnahmefällen.

Denn Sie erinnern sich wahrscheinlich: Ursprünglich sollte man sich drei Impfungen für eine Basisimmunisierung holen, später dann gegebenenfalls noch Booster-Impfungen. Seit vergangenem Jahr wird vom Nationalen Impfgremium nur noch eine Impfung empfohlen, weil man davon ausgehen konnte, dass sich in der Bevölkerung eine gewisse Grundimmunität aufgebaut hatte.

In Deutschland sind die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ähnlich. Ein Mann schien aber dennoch besonders eifrig und übermotiviert gewesen zu sein. Er holte sich nach eigenen Angaben aus persönlichen Gründen 217 Impfdosen, 134 davon sind offiziell bestätigt. Dabei erhielt er acht verschiedene Impfstoffe, darunter auch mRNA-Impfstoffe. Die genauen Gründe für die vielen Impfungen sind nicht klar.

Immunsystem arbeitet normal weiter

Über Medienberichte wurden deutsche Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf den kuriosen Fall aufmerksam. Die Forschenden des Uni-Klinikums Erlangen luden den Betroffenen ein, um zu untersuchen, ob sich dessen Abwehrzellen möglicherweise an die Impfungen gewöhnt hatten und deshalb Coronaviren nicht mehr so effektiv bekämpfen können. Dafür fanden sie aber keine Hinweise.

Das Immunsystem arbeitete weiter völlig normal und konnte sich auch vor anderen Erregern gut schützen. Das konnten die Fachleute aus den Blutproben des Mannes aus verschiedenen Jahren ableiten. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichten die Forscherinnen und Forscher am Dienstag in der Fachzeitschrift "The Lancet Infectious Diseases".

Die zentrale Erkenntnis dabei: Der Mann hatte keine negativen Auswirkungen durch die Impfungen und keine Corona-Infektionen. Ein faszinierender Fall, findet auch Markus Zeitlinger, Klinischer Pharmakologe an der Med-Uni Wien – wenngleich eine Studie mit nur einem Teilnehmer freilich nicht aussagekräftig ist, betont er. Man könne auf Basis eines Einzelfalls keine Rückschlüsse auf die Allgemeinbevölkerung oder Empfehlungen ableiten, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Viel hilft nicht viel

Dennoch zeige auch dieser Fall: "Man kann das Immunsystem boostern, so oft man will, aber man hat dadurch keinen zusätzlichen Benefit mehr", sagt Zeitlinger. Als sich der Mann während der Studie zum 217. Mal impfen ließ, erhöhte sich zwar die Zahl der Antikörper, das sei aber ein ganz normaler Anstieg, wie man ihn auch schon bei den ersten paar Impfungen beobachtet.

Denn verglichen mit der "normalen Population" habe der untersuchte Mann laut Zeitlinger zwar vergleichsweise viele Antikörper gebildet, allerdings fiel selbst nach der 215. Impfung die Antikörperkonzentration wieder so ab, als wäre es die dritte gewesen. "Es ist also auch bei derartig vielen Impfungen kein permanenter Schutz entstanden, aber auch hinsichtlich des Immunschutzes kein Nachteil", sagt der Klinische Pharmakologe. Trotzdem kann er sich nicht vorstellen, dass es gesund ist, sich nahezu jede Woche impfen zu lassen – "Auch wenn ich nicht genau benennen kann, welches Problem dabei für den Körper entstehen könnte. Was ich aber sagen, kann ist: Es ergibt sicherlich keinen Sinn." (Magdalena Pötsch, 6.3.2024)